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15.12.2006

Reinfried Pohl erhält Ehrenbürgerrechte der Stadt Marburg

Aufgrund seiner andauernden Verdienste sei der Ehemalige der Philipps-Universität vielmehr ein ‚Gegenwärtiger’, so der Präsident der Philipps-Universität. Als Mäzen seiner Alma mater habe sich Dr. jur. Dr. h.c. mult. Reinfried Pohl vielfältig verdient gemacht um die Philipps-Universität und damit auch um die Stadt.

Pohl
Reinfried Pohl schreibt sich ins Goldene Buch der Stadt Marburg ein: links Oberbürgermeister Egon Vaupel, rechts Stadtverordnetenvorsteher Heinrich Löwer. - Foto: Walter Matt
Ihre Ehrenbürgerrechte verlieh die Stadt Marburg an Dr. Reinfried Pohl, dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG). Pohl ist damit der zweite noch lebende Ehrenbürger Marburgs neben dem Oberbürgermeister a.D. Dietrich Möller. „Hiermit begründen wir eine ganz neue Tradition, denn erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird keinem Politiker diese Würdigung zuteil, sondern einem Bürger Marburgs, der seinen wirtschaftlichen Erfolg seit Jahren zum Nutzen seiner Wahlheimatstadt einsetzt“, so Oberbürgermeister Egon Vaupel in seiner Laudatio.

Zum Festakt am 15. Dezember 2006 im Rathaus waren unter anderem politische Freunde Pohls wie Altbundeskanzler Helmut Kohl und Bundesfinanzminister a.D. Theo Waigel, berufliche Weggefährten wie Friedrich Bohl (der Bundesminister a.D. ist heute im Vorstand der DVAG), Freunde wie Otto Rehhagel (Trainer der griechischen Nationalfußballmannschaft) und hochrangige Vertreter von Politik und Universität gekommen.

Gemäß dem viel zitierten Sprichwort „Marburg ist eine Universität“ stellte Vaupel die Verdienste Pohls auch und vor allem um die Philipps-Universität heraus. Der Präsident der Universität Marburg, Prof. Dr. Volker Nienhaus, bekräftigte: „Reinfried Pohl ist der am meisten ausgezeichnete Alumnus der Philipps-Universität – aufgrund seiner andauernden Verdienste erlebt die Universität ihn jedoch mehr als ‚Gegenwärtigen’ denn als ‚Ehemaligen’!“ Fünfzig Jahre nach seiner Immatrikulation an der Philipps-Universität ernannte die Universität 1998 Pohl zu ihrem Ehrensenator (eine Auszeichnung, die derzeit nur noch Hilde Eitel und Marie Luise Zarnitz tragen, vgl. Ehrensenatoren der Philipps-Universität ) und 2003 erhielt Pohl die Ehrenpromotion sowohl des Fachbereichs Rechtswissenschaften als auch des Fachbereichs Medizin (vgl. Ehrenpromotionen der Philipps-Universität ). Pohls Verdienste um die Universität seien nicht zuletzt auch Verdienste um die Stadt, so Präsident und Oberbürgermeister unisono.

„Marburg ist und bleibt meine Wahlheimat – für deren Wohl ich mich immer einsetzen werde!“, bedankte sich Pohl. Ehrungen wie diese würden leider naturgemäß den meisten Menschen, so auch ihm, erst im hohen Alter zuteil, da habe man selber nicht mehr so lange Freude daran - und auch nicht mehr so viel Zeit, den damit verbundenen Verpflichtungen nachzukommen, scherzte Pohl. "Da ich diese Auszeichnung aber mindestens zur Hälfte meiner Frau zu verdanken habe, fühlt sich die ganze Familie verpflichtet!" Er erinnere sich noch gut, wie es ihn aus der sowjetischen besetzten Zone nach Marburg "verschlagen" hatte: Im Oktober 1948 war er mit einem der Rosinenbomber aus dem abgeschnittenen Berlin geflohen, nachdem er bereits 1945 mit seiner Mutter aus dem Sudetenland nach Halle geflüchtet war. Als wertvollstes Gut hatte der völlig mittellose 20-Jährige, dessen Vater 1946 in Bautzen ermordet worden war, jeweils ein Empfehlungsschreiben der ostdeutschen liberalen Partei für einen Studienplatz in Gießen bzw. in Marburg. Obwohl er im Auffanglager Gießen untergebracht war, zog es ihn nicht nach Gießen, sondern in das "legendär schöne Marburg" ("Eine so schöne Stadt wie diese müsse man einfach lieben."). Da es nur für eine Fahrkarte nach Marburg-Süd gereicht hatte, folgte noch ein kräftiger Fußmarsch bis zum Marburger Rathaus – das erste Haus, das er in Marburg betreten hatte und in dem er nun nach über 58 Jahren zum Ehrenbürger ernannt wurde. Im November 1948 begann Pohl in Marburg sein Studium der Rechtswissenschaften, 1953 promovierte ihn die Juristische Fakultät der Philipps-Universität. Nach anschließenden Tätigkeiten in leitenden Positionen der Versicherungswirtschaft gründete Pohl 1975 die heutige Deutsche Vermögensberatung AG, die er zu einem der führenden eigenständigen Allfinanzvertriebe mit heute 33.000 Mitarbeitern ausbaute.

Schon während des Studiums in der Hochschulpolitik engagiert, zog Pohl über die FDP-Liste als Stadtverordneter in den Amtsperioden 1956 bis 1960 und 1964 bis 1968 ins Marburger Rathaus. „Die tiefe Verbundenheit zur Wahlheimat speist sich vor allem aber auch aus einer anderen Quelle: Hier lernte ich meine Frau Anneliese kennen, hier wurden unseren beiden Söhne und die bald acht Enkel geboren – und hier ist die ganze Familie tief verwurzelt“, so Pohl. Um sicherzustellen, dass die DVAG auf Dauer ein Familienunternehmen bleiben wird (seine Ehefrau und die beiden Söhne arbeiten ebenfalls in der DVAG), stellte Pohl sein Unternehmen 2003 unter das Dach einer Management-Holding – mit Sitz in Marburg.

„Wer einmal in Pohls Haus oder in seinen Büros Zutritt hatte, der weiß aufgrund der vielen Marburg-Bilder an den Wänden um Pohls Verbundenheit mit seiner zweiten, mit seiner wahren Heimatstadt“, erklärte der Weggefährte Friedrich Bohl. Diese Verbundenheit bezeuge auch Pohls anhaltender Einsatz zum Wohle Marburgs und seiner Bürger, unterstrich Oberbürgermeister Vaupel: sei es nun seine Unterstützung für zahlreiche Marburger Vereine, für die Marburger Wissenschaft oder für die Universität selbst. So ließ Pohl in der Alten Aula die Bestuhlung erneuern und die Orgel restaurieren, unterstützte das Universitätsjubiläum 2003 ebenso großzügig wie die universitäre Öffentlichkeitsarbeit.1997 gründete er die Reinfried Pohl-Stiftung, um durch die Unterstützung explizit der Philipps-Universität deren Forschung und Wissenschaft zu fördern, insbesondere die Rechtswissenschaften und deren "Forschungsstelle für Finanzdienstleistungsrecht".     Hinzu komme die Stiftungsprofessur für kardiovaskuläre Prävention ebenso wie seine geplanten Investitionen in ein „Lehr- und Lernzentrum des Fachbereichs Medizin“, das die Attraktivität des Studienstandortes Marburg erhöhen, Defizite bei Unterrichtsräumen im Lahntal ausgleichen und Treffpunkt für Lehrende und Lernende sein wird.

Von daher habe die Marburger Stadtverordnetenversammlung am 14. Juli 2006 einstimmig den Beschluss gefasst, Pohl mit den Ehrenbürgerrechten der Stadt Marburg auszuzeichnen. Seit 1834 verleiht Marburg Ehrenbürgerrechte, zum Beispiel an den ersten Medizin-Nobelpreisträger Emil von Behring, an der Maler Carl Banzer oder an Ernst von Hülsen. In den letzten 60 Jahren erhielten nur die Politiker Gerhard Jahn (1977) und die Marburger Oberbürgermeister a.D. Georg Gassmann (1972), Hanno Drechsler (1992) und Dietrich Möller (2005) diese Auszeichnung.

Eine weitere große Ehrung wird Pohl am 19. Dezember 2006 erhalten: Ministerpräsident Roland Koch wird ihm das Bundesverdienstkreuz in der Ordensstufe "Großes Verdienstkreuz mit Stern" überreichen. Pohl wird laut Mitteilung der hessischen Staatskanzlei für die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie für seine herausragenden und vielfältigen Leistungen für die Allgemeinheit in den Bereichen Sport, Universität, Altersvorsorge und bei der Schaffung von Arbeitsplätzen ausgezeichnet.