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01.06.2006

Emil von Behring-Preis an zwei deutsche Mikrobiologen

Philipps-Universität ehrt Gerhard Gottschalk und Werner Goebel - Novartis Behring stiftet 25.000 Euro Preisgeld

Ihren bedeutendsten Preis verlieh die Philipps-Universität am 1. Juni an zwei deutsche Mikrobiologen. Mit dem Emil von Behring-Preis, einem der höchst dotierten deutschen Medizinpreise, würdigt die Universität ihren ehemaligen Professor für Hygiene. Der alle zwei Jahre verliehene Preis zeichnet dieses Jahr erstmals zwei Wissenschaftler aus: die Mikrobiologie-Professoren Werner Goebel (Würzburg) und Gerhard Gottschalk (Göttingen). Das Preisgeld von 25.000 Euro stiftet die Nachfolger-Firma der Marburger Behringwerke, der Impfstoffhersteller Novartis Behring.

Behring
Thomas Lingelbach (Novartis Behring), Preisträger Prof. Werner Goebel und Prof. Gerhard Gottschalk sowie Universitätspräsident Prof. Volker Nienhaus
Die beiden Immunbiologen werden damit für ihre überragenden Verdienste um die Mikrobiologie geehrt. Gerhard Gottschalk (Georg-August-Universität Göttingen), Jahrgang 1935, setzt als Begründer (1997) und Leiter des Genom-Sequenzierungszentrums Göttingen die Tradition Emil von Behrings im besten Sinne fort. Seine 1979 verfasste Schrift „Bacterial Metabolism“ gilt noch heute als Standardwerk. Gottschalks Schwerpunkt sind die Physiologie und Biochemie von Clostridien (eine Gattung stäbchenförmiger Bakterien) und anderen strikt anaeroben Mikroorganismen. 2002 gelang es Gottschalk, die Genomsequenz des Krankheitserregers Clostridium tetani zu entschlüsseln. Damit erzielte er vertiefte Einblick in den Stoffwechsel und die Toxinbildung des Wundstarrkrampf-Erregers - Emil von Behring war mit dem ersten Impfstoff gegen die Tetanus-Krankheit ein Jahrhundert zuvor weltberühmt geworden.

Werner Goebel (Julius-Maximilians-Universität Würzburg), Jahrgang 1939, steht Gerhard Gottschalk an internationalem Renommée nicht nach. Wie Gottschalk ist auch Goebel maßgeblicher Initiator des Genom-Netzwerks. Er hat große Verdienste um die Erforschung der Pathogenese wichtiger bakterieller Krankheitserreger, insbesondere der Listeria monocytogenes. In einem internationalen Konsortium gelang ihm die vollständige Sequenzierung des Listerien-Genoms (Listerien sind eine weitere Gattung stäbchenförmiger Bakterien). Durch Goebel und seine deutschen und europäischen Mitstreiter ist hier Europa wissenschaftlich führend. Diese fakultativ intrazellulären Bakterien haben die besondere Fähigkeit, Lebensprozesse ihrer eukaryotischen Wirtszelle zum eigenen Vorteil auszunutzen und umzusteuern. Die „Patho-Biotechnologie“ nutzt heute die Infektionsfähigkeit von L. monocytogenes für Zellen des Immunsystems zur Konzeption neuartiger Lebend-Impfstoffe aus - eine Entwicklung, an der Goebel maßgeblich beteiligt ist. Goebel ist einer der Doyens der bakteriellen Pathogeneseforschung weltweit und hat entscheidenden Anteil am jüngsten Fortschritt der bakteriellen Genomik in Deutschland und Europa, so im BMBF-Kompetenznetz „PathoGenoMik“ und anderen Initiativen.

Beide Preisträger haben mit dem Aufbau von Genom-Kompetenznetzwerken dazu beigetragen, dass die bakterielle Genomforschung – eine zukunftsweisende Technologie – in Deutschland eine führende Position errungen hat.

Im Rahmen einer Feierstunde wurden die beiden Preisträger am 1. Juni 2006 in Marburg geehrt. Universitätspräsident Professor Dr. Volker Nienhaus überreichte die Auszeichnung, die die Philipps-Universität zum Andenken an Behring gestiftet hat: Der erste Nobelpreisträger für Medizin (1901), der das Diphtherie-Serum entdeckte und die Serumtherapie begründete, arbeitete von 1895 bis zu seinem Tode im Jahre 1917 als Professor der Hygiene in Marburg. Für bedeutende wissenschaftliche Leistungen auf seinen Arbeitsgebieten vergibt die Philipps-Universität alle zwei Jahre den Preis, der eine Medaille mit dem Bildnis von Emil von Behring und einen Geldbetrag von derzeit 25.000 Euro umfasst - beides gestiftet vom Marburger Impfstoffhersteller Novartis Behring (vormals Chiron Vaccines). Der Emil von Behring-Preis gehört damit zu den derzeit attraktivsten Medizinpreisen einer deutschen Hochschule.

Thomas Lingelbach, Geschäftsführer von Novartis Behring: „Wir freuen uns, auch nach der Übernahme durch Novartis die gute Zusammenarbeit mit der Universität fortsetzen zu können. Der Emil von Behring-Preis hat für uns dabei einen besonderen Stellenwert: Diese international angesehene Auszeichnung belegt, dass wir als Unternehmen bei aller Innovationsfreude die Tradition unseres Firmengründers wachhalten.“

Novartis Behring in Marburg ist der deutsche Standort des Impfstoffherstellers Novartis Vaccines & Diagnostics. In Deutschland hat der Impfstoffhersteller eine mehr als 100-jährige Tradition, die auf den Firmengründer Emil von Behring zurückgeht. In Deutschland ist Novartis Behring der führende Spezialist im Bereich von Influenza- und FSME-Impfstoffen. Novartis Vaccines & Diagnostics ist der weltweit fünftgrößte Impfstoffhersteller.