Zurück zur Übersicht

03.12.2007

DFG bewilligt über 400.000 Euro für innovatives Forschungsprojekt

Das Gemeinschaftsprojekt „Herrschermemoria und politische Norm in der Frühen Neuzeit“ der Forschungsstelle für Personalschriften und des Seminars für Neuere Geschichte der Philipps-Universität wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit einer Gesamtsumme von über 400.000 Euro gefördert.

„Ich freue mich sehr, dass das von Prof. Dr. Christoph Kampmann und mir konzipierte DFG-Projekt bewilligt worden ist und den Anfang für eine gute Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen bildet“, erklärt Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz, Leiter der Forschungsstelle für Personalschriften. Im Rahmen des Forschungsprojekts sollen politische Normen und Leitbegriffe untersucht werden, die in der Frühen Neuzeit (15.-19. Jahrhundert) formuliert und vermittelt, aber auch gezielt eingesetzt und funktionalisiert wurden. Aufgegriffen wird ein besonders aussagekräftiger Aspekt, der bisher so gut wie keine Beachtung gefunden hat: die Erinnerung an einen verstorbenen Herrscher.

Die Professoren Lenz (li.) und Kampmann (r.) freuen sich über die Bewilligung von DFG-Fördermitteln für ihr gemeinsames Forschungsprojekt.
Die Professoren Lenz (li.) und Kampmann (r.) freuen sich über die Bewilligung von DFG-Fördermitteln für ihr gemeinsames Forschungsprojekt.

Grundlage des in dieser Zielrichtung bisher einmaligen Forschungsprojektes ist die breite Funeralliteratur (Leichenpredigten, Nachrufe, Gedenkreden), die in der Frühen Neuzeit zum Tode eines Herrschers publiziert worden ist. Sie stellte bestimmte Tugenden und Handlungen des verstorbenen Herrschers als vorbildlich dar und trug so dazu bei, dass politische Normen, Konzepte und Leitbegriffe entstanden, vermittelt wurden und sich verfestigten. Oft ging das so weit, dass ein bestimmtes politisches Ideal, ein „Programm“, mit einem Namen schlicht identifiziert wurde. Dies zu entschlüsseln und damit einen wichtigen Teil der damaligen politischen Kommunikation zu erforschen, ist ein Ziel des Projekts. „Salopp formuliert: In der Frühen Neuzeit wurde in einzigartiger Weise mit Geschichte und Erinnerung Politik gemacht, auf sehr subtile und wirkungsvolle Weise, und wir wissen bisher kaum etwas darüber“, so Kampmann.

Ausgangspunkt des Forschungsprojekts sind drei Fallbeispiele aus England, Frankreich und dem römisch-deutschen Reich. Kerstin Weiand beschäftigt sich mit Königin Elisabeth I. und ihrem Nachfolger Jakob I. Gerade Elisabeth I. ist nach ihrem Tod geradezu zu einem Mythos geworden, ohne dass man genau weiß, wie das geschehen ist. Dr. Hartmut Peter stellt einen protestantischen Musterfürsten des 17. Jahrhunderts, Ernst den Frommen, in den Mittelpunkt, der zum Inbegriff des gut wirtschaftenden fürstlichen Landesvaters geworden ist. Dr. Ulrich Niggemann schließlich konzentriert sich auf Ludwig XIV. von Frankreich und Wilhelm III. von England, die zwei fürstlichen Antagonisten des frühen 18. Jahrhunderts. In allen drei Fällen handelt es sich um charakteristische Herrscherpersönlichkeiten, die grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Rückschlüsse zulassen.

Die DFG erkennt mit der Bewilligung der Fördermittel an, dass Marburg ein idealer Standort für ein derartiges Projekt ist. Die Geschichte der politischen Normen und der symbolischen Kommunikation in dieser Epoche gehört zu den Schwerpunkten der Frühneuzeitforschung in Marburg. Die Forschungsstelle für Personalschriften, An-Institut der Philipps-Universität und eine von der Mainzer Akademie der Wissenschaften getragene Einrichtung, besitzt eine national und international wohl einzigartige Expertise in der Auswertung des Funeralschrifttums. Die Projektleiter Lenz und Kampmann fühlen sich durch die Entscheidung der DFG ermutigt, die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Forschungsstelle und der Philipps-Universität weiter auszubauen: „Die Thematik besitzt eindeutig das Potential für weitere, auch interdisziplinäre, Kooperation. Ein erster wichtiger Schritt dazu ist jetzt getan.“

Weitere Informationen:

Ansprechpartner sind die Projektleiter:
Prof. Dr. Christoph Kampmann (Seminar für Neuere Geschichte am Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften)
Telefon: 06421 28-24567
E-Mail: christoph.kampmann@staff.uni-marburg.de

Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz (Forschungsstelle für Personalschriften)
Telefon: 06421 28-23800
E-Mail: lenz@staff.uni-marburg.de