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04.06.2007

Philipps-Universität schließt Kooperationsvertrag mit Deutschem Archäologischem Institut

Die durch den Vertrag institutionalisierte Zusammenarbeit stärkt den Marburger Forschungsverbund Geoarchäologie, der von der weltweit hervorragenden Reputation des Deutschen Archäologischen Instituts profitieren wird. Dadurch werde der profilbildende Schwerpunkt Geoarchäologie an der Universität Marburg weiter gestärkt, so Nienhaus.

Parzinger
Prof. Dr. Hermann Parzinger besiegelt mit Prof. Dr. Volker Nienhaus und Prof. Dr. Helmut Brückner (v.l.) den Kooperationsvertrag.
In den letzten fünfzehn Jahren haben sich die gemeinsamen Forschungsprojekte zwischen der Philipps-Universität Marburg und dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) verstärkt. Das DAI, das direkt dem Auswärtigen Amt zugeordnet ist und 15 Zweigstellen im In- und Ausland hat, ist eines der weltweit größten und bedeutendsten archäologischen Institute.  „Von daher begrüßen wir den nun durch die Kooperationsvereinbarung geschaffenen offiziellen Rahmen, die die internationale Vernetzung der Philipps-Universität noch deutlicher zeigt“, so Universitätspräsident Prof. Dr. Volker Nienhaus. „Vor allem der Forschungsverbund Geoarchäologie wird von der weltweit hervorragenden Reputation des DAI profitieren, sodass der profilbildende Schwerpunkt Geoarchäologie an der Universität Marburg weiter gestärkt wird“, erklärte Nienhaus.

Der Präsident des DAI, Prof. Dr. Hermann Parzinger, betonte, dass es für beide Seiten vorteilhaft sei, gemeinsame Ziele auch offensiv nach außen zu vertreten. Mit dem Vertrag eröffne sich das DAI Zugang insbesondere zur geoarchäologischen Forschung: „Für unsere Archäologen ist es wichtig zu wissen, wie sich die Landschaft geändert hat, wo zum Beispiel vor Tausenden vor Jahren noch Wasserläufe oder Meeresküste war, um ihre eigenen Grabungsfunde besser deuten zu können.“ Mit dem Kooperationspartner Philipps-Universität erhält das DAI Unterstützung auf dem Gebiet der Rekonstruktion früherer Landschaften, die Möglichkeit der Prospektion auch in Gebieten, in denen Grabung unmöglich ist (z.B. bei hohem Grundwasserstand) und nicht zuletzt auch Zugriff auf effektive, kostengünstige und relativ schnelle Methoden zur Untergrunderkundung. „Durch unsere verstärkte Zusammenarbeit werden wir bei vielen Fragestellungen einen umfassenderen Lösungsansatz verfolgen können, zum Beispiel zu Ursache und Chronologie von Siedlungen oder deren Aufgabe“, so Parzinger.

Derzeit laufen bereits zehn gemeinsame Projekte, bei denen beide Seiten von der Zusammenarbeit profitieren. „Durch unsere gemeinsamen Publikationen in international anerkannten Zeitschriften stärken wir unsere internationale Wahrnehmung einerseits und erhöhen unsere Chancen bei der Bewilligung gemeinsamer Forschungsprojekte andererseits“, ergänzt einer der Verantwortlichen im Marburger Forschungsverbund Geoarchäologie, Prof. Dr. Helmut Brückner aus dem Fachbereich Geografie. Brückner freut sich zudem über die konkreten Vorteile. Über den Kooperationsvertrag könnten die Marburger Geoarchäologen die hervorragende Logistik und Infrastruktur des DAI nutzen, das in vielen Ländern (vorwiegend Mittelmeerraum und Orient, z.B. in Athen, Madrid, Damaskus, Sana’a) vertreten ist. Die Teilnutzung der Grabungshäuser (z.B. Milet, Priene) erleichtere wesentlich den Aufenthalt der Marburger Arbeitsgruppe vor Ort, zudem helfe das DAI bei der Beschaffung von Forschungslizenzen (z.B. für Saudi-Arabien) und beim Transport von Geräten und Proben von und nach Deutschland.

Von der Kooperation profitiert die Nachwuchsförderung, insbesondere die Studierenden des Masterstudiengangs Geoarchäologie/Geoarchaeology, dem deutschlandweit ersten Studiengang dieser Art.

Landkarte
Kooperationsprojekte zwischen DAI und Philipps-Universität

Profilbildender Forschungsschwerpunkt Geoarchäologie

Die Geoarchäologie vereint als interdisziplinäre Forschungsrichtung Inhalte und Methoden der modernen Physischen Geographie und Humangeographie mit denen von Geowissenschaften und Biologie sowie Geschichtswissenschaften, Klassischer Archäologie, Vor- und Frühgeschichte und Altorientalistik. Zu den physisch-geographischen gehören u.a. Geomorphologie, Bodenkunde und Geoökologie, zu den kulturgeographischen u.a. Siedlungs-, Stadt- und Agrargeographie, historische Geographie und Landeskunde. Moderne Methoden der Fernerkundung (u.a. Luft- und Satellitenbildinterpretation) fließen ebenso ein wie solche der Geochronologie (Marburg hat das einzige Lumineszenz-Datierungslabor in Hessen).

Ein wesentliches Ziel geoarchäologischen Forschens ist die Visualisierung von Landschaftsszenarien in Raum und Zeit mit Betonung des Mensch-Umwelt-Beziehungsgeflechts. Der Blick in die Vergangenheit ermöglicht es dann auch, begründete Zukunftsszenarien zu entwickeln. Inhalte und Perspektiven geoarchäologischen Forschens sind z.B. Untersuchung der Genese von Kulturlandschaften als Voraussetzung für ein Verständnis heutiger Lebensräume, Veränderung der Umwelt durch den Menschen im Lauf der Geschichte, Ressourcenmanagement zwischen nachhaltiger Nutzung und übermäßigem Verbrauch oder Nutzung der retrospektiv erarbeiteten Ergebnisse für prognostische Szenarien

Über die Geoarchäologie wird der Dialog zwischen verschiedenen Fächern der Philipps-Universität gefördert und  Geographie, Archäologie, Altorientalistik, Geowissenschaften, Geschichts- und Kulturwissenschaften, Ethnologie, Gesellschaftswissenschaften u.a. miteinander verzahnt. Bisher beteiligte Fachbereiche und Fachgebiete an der Philipps-Universität sind: Vor- und Frühgeschichte (Profs. Müller-Karpe, Dobiat), Klassische Archäologie (Profs. Froning; HD Dr. Mattern), Alte Geschichte (Profs. Errington, Drexhage; Dr. Ruffing), Altorientalistik (Prof. Sommerfeld, Dr. Pientka-Hinz) und Geographie (Profs. Bendix, Brückner, Opp; PD Dr. Vött; Dr. Reudenbach). Weitere Vernetzungsmöglichkeiten bestehen zur Informatik und Theologie. Außerdem hat der Forschungsverbund Geoarchäologie inhaltlich viele Bezüge zum Centrum für Nah- und Mittelost-Studien (CNMS) der Philipps-Universität.