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06.07.2007

Promotionspreise 2006 verliehen

Ausgezeichnet wurden der Rechtswissenschaftler Dr. Jan Christof Otto (Sektion Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften), die Religionswissenschaftlerin Dr. Wanda Alberts (Sektion Philosophie und Kulturwissenschaften, der Informatiker Dr. Thomas Friese (Sektion Mathematik und Naturwissenschaften) und die Humanbiologin Dr. Astrid Dempfle (Sektion Biowissenschaften und Medizin).

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Rechtswissenschaftler Jan Christof Otto, Humanbiologin Astrid Dempfle, Vizepräsidentin Prof. Dr. Babette Simon, Religionswissenschaftlerin Wanda Alberts und Informatiker Thomas Friese
Die Philipps-Universität Marburg verlieh am 5. Juli ihre Promotionspreise 2006. „Mit dem Promotionspreis sollen die herausragenden Leistungen des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie der wissenschaftliche Fortschritt, der mit einer solchen Arbeit erreicht wurde, hervorgehoben werden“, erklärte Prof. Dr. Babette Simon, Vizepräsidentin für Nachwuchsförderung und Gleichstellung. Von den insgesamt 436 Promotionen (205 im Fachbereich Medizin), die im Jahr 2006 an der Philipps-Universität abgeschlossen wurden, kamen 49 Prozent von Frauen. Mit dem Promotionspreis, der jährlich an je einen Kandidaten aus jeder der vier Sektionen vergeben wird, wurden gestern ausgezeichnet: der Rechtswissenschaftlers Dr. Jan Christof Otto (Sektion Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften), die Religionswissenschaftlerin Dr. Wanda Alberts (Sektion Philosophie und Kulturwissenschaften, der Informatiker Dr. Thomas Friese (Sektion Mathematik und Naturwissenschaften) und die Humanbiologin Dr. Astrid Dempfle (Sektion Biowissenschaften und Medizin).

Otto promovierte über „Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln und Änderungen der Tarifgeltung“, betreut wurde er von Prof. Dr. Winfried Mummenhoff und Prof. Dr. Georgios Gounalakis aus dem Fachbereich Rechtswissenschaften. In seiner Dissertation erarbeitete Otto das gesamte Problemspektrum der bislang überwiegend zu Gleichstellungsklauseln verkürzten arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf Tarifverträge. Die Arbeit ragt aus den Spitzendissertation des Jahres 2006 noch einmal heraus, weil sie auf einem umfangreichen, unübersichtlichen und von erheblichen gesellschaftlichen Interessengegensätzen belasteten Problemfeld eine wissenschaftliche fundierte und stringente Lösung für eine der dringendsten Fragen des Arbeitsrechts anbietet. Die Arbeit geht über rechtswissenschaftliche Fragestellungen hinaus, indem sie auch wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Problemfelder anspricht. Der 30-jährige Otto, der bereits im Mai 2002 sein erstes juristisches Staatsexamen mit Prädikatsnote „gut“ an der Philipps-Universität ablegte, ist derzeit im Marburger Institut für Arbeitsrecht tätig.

Alberts arbeitete über “Integrative Religious Education in Europe. A Study-of-Religions Approach“ unter Betreuung von Prof. Dr. Michael Pye und Prof. Dr. Elisabeth Rohr aus dem Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie. Die Religionswissenschaftlerin, die derzeit an der Universität Bremen arbeitet, untersuchte Konzepte für integrativen bzw. nicht-konfessionellen Religionsunterricht, in dem alle Schüler einer Klasse gemeinsam über verschiedene Religionen lernen. Auf Grundlage dieser Analyse und Kritik der bestehenden Konzepte entwickelte Alberts, die ihre Dissertation aufgrund des internationalen Charakters in Englisch schrieb, ein eigenes Konzept für integrativen Religionsunterricht in europäischen Ländern. Die 32-Jährige, die an den Universitäten Mainz und Marburg sowie an der University of Wales Evangelische Theologie und Religionswissenschaft studiert hat, legte 2001 die Magisterprüfung mit „sehr gut“ und 2002 die Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien in Englisch und Evangelischer Religion „mit Auszeichnung“ ab. Ihre Dissertation wurde von der Studienstiftung des Deutschen Volkes gefördert.

Friese, der seine Arbeit „Service-Oriented Ad Hoc Grid Computing“ bei Prof. Dr. Bernd Freisleben (Fachbereich Mathematik und Informatik) schrieb, hat bereits 26 Veröffentlichungen vorzuweisen. Derzeit arbeitet der 31-Jährige bei Siemens in München im Bereich Corporate Technology. Sein Informatik-Diplom bestand er 2002 mit „sehr gut“ an der Universität Marburg. Frieses Dissertation ist besonders preiswürdig, weil ihre Ergebnisse von hoher Anwendbarkeit und Relevanz in der Praxis sind: Um rechen- bzw. datenintensive Aufgaben wie Simulationen oder Datenanalysen lösen zu können, gilt es, geografisch verteilte Rechner-Ressourcen mit Hilfe von www-Technologien nutzbar zu machen. Ein solches „Grid“ ist eine Rechner-, Software- und Netzwerkinfrastruktur, die von einer virtuellen Organisation genutzt wird. Friese beschäftigte sich mit der Entwicklung von Softwaresystemen, die den spontanen Aufbau, die flexible Nutzung und einfache Administration eines so genannten service-orientierten Grids, also eines auf Basis von Webtechnologie, gestatten. Dabei hat Friese kreative Lösungsansätze, eine prototypische Implementierung seiner Konzepte und realisierte Anwendungsbeispiele vorgelegt, die hervorragend sind.

Dempfle, die derzeit am Marburger Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie arbeitet und an bereits 32 Veröffentlichungen beteiligt war, verbindet in ihrer Arbeit eine innovative Methodenentwicklung mit der erfolgreichen Anwendung in einem medizinisch hochaktuellen Gebiet. Ihr gelang ein bahnbrechender methodischer Beitrag für die Lokalisierung und Identifizierung von Genen und genetischen Varianten, die an der Entstehung komplexer Erkrankungen beteiligt sind, bei denen genetische Faktoren ebenso wie Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Für die genomweite Suche nach prädisponierenden Genen anhand vom polymorphen DNA-Markern benötigt man bei komplexen Erkrankungen sehr große Stichproben von Kernfamilien. Da die benötigten Fallzahlen in einzelnen Studien kaum verfügbar sind, werden Meta-Analysen von Studien immer wichtiger für die genetisch-epidemiologische Forschung zu. In ihrer Dissertation „Evaluation of methods for meta-analysis of genetic linkage studies for complex diseases and application to genome scans for asthma and adult height“ entwickelte Dempfle neue statistische Methoden. Betreut wurde ihre Arbeit von Prof. Dr. Helmut Schäfer und Prof. Dr. Karl-Heinz Grzeschik aus dem Fachbereich Medizin. Die 32-Jährige hatte schon 2002 ein Mathematikstudium mit „sehr gutem“ Diplom abgeschlossen, bevor sie Humanbiologie in Marburg studierte.

Die Promotionspreise umfassen jeweils Urkunden, ein Preisgeld von 1.000 Euro und einen Füllfederhalter. Sie werden seit 25 Jahren von der Philipps-Universität vergeben.