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08.12.2008

Die Aktualität der Völkermord-Konvention

Internationale Konferenz tagte in Marburg und Frankfurt am Main

Die Konferenz anlässlich des 60. Jahrestags der Verabschiedung der UN-Völkermord-Konvention ist am vergangenen Samstag mit einem Schlusswort des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke, zu Ende gegangen. Etwa 200 Wissenschaftler und Rechtspraktiker aus aller Welt hatten auf Einladung des Marburger Forschungs- und Dokumentationszentrums für Kriegsverbrecherprozesse (ICWC) drei Tage lang juristische, historische und politische Fragen zur Verfolgung von Kriegs- und Menschheitsverbrechen diskutiert.

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Whitney Harris, Ankläger beim Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozess, berichtete in Marburg über seine Erfahrungen. (Fotos: Wolfgang Form/ICWC)
Die Tagung in Marburg und Frankfurt am Main führte vom 4. bis 6. Dezember 2008 nicht nur Wissenschaftler verschiedener Disziplinen und Rechtspraktiker zusammen, sondern präsentierte auch Zeitzeugen, die an wichtigen Gerichtsverfahren gegen Nazi-Verbrecher teilgenommen hatten. So berichtete Whitney Harris in einem eindrucksvollen Vortrag vom Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozess, an dem der heute 96-jährige als US-amerikanischer Ankläger mitgewirkt hatte.

Die Inhalte des Kongresses „treffen genau das Thema des Forschungs- und Dokumentationszentrums für Kriegsverbrecherprozesse“, sagte dessen Leiter, Professor Dr. Christoph Safferling. An der interdisziplinären Einrichtung der Philipps-Universität beschäftigen sich Rechtswissenschaftler, Historiker und Sozialwissenschaftler insbesondere mit Kriegsverbrecherprozessen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg, deren Bedeutung bis ins internationale Strafrecht der Gegenwart hineinreicht.

Die Tagung anlässlich des Jahrestages der Genozid-Konvention fand in der Aula der Marburger Alten Universität und im Haus Gallus in Frankfurt am Main statt, wo 1963 bis `65 der erste Auschwitz-Prozess durchgeführt wurde. Renommierte Referenten aus aller Welt behandelten in ihren Beiträgen neben den historischen Gerichtsverfahren gegen nationalsozialistische Täter auch die Arbeit der aktuellen Tribunale zum Völkermord in Ruanda, zum Regime der Roten Khmer in Kambodscha sowie zu den Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien.

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Gabriel Bach referierte über das Verfahren gegen Adolf Eichmann, an dem er als Staatsanwalt teilgenommen hat.
Der frühere israelische Staatsanwalt Gabriel Bach blickte bei dem Treffen auf seine Zeit als Ankläger im Prozess gegen Adolf Eichmann zurück, den Organisator des Genozids an den europäischen Juden. Bach betonte in seinem ausführlichen Vortrag, dass Eichmann nicht als Befehlsempfänger gehandelt habe, als der dieser selbst sich gerne darstellte. Die Bedeutung des Eichmann-Prozesses liegt dem 81-jährigen zufolge unter anderem in der großen Medienresonanz – „das Thema des Holocaust kam über das Fernsehen in alle Wohnzimmer“, so Bach, es habe in der Folge eine „Kettenreaktion an Prozessen“ gegeben.

Dr. Heinz Düx, Untersuchungsrichter im Frankfurter Auschwitz-Prozess, berichtete über die Hindernisse, denen er sich bei seinen Ermittlungen gegen nationalsozialistische Täter gegenübersah. Angesichts der Störversuche durch wieder erwachte reaktionäre Kräfte in der deutschen Gesellschaft sei der Auschwitz-Prozess als ein Durchbruch zu bewerten, der die „Zeit der Beschönigungen“ beendet habe.

Die Völkermordkonvention, verabschiedet am 9. Dezember 1948, geht auf eine Initiative des polnischen Juristen Raphael Lemkin (1900-1959) zurück, dessen Familie zu den Opfern des Holocaust zählt. Im Zentrum der Übereinkunft steht die Strafbarkeit von Handlungen, die in der Absicht begangen worden sind, eine national, ethnisch, rassisch oder religiös bestimmte Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten. Die Konvention sieht außerdem die Einrichtung eines internationalen Gerichtshofs zur Verfolgung derartiger Taten vor. Zu einer ersten Verurteilung wegen Völkermordes kam es erst 50 Jahre nach Verabschiedung der Übereinkunft, nämlich im September 1998 vor dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (Fall Akayesu). Bis heute ist die Anwendung des Straftatbestandes jedoch umstritten.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Professor Dr. Christoph Safferling,
Geschäftsführender Direktor des ICWC
Tel.: 06421 28-23120
E-Mail: christoph.safferling@staff.uni-marburg.de

ICWC im Internet: www.icwc.de