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29.02.2008

Mehr oder weniger korrupte Staatsanwälte?

Wissenschaftler belegen geringere Korruption bei faktischer Unabhängigkeit von Staatsanwälten

Staatsanwälte und ihre Kompetenzen sind dieser Tage in aller Munde. Die Juristin Anne van Aaken (Universität St. Gallen) und die beiden Ökonomen Lars Feld (Universität Heidelberg) sowie Stefan Voigt (Universität Marburg) fragen in einer jetzt veröffentlichten Studie, ob die Unabhängigkeit von Staatsanwälten mit niedrigeren Korruptionsniveaus korreliert ist. Die grund­legende Idee ihrer Studie ist ganz einfach: „Wenn Politiker einen Einfluss darauf haben, welche Straftaten verfolgt werden und welche nicht, dann können Politiker auch dafür sorgen, dass die von ihnen selbst begangenen Straftaten nicht verfolgt werden“, erklärt Prof. Dr. Stefan Voigt. Wenn Straftaten aber nicht verfolgt werden, dann „lohnen“ sie sich mehr – und Ökonomen gehen dann davon aus, dass mehr solcher Taten begangen werden.

Um ihre Hypothese zu überprüfen, haben die Wissenschaftler zwei Indika­toren entwickelt, um sowohl die formale als auch die faktische Unabhängig­keit von Staatsanwälten über Ländergrenzen hinweg vergleichbar zu machen. Dabei haben sie insgesamt fast 30 verschiedene Aspekte von Unabhängigkeit berücksichtigt. Das Ergebnis bestätigt die Vermutungen der Forscher: Unter den 73 berücksichtigten Länder haben diejenigen Länder mit einer hohen faktischen Unabhängigkeit ihrer Staatsanwaltschaften auch geringere Korruptionsniveaus.

Interessanterweise gilt für die formale Unabhängigkeit der Staatsanwalt­schaft genau der umgekehrte Zusammenhang: je höher die formale Unab­hängigkeit, desto höher die Korruptionsniveaus! Van Aaken, Feld und Voigt vermuten, dass dieses Ergebnis von den Ländern verursacht wird, die in den letzten Jahren ihre Gesetze formal modernisiert haben, in denen es aber nicht zu einer faktischen Umsetzung dieser Gesetze gekommen ist. Beim de facto -Indikator belegt die Schweiz Platz 17 und die Bundesrepublik Platz 28 unter den 73 berücksichtigten Ländern.

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