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14.08.2009

Land Hessen fördert vier weitere Marburger Forschungsvorhaben

Die Philipps-Universität erhält zwei Millionen Euro zusätzliche Mittel, um vier interdisziplinäre Forschungsvorhaben in den Schwerpunktfeldern „Neurowissenschaften“, „Kognition und Sprachforschung“, „Mikroorganismen und Infektionsbiologie“ sowie „Sicherheitsforschung“ stark vorantreiben.

Mit erheblicher finanzieller Unterstützung des Landes Hessen wird die Philipps-Universität Marburg in den nächsten Jahren vier interdisziplinäre Forschungsvorhaben in den Schwerpunktfeldern „Neurowissenschaften“, „Kognition und Sprachforschung“, „Mikroorganismen und Infektionsbiologie“ sowie „Sicherheitsforschung“ stark vorantreiben. Das Land fördert diese Forschungsvorhaben 2009 und 2010 mit einer Anschubfinanzierung von insgesamt zwei Millionen Euro. Bei der Förderung handelt sich dabei um einmalige Sondermittel, die unter dem Dach des Forschungsförderungsprogramms LOEWE fließen.

„Diese Fördermittel sollen die wissenschaftliche Kompetenz der Hochschule weiter stärken und somit dazu beitragen, die Universität Marburg in Exzellenzwettbewerben aussichtsreich zu positionieren. Dazu bietet die Anschubfinanzierung für die vier sehr unterschiedlichen Forschungsvorhaben ausgezeichnete Voraussetzungen“, sagte Staatsministerin Eva Kühne-Hörmann. D ie geförderten Projekte lassen nach Ansicht des Präsidenten der Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Volker Nienhaus, zugleich Breite und Fokussierung von Forschungskompetenzen der Philipps-Universität erkennen – sowohl in einzelnen Disziplinen als auch in Grenzgebieten von Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sowie Naturwissenschaften und Medizin. „Wir sind der Landesregierung dankbar, dass sie durch ihre finanzielle Unterstützung dazu beiträgt, die Position Marburgs im Wettbewerb der Spitzenforschung weiter zu stärken.“

Die Schwerpunkte der vier Forschungsvorhaben liegen konkret in den Bereichen „Cultural Neuroscience“, „Konstanz und Wandel in der Sprache“, der „Pathogenitätsänderung von Viren bei Wirtswechsel und Persistenz“ sowie Fragen zum „Sicherheitsbegriff und Sicherheitsverständnis“.

Hauptziel des Schwerpunkts „Cultural Neuroscience“ ist es, anlage- und umweltabhängige Gehirnaktivierungen während zwischenmenschlicher Kommunikation und ihre Störungen, insbesondere Konflikte, mit der Methode der Magnetresonanz-therapie (MRT) sowie mögliche Veränderung durch Schulungen oder Psychotherapie zu erforschen. Für die Sprecher dieses Projektes, Professor Dr. Tilo Kircher, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, und Professor Dr. Ulrich Wagner, Direktor des Zentrums für Konfliktforschung, wird es zu einer neuartigen Zusammenarbeit von Geistes- und Gesellschafts-wissenschaften mit dem Fachbereich Medizin führen. Damit wird ein wissenschaftliches Alleinstellungsmerkmal in Marburg geschaffen.

In dem Forschungsvorhaben „Konstanz und Wandel in der Sprache“ beschäftigen sich die Marburger Sprachwissenschaftler unter der Leitung der Professoren Dr. Jürgen Erich Schmidt und Dr. Richard Wiese mit der Frage, wie und warum sich Sprachen und Dialekte verändern. Dabei bilden die bisherigen Arbeiten zur Sprachvariation, -geschichte und sprachlichen Kognition zusammen mit den weltweit einmaligen Materialien zu den Dialekten des Deutschen im Marburger Sprachatlas die Basis für neue theoretische und empirische Untersuchungen. Die fundamentalen Beobachtungen, dass sich Sprachen verändern und trotzdem gleich bleiben, bilden die Grundlage für eine umfassende Untersuchung ihrer Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

Der Umgang mit Viruserkrankungen ist auch heute noch vielfach ein ungelöstes Problem der Menschheit. Das geförderte Projekt „Pathogenitätsänderung von Viren“ (Sprecher: Professor Dr. Stephan Becker) soll klären, welche molekularen Mechanismen zur Steigerung der Krankheitserreger führen. Chronische Infektionen durch HIV, Hepatitis B- und Hepatitis C-Viren gehören zu den häufigsten Todesursachen, besonders in Schwellen- und Entwicklungsländern. Daneben häufen sich weltweit Ausbrüche akuter, oft tödlich verlaufender viraler Infektionen, die das Potenzial besitzen, die öffentliche Gesundheit regional und auch weltweit tiefgreifend zu gefährden. Dabei handelt es sich um Viren, die sich im natürlichen Wirt, einem Tier, symptomlos vermehren, beim Menschen jedoch schwere Erkrankungen auslösen. Da es sich bei dem Projekt um Fragestellungen handelt, die sowohl virologische als auch immunologische Expertise erfordern, sind Arbeitsgruppen aus beiden Disziplinen beteiligt. Es wird erwartet, dass das Verständnis der krankheitsauslösenden Ursachen der Viruserkrankungen neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnet.

Das Thema „Sicherheit“ ist eine zentrale Zielvorstellung der aktuellen außenpolitischen Debatten in Wissenschaft und Politik. Unter der Leitung der Neuzeithistoriker Prof. Dr. Christoph Kampmann und Prof. Dr. Eckart Conze soll ein Forschungsverbund aufgebaut werden, in dem Sicherheit und Sicherheitspolitik einer vergleichenden historischen Analyse unterzogen werden. Denn Sicherheitspolitik war stets – unabhängig von der konkreten historischen Konstellation – Ausdruck einer komplexen Risikoabwägung: Sie war auf die Bewahrung des Friedens gerichtet, schloss aber die Androhung, zuweilen auch Anwendung von militärischer Gewalt ein. Eine vergleichende historische Analyse erlaubt wichtige Aufschlüsse über die unterschiedlichen Wege der Sicherheitspolitik zwischen Frieden und Gewalt und ihren jeweiligen Erfolg bzw. Misserfolg.