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27.08.2009

Der Heilige Gral der Physikalischen Chemie

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Laserexperimente

Mit einem neuen Forschungsprojekt gehen Marburger Wissenschaftler um Professor Dr. Karl-Michael Weitzel an die Grenze von Chemie und Physik. Mithilfe eines neuen Lasers wollen sie die Elektronen in chemischen Verbindungen gezielt beeinflussen, so dass die Bindung bricht und das Molekül in vorhersagbarer Weise zerfällt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) lässt sich die Experimente der Physikochemiker in den nächsten beiden Jahren 300.000 Euro kosten.

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Projektleiter Professor Karl-Michael Weitzel (Mitte) diskutiert die geplanten Experimente mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern Nora Schirmel und Dr. Gunter Urbasch. (Foto: AG Weitzel)
Die Besonderheit des neuen Lasers liegt darin, dass man mit ihm einen bestimmten Parameter der erzeugten Lichtpulse genau kontrollieren kann, die so genannte „Carrier Envelope-Phase“ (CE-Phase). Stellt man sich den Träger einer Pulsfolge als Lichtwelle vor, so gibt die CE-Phase an, ob die maximale Pulsintensität mit einem Wellenberg zusammenfällt oder nicht. Bei herkömmlichen Lasern variiert die CE-Phase von Puls zu Puls. Der moderne Speziallaser, den Weitzel mit dem Geld der DFG anschafft, erlaubt es dagegen, die CE-Phase auf einen konstanten Wert einzustellen.

„Es gibt weltweit bisher nur wenige Arbeitsgruppen, die über ein solches Gerät verfügen“, hebt Weitzel hervor. Das erzeugte Laserlicht soll in dem neuen Projekt auf chemische Verbindungen angewendet werden, die durch das Einwirken der Lichtpulse zerfallen. Aufgrund theoretischer Vorarbeiten erwartet der Physikochemiker, dass je nach gewählter Phase unterschiedliche Produkte entstehen. Das bewilligte Großgerät gibt ihm nun die Gelegenheit, seine Versuche auch praktisch durchzuführen.

Die Experimente versprechen „neue Einsichten in die Kopplung von Elektronendynamik und Kerndynamik“, formuliert der Versuchsleiter. Damit rührt er an die Grundfesten der eigenen Disziplin, denn eine von deren fundamentalen mathematischen Konzepten setzt voraus, dass diese Kopplung vernachlässigbar ist: Die Born-Oppenheimer-Näherung behandelt Elektronen und Kerne so, als würden sie sich unabhängig voneinander bewegen. „Die Born-Oppenheimer-Näherung ist der Heilige Gral der Physikalischen Chemie“, erläutert Weitzel, „aber man kann ihre Bedeutung nur würdigen, wenn man weiß, wann sie gilt und wann nicht.“

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Professor Dr. Karl-Michael Weitzel,
Fachgebiet Physikalische Chemie
Tel.: 06421 28-22360, 06421 28-22361
E-Mail: weitzel@chemie.uni-marburg.de
Internet: www.uni-marburg.de/fb15/ag-weitzel/NEWS/2009-08-18