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23.07.2010

Philipps-Universität erhält einzige Büste Ortega y Gassets

Elfriede Hartmann-Helmholz porträtierte den berühmten Marburger Philosophiestudenten aus Madrid

Büste Ortega y Gassets
Ministerialdirektor a. D. Rainer Wilmerstadt (li.) übergibt die Büste Ortega y Gassets Prof. Dr. Gilbert Gornig, Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Philipps-Universität (Philipps-Universität Marburg / Marcelo Villagrán Abarzúa).


„Neunundzwanzig Künstler haben sich bemüht, von mir ein Portrait machen zu dürfen. Und dieser da, der dreißigsten, ist es gelungen!“ Diese Feststellung traf der große spanische Denker José Ortega y Gasset (1883-1955), und gemeint war mit der dreißigsten die deutsche Bildhauerin Elfriede Hartmann-Helmholz (Künstlername: Christiane Helmholz-Hartmann), die einstmals Schülerin von Prof. Arnold Rickert an der Werkkunstschule Bielefeld war. Als sie vor Kurzem in Schleiden in der Nähe von Euskirchen verstarb, übereignete der Erbe Ministerialdirektor a. D. Rainer Wilmerstadt die Büste dem Dekan des Marburger Fachbereichs Rechtswissenschaften. Begründet ist Ortega y Gassets Weigerung, Modell zu sitzen mit seiner Auffassung, dass in der modernen Kunst die Tendenz herrsche, das rein Gegenständliche abzulehnen. Der heutige Künstler dürfe kein Portrait gestalten, dem das Antlitz eines bestimmten Menschen als Vorlage diene. Erst das Argument der Bildhauerin, dass es ihre Absicht sei, das Wesentliche eines Gesichtes nicht zu deformieren, wohl aber in der Vereinfachung zu konzentrieren, überzeugte Ortega damals.

Ortega y Gasset besuchte die Jesuitenschule San Estanislao de Miraflores in Málaga und studierte 1897 bis 1898 an der Universidad de Deusto in Bilbao und anschließend an der Universität Madrid Philosophie, wo er 1904 auch promovierte. Der spätere Professor für Metaphysik an der Universität Madrid hielt sich zwischen 1905 und 1911 mehrmals zu Studienzwecken in Marburg auf. „In dieser Stadt habe ich das Äquinoktium meiner Jugend verbracht; ich danke ihr die Hälfte meiner Hoffnungen und fast meine ganze geistige Zucht,“ resümierte der bedeutendste spanische Intellektuelle seiner Zeit. An der Philipps-Universität  wurde er vom Neukantianismus Hermann Cohens und Paul Natorps geprägt. Auch sein Sohn Germán Miguel wurde an der Lahn geboren.

Dem Philosophen und Soziologen José Ortega y Gasset wurde unter dem Rektorat des ordentlichen Professors der Anatomie Dr. med. Alfred Benninghoff von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Philipps-Universität Marburg die Ehrendoktorwürde verliehen. Sie ist gewidmet „dem Freunde der Universität Marburg, der durch seine kulturphilosophischen Werke die Situation unserer Zeit erhellt und insbesondere durch die geistige Durchdringung der Probleme der Vermassung und Mechanisierung zum Aufbau einer neuen Gesellschaftsordnung, Wesentliches beigetragen hat.“ Die Urkunde wurde am 28. Juni 1952 in Marburg ausgefertigt.

Ortega y Gasset hat seine einzige Portraitbüste, die in Ton modelliert und dann in Bronze gegossen wurde, vor seinem Tode nicht mehr gesehen. Auch die Tonfassung der Büste liegt dem Fachbereich Rechtswissenschaften vor, so dass die Büste auch vervielfältigt werden könnte. Die Büste ist zurzeit zusammen mit dem Gipsabdruck im Juristischen Seminar im Savignyhaus, Universitätsstraße 6, zu den üblichen Öffnungszeiten zu besichtigen.

Kontakt

Professor Dr. Dr. h. c. mult. Gilbert Gornig
Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaften
Tel.: +49-(0)6421/28-23127
E-Mail