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17.06.2011

Der Einzelkämpfer

Ermittler gegen NS-Verbrechen kam zu Filmvorführung nach Marburg

Der Einzelkämpfer
Dr. Heinz Düx im Gespräch mit den Professoren Dr. Christoph Safferling und Dr. Eckart Conze (Foto: privat)

Ein scharfer Kritiker der bürgerlichen Klasse, der seinerseits einen bürgerlichen Habitus pflegt: So trat der ehemalige Untersuchungsrichter im Frankfurter Auschwitzprozess, Dr. Heinz Düx, am 14. Juni 2011 dem Auditorium entgegen, das zur Vorführung des Dokumentarfilms „Der Einzelkämpfer“ gekommen war. Rund 130 Besucher hatten Gelegenheit, Wilhelm Rösings Film, der den Lebensweg des streitbaren Juristen nachzeichnet, im ausverkauften Marburger Filmkunsttheater „Palette“ zu sehen. Der Abend wurde moderiert von den Direktoren des Marburger Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse (ICWC), dem Historiker Professor Dr. Eckart Conze und dem Juristen Professor Dr. Christoph Safferling. Heinz Düx habe durch seine unbeirrbare und unbeugsame Haltung maßgeblich zu einer Aufarbeitung der deutschen NS-Vergangenheit beigetragen, hob Eckart Conze hervor.

Als Düx im Jahr 1961 als Untersuchungsrichter den Frankfurter Auschwitzprozess vorbereitete, stieß er auf Widerstände sowohl innerhalb der deutschen Justiz als auch in der Politik. Mehr als eine Million Menschen waren in Auschwitz ermordet worden. Doch sechzehn Jahre nach Kriegsende hatten sich die KZ-Aufseher noch vor keinem deutschen Gericht verantworten müssen. Mit einer akribischen Befragung von Zeugen und Beschuldigten bereitete Düx als Ermittlungsrichter den Prozess vor, der 1963 erstmals in der deutschen Nachkriegszeit das ganze Ausmaß der NS-Verbrechen ins öffentliche Bewusstsein brachte. Nach Abschluss des Frankfurter Auschwitzprozesses war Düx als Ermittlungsrichter in verschiedenen Euthanasieprozessen tätig und saß schließlich dem Wiedergutmachungssenat am Oberlandesgericht Frankfurt vor.

Der 1924 in Marburg geborene Düx hatte die Auswüchse des Nazi-Regimes bereits als 10-jähriger erfahren. Im Film berichtet er eine Begebenheit aus dem Jahr 1934: Ein Jude war mit einem Schild „Ich habe ein deutsches Mädchen geschändet“ durch die Deutschhausstraße getrieben worden. Dieses Erlebnis habe ihn dauerhaft geprägt. Er sei sich sicher, dass es beileibe keine Minderheit gewesen sei, die sich mit dem Nazismus identifizierte. Seine eigenen Erfahrungen und das Studium der Akten hätten ihn gelehrt, dass jeder aktive NS-Verbrecher leicht durch einen anderen zu ersetzen gewesen sei.

Bei seiner richterlichen Arbeit sei es ihm vor allem darum gegangen, den Verfolgten des NS-Regimes zu ihrem Recht zu verhelfen, erklärte Düx sein Engagement in Entschädigungsverfahren. Allerdings habe auch dies oftmals nur ein Almosen für die Opfer bedeutet. Doch seine unbeugsame Haltung zeige auch heute noch Wirkung, betonte Christoph Safferling: "Mit seinem unermüdlichen Einsatz für die Verfolgung von NS-Tätern und Wiedergutmachung für die Opfer ist Richter Düx für jeden jungen Juristen ein wertvolles Vorbild".