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11.06.2013

Klang-Brücke zwischen Ost und West

Japanisches Gagaku-Ensemble gastierte im Marburger Landgrafenschloss

Gagaku 1
Musiker des Tenri-Kawaramachi-Ensembles im Landgrafenschloss (Foto: Chris Triplett)

„Klangbrücke zwischen Ost und West“ – unter diesem Motto stand ein Konzert des japanischen Tenri-Kawaramachi-Ensembles, das auf Einladung der Religionskundlichen Sammlung der Philipps-Universität am 8. Juni 2013 im Fürstensaal des Marburger Landgrafenschlosses gastierte. Die Künstler aus Kyoto präsentierten klassische westliche Musikstücke sowie Gagaku-Stücke – wie sie im 18. Jahrhundert in Köln und Kyoto aufgeführt wurden.

Gagaku, oder – so die Übersetzung – „elegante  Musik“, bezeichnet eine zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert am japanischen Kaiserhof entstandene Kunstform, die Instrumental- und Vokalmusik mit Tanz verbindet. Vielleicht auch wegen ihres stark rituellen Charakters erfuhr sie über die Jahrhunderte nur geringfügige Veränderungen und wird auch heute noch in ihrer ursprünglichen Form am japanischen Kaiserhof, in Tempeln und Schreinen aufgeführt.

Die Besucher im Fürstensaal erlebten an diesem Abend tatsächlich eine faszinierende Klangbrücke zwischen den Kulturen, die ihre Spannung aus den Gegensätzlichkeiten der beiden Kunstformen bezog: Während die Bläserstücke der Komponisten Carl Stamitz und Joseph Aloys Schmittbauer, der europäischen Musiktradititon folgend, auf Melodieführung, Takt und Entwicklung setzen, gibt es bei der Gagaku-Musik wenig Verbindung von Rhythmus und Melodie; die Musik spannt einen Klangraum auf, der keinen Anfang und kein Ende zu kennen scheint. „Die Musiker des Gagaku-Ensembles spielen ihre Stücke  nicht vom Blatt“, erklärt Prof. Dr. Martin Kraatz, der frühere Leiter der Religionskundlichen Sammlung. „Sie passen sich einander an und bauen so das Stück auf. Zwar liegt der Musik ein festes Klangsystem zugrunde, doch die Künstler spielen auswendig, oder vielmehr inwendig.“ So entstanden an diesem Abend im Schloss beinahe mystische Klänge, die durchaus auch die im Gagaku typischen Dissonanzen aufwiesen.

Das Tenri-Ensemble gehört der Tenrikyo-Kawaramachi-Daikyokai an, einer Neukirche, deren Hauptsitz in Tenri, unweit Kyoto, liegt. „Die nun bereits 53-jährige Partnerschaft der akademischen Einrichtungen von Tenri und Marburg sowie die Freundschaften, die hieraus erwachsen sind, erlauben uns heute, an dieser faszinierenden Klangreise teilzuhaben“, sagte die Kuratorin der Religionskundlichen Sammlung Konstanze Runge in ihrer Begrüßung. Diesen Aspekt betonte auch Professor Dr. Marcel Martin vom Fachbereich Evangelische Theologie: „Tenri und Marburg werden durch vielfältige Klangbrücken verbunden. Dazu gehören auch die Sprach-Klänge akademischen, spirituellen und persönlichen Austausches", sagte er.

Das Programm für die musikalische Soiree hat der Leiter der Tenrikyo-Gemeinde, Reverend Yoshitaro Fukaya, anlässlich der 50jährigen Städtepartnerschaft von Kyoto und Köln zusammengestellt. Nach Köln und Marburg gastiert das 30-köpfige Ensemble auch noch in Heidelberg. In Marburg sind die Künstler keine Unbekannten: Zuletzt waren sie 2009 zu Besuch.

Maske aus einer Gagaku-Tanzdarbietung (Foto: Chris Triplett)

Kontakt

Prof. Dr. Edith Franke
Religionskundliche Sammlung
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