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05.08.2013

Marburger Student interviewt ägyptische Atheisten

Crowdfunding für die Wissenschaft: Sciencestarter finanziert Forschungsreise

Johann Esau (Foto: Pressestelle der Philipps-Universität Marburg /privat).
Atheisten in Ägypten? – Offiziell gibt es die gar nicht. Doch der Marburger Student Johann Esau, der über die Crowdfunding-Plattform Sciencestarter soeben seine Forschungsreise erfolgreich finanzieren konnte, geht der Frage jetzt genauer nach. Am 10. August 2013 fliegt der sechsundzwanzigjährige Arabist nach Kairo. Er wird dort Atheisten und Säkularisten interviewen, die in dem Land am Nil oftmals ein Doppelleben führen. Denn: Sich in Ägypten Atheist nennen, das könne gefährlich sein, zu Jobverlust oder Ausgrenzung führen, sagt Esau.

Esau studiert arabische Literatur und Kultur am Centrum für Nah- und Mitteloststudien an der Philipps-Universität Marburg. Er will herausfinden, wie öffentlich oder versteckt ägyptische Atheisten leben und was sie bewegt. Sich zur Religionslosigkeit zu bekennen gehöre noch immer zu den großen Tabus in der islamischen Welt. Esau interessiert, ob es der Arabische Frühling war, der insbesondere junge Menschen dazu bewogen hat, sich erstmals darüber Gedanken zu machen, ob überhaupt und, wenn ja, welcher Religion sie angehören wollen. Schätzungen zufolge gebe es ein bis fünf Prozent Atheisten in Ägypten. „Nicht bekannt ist, wie diese Ägypter zu ihren Überzeugungen gelangten, ob eher aus einer Antihaltung gegenüber dem fundamentalistischen Islam oder ob beispielsweise die Wissenschaft sie überzeugte“, erläutert der Orientwissenschaftler. Die meisten Atheisten vermutet er unter den Angehörigen höherer Bildungsschichten. Ob sich angesichts der derzeitigen Umbrüche in Ägypten auch andere Gruppen zum Atheismus bekennen, ist für ihn eine weitere spannende Frage seiner Forschungsarbeit.

Zehn bis zwölf Interviews will Esau während seines vierwöchigen Forschungsaufenthaltes in Ägypten führen. Seine Interviewpartner findet er über befreundete Ägypter – Esau studierte 2011/12 für sechs Monate in Kairo – und über eine Facebook-Gruppe von ägyptischen Atheisten, die mehr als 2000 Mitglieder zählt.

Sein Forschungsprojekt konnte Johann Esau innerhalb von nur drei Wochen finanzieren. Über die Crowdfunding-Plattform Sciencestarter machte er sein Projekt bekannt, warb für seine Forschungsidee und versprach potentiellen Unterstützern, sie regelmäßig über den Fortschritt seiner Forschung zu informieren. Etliche Unterstützer können sich nun auf eine Postkarte aus Kairo oder eine namentliche Nennung in der gedruckten Fassung der Masterarbeit freuen, einem besonders großzügigen Spender hat Johann Esau einen Vortrag über sein Forschungsprojekt versprochen.

Dies ist auch die Idee, die Wissenschaft im Dialog (WiD) mit der Crowdfunding Plattform Sciencestarter verfolgt: Forscher und Kommunikatoren präsentieren ihre Arbeit auf der Website und treten in einen direkten Austausch mit Interessierten.

Als Initiative der deutschen Wissenschaft setzt sich WiD seit fast 15 Jahren für den Dialog von Wissenschaft und Gesellschaft ein. Mit Sciencestarter ermöglicht WiD seit November 2012 kleineren wissenschaftlichen Projekten eine onlinebasierte Finanzierung über viele Einzelpersonen. Es ist die erste deutschsprachige Crowdfunding-Plattform für Projekte aus Wissenschaft, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Sciencestarter ist insbesondere interessant für Projekte, deren anberaumte Summen zu klein für öffentliche Förderanträge sind und die schnell umgesetzt werden wollen. Fast jedes zweite Sciencestarter-Projekt war bislang übrigens erfolgreich (47 Prozent). Insgesamt haben schon neun junge Forscherinnen und Forscher ihre Projektideen über die Crowdfunding-Plattform finanziert. Sciencestarter wird vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft gefördert.

Wissenschaft im Dialog (WiD) bringt Wissenschaft und Gesellschaft miteinander ins Gespräch. Die Gemeinschaftsinitiative der deutschen Wissenschaft wurde 1999 von den großen deutschen Wissenschaftsorganisationen gegründet. WiD organisiert Dialogveranstaltungen, Ausstellungen oder Wettbewerbe rund um Wissenschaft und Forschung und entwickelt neue Formate der Wissenschaftskommunikation. Die Wissenschaftsorganisationen stärken mit der Gemeinschaftsinitiative den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft auch über kontroverse Themen der Forschung. Zusammen mit der Marburg University Research Academy veranstaltet WiD zum Beispiel die Summer School „Wissenschaft kommunizieren“ vom 4.-6.9.2013 in Marburg.

WiD wurde auf Initiative des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft gegründet. Als Partner kamen Stiftungen hinzu. Maßgeblich unterstützt wird WiD vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Weitere Informationen:

http://www.sciencestarter.de/people/josuae

Ansprechpartner
Johann Esau:
Tel.: 0151- 56 38 07 09 (bis zum 9. August)
johann_esau@web.de

Thorsten Witt, Projektleitung Sciencestarter
Tel.: 030-206 22 95-70
thorsten.witt@w-i-d.de

Dorothee Menhart; Presse- und Öffentlichkeitsarbeit WiD
Tel.: 030-206 22 95-55
dorothee.menhart@w-i-d.de

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