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02.09.2013

Beten und Begegnen im Landschaftspark

Das Bildarchiv Foto Marburg zeigt multireligiöse Räume in einer Ausstellung in der Alten Universität

Ein Ort der interreligiösen Begegnung in Hamm im Lippepark. Foto: Andreas Lechtape
Stille und Religionen spielen die Hauptrolle in der Fotoausstellung „Multireligiöse Räume“ des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg und des EKD-Instituts für Kirchenbau. Bis zum 31. Oktober ist die Ausstellung noch in den Räumen des Instituts für Kirchenbau in der Alten Universität zu sehen.

„In unserer Gesellschaft begegnen sich bei bestimmten Gelegenheiten verschiedene Religionen in einem Raum. Sie nutzen gemeinsam Räume der Stille in Krankenhäusern, in Landtagen, in Schulen und Universitäten, in Gefängnissen, in Einkaufszentren oder auf der Landesgartenschau“, erklärt der Theologe Prof. Dr. Thomas Erne. Handelt es sich bei diesen Räumen um einen neuen Raumtypus? Sind es spirituelle Räume, in denen die verschiedenen Religionen nur zu Gast sind? Oder sind es neutrale Funktionsräume, die je nach Bedarf mit wechselnden religiösen Hoheitszeichen ausgestattet werden?

Das Bildarchiv Foto Marburg ist dieser Frage nachgegangen und hat eine Auswahl multireligiöser Räume fotografisch dokumentiert. Das Ergebnis ist bis 31. Oktober 2013 in den Räumen des EKD-Instituts für Kirchenbau in der Alten Universität zu besichtigen. Entstanden sind Aufnahmen von multireligiösen Räumen in Deutschland und von Menschen, die diese Räume nutzen. Man kann sich der Faszination dieser Fotos kaum entziehen. Sie vermitteln eine „bestimmte Unbestimmtheit“, so Dr. Christian Bracht, der Direktor von Foto Marburg, „ein Moment der Daseinsweitung, das nicht an Einzelheiten festzumachen ist, obwohl man meint es in den Aufnahmen mit Händen greifen zu können.“

Den Auftakt der Ausstellung bilden Fotos vom „Raum der Stille“ im Brandenburger Tor in Berlin. 1994 eingerichtet, ist er der früheste multireligiöse Raum in Deutschland, den jährlich bis zu 70.000 Menschen besuchen. Orte der Stille sind die meisten der gezeigten Räume, so das „Haus der Stille“ auf dem Campus der Goethe-Universität Frankfurt oder der „Raum für Stille und Gebet“ im Münchner Flughafen.

Verschiedene religiöse Symbole kennzeichnen einen Ort der interkulturellen Begegnung im Lippepark in Hamm. Foto: Andreas Lechtape

Sie öffnen sich jeder Religion zum individuellen oder ritualisierten Gebet, bieten Gebetsutensilien an und geben auch nichtreligiösen Menschen Raum für die Einkehr in die Stille. Die Ausstellung zeigt, dass die meisten dieser Räume eher schlicht gehalten sind. Einzig Kunstwerke mit einer Symbolik, die alle Religionen ansprechen, werden gezeigt, wie zum Beispiel die beiden Farbraumkörper des kürzlich verstorbenen Künstlers Gotthard Graubner im „Raum der Stille“ des Düsseldorfer Landtags.

Daneben gibt es deutlich andere Konzepte: Am „Ort der interreligiösen Begegnung“ im Lippepark Hamm kommen viele Menschen einfach vorbei. Fünf Stahltore und Pulte mit Symbolen und Zitaten der fünf Weltreligionen laden weithin sichtbar zum Verweilen ein und fördern das Gespräch.

Fünf Fotografen haben sich mit Atmosphäre und Wirkung der Räume beschäftigt und auch den jeweiligen Kontext, das Gebäude von außen, fotografiert. Die Ergebnisse geben einen guten Überblick über die Gestaltung multireligiöser Räume, aber auch über deren Nutzung: Auf einigen Bildern sind Menschen im Gebet zu sehen. „Damit bewegen wir uns als Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte in einem Grenzbereich. Wir nähern uns den Objekten sonst möglichst sachlich und ohne Personen. Hier aber ging es auch darum, die Stimmung der Räume einzufangen und das geht am besten über die betenden Menschen“ sagt Almut Berchtold, die zusammen mit einem der Fotografen des Bildarchivs, Christian Stein, die Ausstellung organisiert und gestaltet hat.

Die Ausstellung „Multireligiöse Räume“ ist noch bis zum 31. Oktober in den Räumen des Instituts für Kirchenbau, Lahntor 3, Alte Universität, 1. Stock zu sehen (Öffnungszeiten montags-donnerstags 9-16 Uhr, freitags 9-13 Uhr). Gruppen können Führungen buchen unter 06421-282-6413/6411/6414.


Weitere Informationen:

Prof. Dr. Thomas Erne
Direktor des Instituts für Kirchenbau
und kirchliche Kunst der Gegenwart, Philipps-Universität Marburg
Tel.: 06421-282-6414
Mail: thomas.erne@staff.uni-marburg.de

Dr. Christian Bracht
Direktor Deutsches Dokumentationszentrum für
Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg, Philipps-Universität Marburg
Tel.: 06421-282-3604
Mail: christian.bracht@staff.uni-marburg.de

Almut Berchtold M.A.
Fotokampagnen
Deutsches Dokumentationszentrum für
Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg, Philipps-Universität Marburg
Tel.: 06421-28 22162
Mail: berchtold@fotomarburg.de