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29.01.2014

Klagen auf Äthiopisch

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Edition des äthiopischen Jeremia-Zyklus.

Eine äthiopische Bibelübersetzung steht im Zentrum eines neuen Forschungsprojekts am Fachgebiet Semitistik der Philipps-Universität. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die Edition des Jeremia-Zyklus‘ von 2015 an mit 249.000 Euro für zunächst drei Jahre.

„Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund“: Ein äthiopischer Codex zum Buch Jeremia, vermutlich aus dem 15. Jahrhundert. (Quelle: Ethiopic Manuscript Imaging Project, George Fox University, Portland/Oregon)

Nach der Christianisierung des Reiches von Aksum (Nord-Äthiopien) im vierten Jahrhundert wurde die vollständige Bibel aus dem Griechischen ins Altäthiopische übersetzt. „Diese Bibelübersetzung ist sowohl für die Semitistik und Äthiopistik als auch für die alttestamentliche Wissenschaft von großer Bedeutung“, erklärt der Semitist Professor Dr. Stefan Weninger vom Centrum für Nah- und Mittelost-Studien der Philipps-Universität. Das Buch Jeremia ist das größte prophetische Buch des äthiopischen Alten Testaments. Es wurde indes im 19. und 20. Jahrhundert nicht in die Editionen der äthiopischen Bibel aufgenommen. „Eine kritische Edition ist nach wie vor ein dringendes Desiderat der Äthiopistik und der Bibelforschung“, legt Weninger dar.

Mit dieser Arbeit befasst sich vom kommenden Jahr an der habilitierte Semitist Dr. Konrad Martin Heide. Er plant eine vollständige Zusammenstellung sämtlicher äthiopischer Textzeugen, die auch Zusätze umfasst, welche im Äthiopischen mit Jeremia überliefert wurden („Jeremia-Zyklus“).

Hierzu gehören das Buch der Klagelieder und die apokryphen Zusätze zum Buch Jeremia: das aus der altgriechischen Bibelübersetzung bekannte Buch „Baruch“, der „Brief Jeremias“, der „Rest der Worte Baruchs“ und weitere kleinere Ausschmückungen. „Während vor 100 Jahren nur etwa 15 Handschriften aus europäischen Bibliotheken verfügbar waren, haben wir durch neuere Handschriftenfunde und Feldforschungen in Äthiopien digitale Kopien von über 30 weiteren Handschriften“, führt Heide aus.

Wie der Semitist erläutert, soll der edierte Text Einblick in den textlichen Charakter der frühesten äthiopischen Version bieten, die uns zugänglich ist, sowie die Stufen der Textgeschichte dokumentieren. Nach welchen Vorlagen wurde die Bibel ins Äthiopische übersetzt? Welche Methoden wandten die Übersetzer an? Solche und ähnliche Fragen könnten im Zuge des Editionsprojekts beantwortet werden, erwarten die Fachleute.

Im Rahmen des Projekts wird das Fachgebiet Semitistik auch einen Workshop mit Fachkollegen veranstalten, um neuere Erkenntnisse aus Textforschung und Textkritik auszutauschen und für das Projekt nutzbar zu machen.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Professor Dr. Stefan Weninger,
Centrum für Nah- und Mittelost-Studien
Tel.: 06421 28-24792
E-Mail: weninger@uni-Marburg.de