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26.09.2014

Mutationen bewirken Chaos im Gehirn

Internationales Forschungsteam mit Marburger Beteiligung findet Auslöser für Epilepsien.

Wissenschaftlern der Philipps-Universität ist es in einer internationalen Zusammenarbeit mit anderen Arbeitsgruppen aus den USA und Europa gelungen, verantwortliche Gene für schwere Epilepsien im Kindesalter zu identifizieren. Die Ergebnisse der Studie erschienen am
25. September in der Fachzeitschrift „The American Journal of Human Genetics“.  Von Marburger Seite ist der Neurologe Professor Dr. Felix Rosenow beteiligt, Leiter des Epilepsiezentrums Hessen.

In dieser bislang größten Studie untersuchten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dreier internationaler Konsortien die Erbinformationen von 356 Kindern, die an Epilepsien erkrankt waren, welche schwierig zu therapieren sind und die Lebensqualität und Entwicklung gefährden. Die Forscherinnen und Forscher verglichen diese Erbinformationen mit denen der Eltern, suchten nach genetischen Veränderungen und entdeckten sogenannte de-novo-Mutationen als Ursache für die Epilepsien.

Spontan auftretende Mutationen entstehen bei allen Menschen, machen aber nicht immer krank. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schauten sich diejenigen Gene genauer an, die bei Patientinnen und Patienten mit Epilepsien mehr Mutationen aufweisen, als man statistisch erwarten würde. Diese Gene liefern neue Hinweise auf Mechanismen der Krankheitsentstehung und zeigen, wie man mit einer Behandlung gezielt eingreifen kann.

Epilepsien zählen zu den häufigsten Erkrankungen des Zentralen Nervensystems, in Deutschland sind etwa 600.000 bis 800.000 Menschen davon betroffen. Etwa ein Drittel aller Patientinnen und Patienten spricht nicht auf eine Behandlung mit antiepileptischen Medikamenten an. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche. In vielen Fällen sind die Ursachen der Erkrankung unklar, wobei immer mehr darauf hindeutet, dass genetische Faktoren daran beteiligt sind.

Besonders das Gen für das Protein Dynamin 1 lieferte den Forschungsteams überraschende Erkenntnisse. Es spielt eine Rolle bei der Kommunikation von Nervenzellen, die über die Nervenverbindungen (Synapsen) im Gehirn verläuft. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass auch andere Gene, die mit der Funktion der Synapsen in Verbindung stehen, bei Kindern mit Epilepsie mutiert sind. Mit diesen neuen Erkenntnissen lässt sich ein immer größerer Anteil genetisch bedingter Epilepsien erklären – ein weiterer Schritt hin zu einer personalisierten Therapie, wie die beteiligten Forscherinnen und Forscher hoffen.

In der Vergangenheit hätte man Patientinnen und Patienten zum Teil langwierig mit vielen Tests untersuchen müssen, um Hinweise für die Ursache der Erkrankung zu finden. Mit Hilfe neuer genetischer Technologien und dem Wissen um solche genetischen Veränderungen können Ärztinnen und Ärzte jetzt viel schneller handeln. Ermöglicht wurde diese groß angelegte Studie durch die Zusammenarbeit dreier internationaler Forschungsverbünde, des Epi4K Konsortiums, des Epilepsie Phenome/Genome Projekts (EPGP) und des europäischen EuroEPINOMICS Konsortiums, an denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 20 europäischen Ländern beteiligt sind. (Pressetext: Universität Kiel)

Originalpublikation: EuroEPINOMICS-RES Consortium & al.: De Novo Mutations in Synaptic Transmission Genes..., The American Journal of Human Genetics (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.ajhg.2014.08.013

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Professor Dr. Felix Rosenow,
Epilepsiezentrum Hessen
Tel.: 06421-58 65348, -65345 (Andrea Schiller, Sekretariat)
E-Mail: Rosenow@staff.uni-marburg.de