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12.11.2015

Kleine Bank – großes Vertrauen in die Beratung

Studie von Gießener und Marburger Wissenschaftlern zeigt Unterschiede im Vertrauen von Kunden in die Finanzberatung verschiedener Institute

Institutszugehörigkeit und Beratervertrauen
Grafik: Oscar A. Stolper / Andreas Walter / Thomas Pauls

Wie steht es um das Vertrauen der Deutschen in ihre Finanzberaterinnen und -berater? Spiegeln sich die ungleichen Rahmenbedingungen, unter denen in Großbanken bzw. Sparkassen und Genossenschaftsbanken beraten wird, in Unterschieden im Beratervertrauen wider? Diesen Fragen sind Wirtschaftswissenschaftler der Universitäten Gießen und Marburg nachgegangen. Prof. Dr. Oscar A. Stolper (Philipps-Universität Marburg), Prof. Dr. Andreas Walter  und Thomas Pauls (beide Justus-Liebig-Universität Gießen) werteten gemeinsam Umfragedaten der Deutschen Bundesbank aus. Ihre Studie zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Institutsgruppen: Während mehr als zwei Drittel (65,52 Prozent) der Kundinnen und Kunden von Sparkassen und Genossenschaftsbanken bereit sind, den Empfehlungen ihrer Bankberaterinnen und -berater zu folgen, gilt dies für weniger als die Hälfte (46,47 Prozent) der Kundinnen und Kunden von Beraterinnen und Beratern, die bei Großbanken beschäftigt sind. Dieses deutliche Gefälle zeigt sich unabhängig vom grundsätzlichen Vertrauen, mit dem die Befragten ihren Mitmenschen begegnen.

Der Umstand, dass die private Säule der Altersvorsorge mittlerweile unerlässlicher Bestandteil einer ausreichend hohen Rente geworden ist, macht viele Menschen ungeachtet ihrer Kompetenz in Finanzfragen zu Kapitalmarktteilnehmerinnen und -teilnehmern. Es liegt nahe, sich bei der Entscheidungsfindung beraten zu lassen – auch wenn die Finanz- und Staatsschuldenkrise der vergangenen Jahre private Anlegerinnen und Anleger für Qualitätsmängel in der Anlageberatung sensibilisiert hat. Da für eine Beratung ein kundenseitiger Vertrauensvorschuss in die Arbeit der Beraterin oder des Beraters erforderlich ist, wundert es nicht, dass Privatanlegerinnen und -anleger Vertrauenswürdigkeit als den ausschlaggebenden Faktor nennen.

Die Bankberaterinnen und -berater wiederum agieren in einem Spannungsfeld zwischen Kundeninteressen und Vertriebsvorgaben, wobei letztere je nach Institutszugehörigkeit stark variieren. So sehen sich knapp die Hälfte der Beraterinnen und Berater von Großbanken mit häufigen oder gar fortwährenden Konflikten zwischen den Vertriebszielen des Arbeitgebers und dem Kundeninteresse konfrontiert. Beraterinnen und Berater von Sparkassen und Genossenschaftsbanken hingegen geben an, weitaus seltener in ein solches Dilemma zu geraten.

Grundlage für die Studie zum Beratervertrauen sind die in der bundesweiten Befragung zur wirtschaftlichen Lage privater Haushalte (PHF) erhobenen Aussagen von Kundinnen und Kunden, die in den Jahren 2009 bis 2011 eine Finanzberatung bei ihrer Hausbank in Anspruch genommen haben. Die Analyse des Wissenschaftlerteams stellt sicher, dass der identifizierte Unterschied nicht auf soziodemografische Merkmale der befragten Personen, deren Risikoeinstellung oder deren Kenntnisse in Finanzfragen zurückzuführen ist.

(Gemeinsame Pressemitteilung der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg im Rahmen der Forschungsallianz Gießen-Marburg)

Publikation: "Trust and the Supply Side of Financial Advice"

Kontakt

Prof. Dr. Oscar A. Stolper, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Juniorprofessur Accounting and Finance
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