Zurück zur Übersicht

12.02.2016

Laserkühlung steht vor neuen Anwendungen

Theoretische Chemiker zeigen, wie sich mehratomige Moleküle einfrieren lassen.

Cool! Chemische Verbindungen aus mehr als zwei Atomen lassen sich mittels Laserbestrahlung kühlen – das haben Forscher aus Marburg und dem russischen Sankt Petersburg aufgrund theoretischer Überlegungen herausgefunden. Bislang galt es als ausgemacht, dass Laserkühlung nur bei Molekülen funktioniert, die aus zwei Atomen bestehen; stimmt nicht!, folgern Professor Dr. Robert Berger und Dr. Timur Isaev aus ihren Ergebnissen, die sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlichen.

Zum Einfrieren geeignet? Modell des Moleküls Monomethylkalzium (CaCH3), das Professor Dr. Robert Berger und Dr. Timur Isaev als einen Kandidaten für die Laserkühlung identifiziert haben; „die Orbitale des ungepaarten Elektrons, das durch rotverstimmte Photonen angeregt wird, wirken wie Fallschirme“, erläutern die Autoren zu ihrem Bild: „Sie bremsen das Molekül ab.“ (Abb.: Autoren und Hauke Westemeier)

Wärme lässt sich mikroskopisch als Bewegung von Teilchen beschreiben; beim K ü hlen werden diese abgebremst. „‘Kalte Moleküle‘ versprechen eine Fülle von Anwendungen, von der Grundlagenforschung bis zur Quanteninformatik“, erklärt Mitverfasser Robert Berger, der Theoretische Chemie an der Philipps-Universität lehrt.

Bei der Laserkühlung nutzt man aus, dass Licht einen Impuls übertragen kann. Trifft ein Lichtteilchen auf ein Atom, so kann es von diesem aufgenommen werden. Durch den so genannten Dopplereffekt lässt sich erreichen, dass Atome überwiegend Lichtteilchen absorbieren, die ihnen entgegen kommen. Der dabei übertragene Bewegungsimpuls bremst die Atome ab.

„Atome in der Gasphase kann man mittlerweile nahezu perfekt unter Kontrolle bringen und fast auf den absoluten Temperaturnullpunkt abkühlen“, erläutert Berger. Bei Molekülen hingegen ist die Laserkühlung durch Dopplereffekt bislang nur gelungen, wenn sie aus zwei Atomen bestehen, etwa Strontiumfluorid (chemische Summenformel SrF) oder Yttriumoxid (YO). Denn Moleküle können sich nicht nur im Raum bewegen; vielmehr sind ihre Bestandteile auch gegeneinander beweglich.

Die Autoren zeigen, dass es entgegen bisheriger Annahmen möglich ist, das Schema der Dopplerkühlung auch auf Moleküle mit mehr als zwei Atomen zu übertragen. „Der Trick dabei ist: Man muss Moleküle mit einsamen Elektronen verwenden, die nicht zur chemischen Bindung beitragen“, führt Berger aus.

Berger und Isaev identifizierten mehr-atomige Moleküle, deren elektronische Situation derjenigen von zwei-atomigen Verbindungen gleicht, die sich durch Laser kühlen lassen. Beispiele für die gefundenen polyatomaren Moleküle sind Kalziummonohydroxid (CaOH) und Monomethylmagnesium (MgCH 3 ). Die Autoren sind jetzt gespannt, ob sich ihre theoretischen Befunde experimentell bestätigen: „Wir hoffen natürlich, dass Experimentatoren unsere Vorschläge zeitnah aufgreifen“, sagt Berger.

Originalpublikation: Timur A. Isaev & Robert Berger: Polyatomic candidates for cooling of molecules with lasers from simple theoretical concepts, Physical Review Letters 116/2016, 063006,
DOI http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.116.063006

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Professor Dr. Robert Berger,
Fachbereich Chemie
Tel.: 06421 28-25687
E-Mail: robert.berger@uni-marburg.de