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20.06.2016

Ausgezeichnete wissenschaftliche Talente

Promotionspreise der Philipps-Universität im Rahmen der Jahresversammlung des Marburger Universitätsbundes verliehen

Die Promotionspreisträger/innen (v.l.) Dr. Tobis Kreilos (Physik), Dr. Sonja Czekaj (Medienwissenschaften) und Dr. Simone Dudda (Zahnmedizin) nahmen ihre Auszeichnung aus den Händen von Uni-Vizepräsident Prof. Dr. Michael Bölker (r.) entgegen. Auf dem Foto fehlt Dr. Petru Cioica-Licht (Mathematik). Foto: Philipps-Universität | Markus Farnung
Die Philipps-Universität hat vier Nachwuchswissenschaftler/innen mit Promotionspreisen für das Jahr 2014 ausgezeichnet. Sie erhielten die Ehrung am 17. Juni aus den Händen von Prof. Dr. Michael Bölker, Vizepräsident für Forschung, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und Internationales. Die Preisverleihung fand im Anschluss an die Mitgliederversammlung des Marburger Universitätsbundes im Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas statt.

Bölker überreichte die Urkunden und das Preisgeld an die Medienwissenschaftlerin Dr. Sonja Czekaj, die Zahnmedizinerin Dr. Simone Dudda, und den Physiker Dr. Tobias Kreilos. Für den zurzeit in Neuseeland forschenden Wirtschaftsmathematiker Dr. Petru Cioica-Licht nahm dessen Doktorvater Prof. Dr. Stephan Dahlke den Preis entgegen.

Sonja Czekaj erhielt den Preis in der Sektion Philosophie und Kulturwissenschaften. Audiovisuelle Umgangsweisen mit Geschichte stehen im Fokus ihrer medienwissenschaftlichen Dissertation mit dem Titel „Deutsche Geschichtsbilder. Modellierungen historischer (Dis-)Kontinuität in selbstreflexiven Non-Fiction Filmen“. Czekaj geht der Frage nach, wie Filme zu einem Medium der Reflexion geschichtlicher Strukturen und Prozesse werden können. Sie hat nichtfiktionale Filme analysiert, die sich mit gesellschaftlichen Umbrüchen in der jüngeren deutschen Geschichte befassen, darunter sind  „Deutschlandbilder“ (1983) und  „The Invisible Frame“ (2009). Besonders interessierte sie, wie das Verhältnis von geschichtlicher Kontinuität und Diskontinuität vermittelt wird. Ihr Fazit lautet, dass diese in den Filmen keine Gegensätze sind. Vielmehr entstehen produktive Spannungsverhältnisse, zwischen denen das Vergangene mit dem Gegenwärtigen und Zukünftigen verknüpft werde. Aus der Sicht von  Prof. Dr. Heinz-B. Heller vom Fachbereich Germanistik und Kunstwissenschaften leistet Sonja Czekaj mit ihrer Arbeit „einen ausgesprochen originellen, bahnbrechenden Beitrag zur medialen Erinnerungs- und Gedächtniskultur“.

Simone Dudda ist die Preisträgerin in der Sektion Biowissenschaften und Medizin. In ihrer Arbeit „Entwicklung eines neuen Applikationsverfahrens für fließfähige Komposite zur Reduktion polymerisationsbedingter Spannungen“ hat die Zahnmedizinerin eine Lösung entwickelt, durch die Kunststofffüllungen länger halten. Der Füllungskunststoff schrumpft bei der Polymerisation, sodass ein Stress auf den Haftverbund zwischen Zahn und Füllung, und somit Spannungen im Zahn entstehen. Dudda’s Lösungsansatz: Schon beim Einfüllen des fließfähigen Materials setzt sie eine genau dosierte Menge Licht ein. Dadurch verringern sich die Spannungen um bis zu 40 Prozent – und die Füllungen werden haltbarer. Für diese Form der Behandlung hat Dudda zusammen mit ihrem Doktorvater Prof. Dr. Michael Gente und den feinwerkmechanischen Werkstätten der Universität ein Gerät gebaut, mit dem der Füllwerkstoff in den Zahn eingebracht und mit der richtigen Lichtmenge bestrahlt wird. Diese Erfindung hat die Universität erfolgreich als internationales Patent angemeldet. Simone Dudda hat gezeigt, dass sie „in außergewöhnlich produktiver Weise fähig ist, eine wissenschaftliche Fragestellung aufzugreifen und zu beantworten“, lobt ihr Doktorvater Prof. Dr. Michael Gente vom Fachbereich Medizin.

Tobias Kreilos wurde in der Sektion Mathematik und Naturwissenschaften ausgezeichnet. In seiner Arbeit „Turbulence Transition in Shear Flows and Dynamical Systems Theory“ hat er den Wechsel von einer einfachen, glatten (laminaren) zu einer verwirbelten turbulenten Strömung untersucht. Die Bewegung von Flüssigkeiten und Gasen ist in unserem Alltag allgegenwärtig, etwa das Fließen von Wasser oder die uns bei Bewegung umströmende Luft. Wie der Wechsel von einer einfachen laminaren Strömung zu einer verwirbelten turbulenten Strömung abläuft, ist jedoch nicht in allen Fällen geklärt, so zum Beispiel bei Strömungen durch ein zylindrisches Rohr oder in Grenzschichten um umströmte Objekte. „Die herausragende Leistung von Kreilos besteht darin, für genau solche Fälle den allgemeinen Weg, über den diese Übergänge beschrieben werden können, aufgezeigt und exemplarisch beschrieben zu haben“, hebt Doktorvater Prof. Dr. Bruno Eckhardt vom Fachbereich Physik hervor. Während der Arbeit an seiner Dissertation hat Kreilos bereits zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zusammen mit verschiedenen Kooperationspartnern verfasst. Kreilos verfüge über „die besten Voraussetzungen für eine vielversprechende Karriere als Forscher und Lehrer“, resümiert Eckhardt.

Petru Cioica-Licht hat den Promotionspreis ebenfalls in der Sektion Mathematik und Naturwissenschaften erhalten. In seiner Arbeit „Besov Regularity of Stochastic Partial Differential Equations on Bounded Lipschitz Domains“ geht es um die Struktur (Regularität) raum-zeitlicher Entwicklungen. Diese werden in den Natur- und Wirtschaftswissenschaften vorwiegend mittels partieller Differentialgleichungen mathematisch modelliert. Häufig liegen jedoch verrauschte Daten vor, deren Einfluss in der Modellierung berücksichtigt werden muss. Die mathematische Formulierung dafür ist eine stochastische partielle Differentialgleichung. Bei realistischen Problemen kann die Behandlung dieser Gleichungen auf Systeme mit Millionen von Unbekannten führen. Um in solchen Fällen belastbare Vorhersagen zu treffen, werden möglichst effiziente numerische Verfahren für die Approximation der Lösung benötigt. Cioica-Licht hat die Struktur von Lösungen stochastischer partieller Differentialgleichungen in bestimmten Funktionenräumen (Besov-Räume) untersucht. Doktorvater Prof. Dr. Stephan Dahlke vom Fachbereich Mathematik und Informatik bezeichnet die Arbeit als „außergewöhnlich innovativ“. Sie liefert eine theoretische Grundlage für die Entwicklung, Analyse und Implementierung moderner adaptiver Verfahren für die effiziente Lösung stochastischer partieller Differentialgleichungen und hat damit eine hohe praktische Relevanz. Die Ergebnisse der Dissertation waren auch Grundlage für ein neues Drittmittelprojekt.

Die Promotionspreise der Philipps-Universität werden seit 2005 in vier Sektionen verliehen: Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Philosophie und Kulturwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften sowie Biowissenschaften und Medizin. Die Auszeichnung ist mit 1.000 Euro Preisgeld pro Sektion dotiert. Teil des Preises ist außerdem ein Training in Wissenschaftskommunikation.

Kontakt

Dr. Anne Holzapfel, Referentin für wissenschaftlichen Nachwuchs
Tel.: Tel. 06421/28-26213
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