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11.01.2017

Placebo-Effekt hilft nach Herzoperationen

Psychologische Betreuung verbessert Genesung

Ein „Placebo“-Effekt verbessert die Erholung von Patientinnen und Patienten, die eine Herzoperation hinter sich haben. Das berichtet ein interdisziplinäres Team um den Psychologen Professor Dr. Winfried Rief und den Herzchirurgen Professor Dr. Rainer Moosdorf von der Philipps-Universität Marburg in der Fachzeitschrift „BMC Medicine“: Erhielten die Betroffenen psychologische Betreuung, um ihre Erwartungen an eine rasche Genesung zu erhöhen, so erholten sie sich nach einem Eingriff am Herzen besser als andere, die keine Unterstützung bekamen.

Herzoperationen wie am Marburger Uni-Klinikum (Foto oben: Rainer Moosdorf) übersteht besser, wer psychologische Betreuung genießt, fand ein Forschungsteam um Winfried Rief (links) und Rainer Moosdorf heraus. (Portraits: Winfried Rief, Rainer Moosdorf; die Bilder dürfen nur für die Berichterstattung über die hier angezeigte wissenschaftliche Veröffentlichung verwendet werden.)

Placebo-Effekte beeinflussen oftmals den Erfolg einer medizinischen Behandlung. Zu diesen Placebo-Effekten tragen insbesondere die Erwartungen bei, die Patienten an die Wirksamkeit und das Ergebnis einer Therapie haben. „Das Ziel unserer Studie besteht darin, diese Erwartungen zu optimieren, um das Ergebnis von Bypass-Operationen am Herzen zu verbessern“, schreiben die Autoren.

Um dies zu erreichen, teilten die Forscher 124 Patientinnen und Patienten in drei Gruppen ein: Die "Erwartungsgruppe" erhielt psychologische Unterstützung von einem Therapeuten, der speziell darauf abzielte, die Erwartungen an die Wiederherstellung nach der Operation zu erhöhen. Die "Unterstützungsgruppe" verbrachte ebenso viel Zeit mit dem Therapeuten, diskutierte die eigenen Erwartungen aber nicht. Die Kontrollgruppe schließlich erhielt keine zusätzliche psychologische Unterstützung. Vor der Operation sowie sechs Monate danach erhoben die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten über das geistige Wohlbefinden, die gesundheitlichen Beschwerden, die Arbeitsfähigkeit und die körperliche Aktivität der Betroffenen.

Die Mitglieder der Erwartungsgruppe machten spezielle Übungen, um die Erwartungen an ihre Gesundung zu erhöhen. So wurden die Patientinnen und Patienten gebeten, zu erklären, was sie nach der Operation erreichen wollen, wie sie sich zu erholen gedenken und wie sie in ein normales Leben zurückkehren können. Der Therapeut half dabei, personalisierte Pläne zu erstellen, wie jeder und jede Einzelne diese Ziele erreichen kann, und die Patientinnen und Patienten durften nach der Sitzung alle Notizen mitnehmen.

Das Ergebnis: Wer psychologische Unterstützung erhielt, um die eigenen Erwartungen bezüglich der Wiederherstellung nach der Operation zu erhöhen, litt sechs Monate nach dem Eingriff weniger an Beschwerden, erfreute sich einer besseren Lebensqualität, war körperlich aktiver und fitter für die Arbeit im Vergleich zu denjenigen, die nicht von zusätzlicher Hilfe profitierten.

„Patientinnen und Patienten, die vor der Operation irgendeine Form psychologischer Unterstützung erhielten, ging es sechs Monate danach besser als anderen“, fasst Winfried Rief zusammen. „Den größten Nutzen bringt anscheinend eine personalisierte Unterstützung mittels spezieller Anleitungen, wie die Betroffenen eine schnellere und bessere Erholung erreichen können.“

Dies ist das erste Mal, dass der Placebo-Effekt in der Herzchirurgie mittels einer kontrollierten wissenschaftlichen Studie untersucht wird. Sie zeigt auch, dass eine kurzfristige psychologische Intervention leicht bei Herz-Operationen eingesetzt werden kann. "Durch die Ausnutzung des Placebo-Effekts können wir die lebensrettenden Aspekte der Chirurgie durch eine verbesserte Erholung unserer Patientinnen und Patienten ergänzen“, erklärt Mitverfasser Rainer Moosdorf, Leiter der Marburger Herzchirurgie.

Professor Dr. Winfried Rief lehrt Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Philipps-Universität. Er leitet eine bundesweite Forschungsgruppe zu Placebo- und Nocebo-Effekten, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wird. Neben den Marburger Arbeitsgruppen um Rief und Moosdorf beteiligten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Essen, Hamburg und Auckland an der Studie.  (Pressetext: Matthew Lam, BMC Medicine)

Originalveröffentlichung: Winfried Rief & al.: Preoperative optimization of patient expectations improves long-term outcome in heart surgery patients: results of the randomized controlled PSY-HEART trial, BMC Medicine 10. Januar 2017, DOI: https://dx.doi.org/10.1186/s12916-016-0767-3

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Professor Dr. Winfried Rief,
Arbeitsgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie
Tel.: 06421 23657 (Sekretariat)
E-Mail: rief@staff.uni-marburg.de

Homepage der Forschergruppe 1328: http://placeboforschung.de