08.02.2018 Berg und Tal

Universität und Stadt informierten über die bauliche Entwicklung auf den Lahnbergen und im Lahntal

© Raoul Kurz, Dichter Architekturgesellschaft mbH
Die Perspektive zeigt den geplanten Forschungsneubau des "Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg" / DDK (links im Bild) sowie das benachbarte Seminargebäude vom Alten Botanischen Garten aus gesehen.

„Wir freuen uns sehr, dass Sie trotz des Schneegestöbers so zahlreich gekommen sind“, sagte Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause zu Beginn der Info-Veranstaltung zur baulichen Entwicklung auf den Lahnbergen und im Lahntal, die am 6. Februar im Hörsaalgebäude stattfand. Die Präsidentin dankte den Beteiligten bei der Stadt, dem Universitätsklinikum und dem Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH) für die gute Zusammenarbeit während der vergangenen Jahre.

Auch Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies unterstrich diesen Aspekt in seiner Begrüßung: „Wir haben in Marburg die Tradition etabliert, dass sich Universitäts- und Stadtplanung sehr eng abstimmen. Das ist eine wichtige Basis, denn Stadt- und Universitätsentwicklung können nicht unabhängig voneinander gedacht werden“, betonte das Stadtoberhaupt.

Bevor die Neubauprojekte vorgestellt wurden, informierte Uni-Präsidentin Katharina Krause über aktuelle Erkenntnisse zum Chemie-Altbau auf den Lahnbergen. „Bei der baulichen und funktionalen Einschätzung des inzwischen denkmalgeschützten Gebäudes sind wir im vergangenen Jahr einen guten Schritt weitergekommen“, erläuterte sie. „Gemeinsam mit Fachleuten aus der Denkmalpflege, dem Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH), aus dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) und Finanzministerium (HMdF) sowie Fachleuten aus ganz Deutschland haben wir uns im Rahmen eines eintägigen Workshops intensiv mit dem Gebäude, seinen Möglichkeiten und seinen Belastungen befasst.“ Leider habe sich die vorangegangene Schätzung über die Höhe der Sanierungskosten für das Gebäude bestätigt: „Die Sanierung des Chemie-Altbaus würde nach jetzigem Kostenstand rund 130 Millionen Euro kosten“, berichtete die Präsidentin. Der Workshop habe Wege aufgezeigt, wie weiter verfahren werden könne. Dazu gehöre eine vertiefte Studie mit dem Ziel, im Weiterdenken des Marburger Systems ergebnisoffen Lösungen für die Unterbringungsbedarfe naturwissenschaftlicher Fächer aufzuzeigen. Die Frage, ob der Chemie-Altbau für studentisches Wohnen umgewidmet werden könne, verneinte die Präsidentin aufgrund der baulichen Besonderheiten der Systembauten und auch OB Dr. Spies schloss dies aus Sicht der Stadtentwicklung aus. Ressourcen für die Sanierung des Altbaus stünden bedauerlicherweise frühestens im vierten Jahrzehnt bereit, so die Präsidentin  „Wir hoffen sehr, dass der Heureka 2-Topf des Landes für die anstehenden Sanierungsarbeiten der Universitätsgebäude und die infrastrukturelle Entwicklung weiter gefüllt wird“, sagte Krause. „Wir sehen zu, dass wir vorbereitet sind.“

Insgesamt werde auf dem Campus Lahnberge derzeit intensiv an der Planung und Entwicklung der Infrastruktur gearbeitet. Dies betreffe insbesondere den neuen, im Bau befindlichen Forschungsbau für Synmikro. "Hier werden wir Ihnen dann bei der nächsten Veranstaltung Neues berichten können“, schloss die Präsidentin.

Lahntal:
Der Bereichsleiter und Projektmanager beim Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH), Karlheinz Günther, stellte anschließend den aktuellen Stand der Planungen für den Forschungsbau des "Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg“ (DDK) und ein angrenzendes Seminargebäude vor. Die beiden Bauten entstehen auf einem ehemaligen Brauereigelände in unmittelbarer Nachbarschaft zum Forschungsbau des Deutschen Sprachatlas. Das Seminargebäude soll das nahe Hörsaalgebäude ergänzen und vor allem große, flexibel nutzbare Seminarräume bieten.

Das Berliner Architekturbüro Dichter hatte 2016 den Architekturwettbewerb gewonnen und war mit der Planung beauftragt worden. Die Projektleitung für die Bauvorhaben liegt in Händen des LBIH. Derzeit seien er und seine Mitarbeiter intensiv damit beschäftigt, die Haushaltsunterlage für die zuständigen Ministerien sowie den Bauantrag zu erstellen, berichtete Günther. Anhand der Lagepläne und Grundrisse erläuterte er die aktuellen Planungen für die Bauten. An der Lage der Gebäude und deren äußerer Erscheinung habe sich gegenüber dem Wettbewerb nichts verändert: „Beide Gebäude werden mit einer Klinkerfassade ausgeführt, das Seminargebäude erhält eine dunkle, der DDK eine hell geschlämmte Fassade.“ Durch die besondere Topographie der Altstadt sei auch die fünfte Ansicht, nämlich die Dachansicht, wichtiger Bestandteil der Planung, erklärte Günther. Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) und Rückkühlwerke auf dem Dach des DDK entsprächen den Forderungen des Bebauungsplans für das Areal. Aufgrund der Dachform und der Dacheindeckung aus Ziegeln werde es auf dem Seminargebäude keine PV-Anlagen geben. Der Referent hob hervor, dass die Anlagen vom Pilgrimstein und vom Alten Botanischen Garten her nicht zu sehen seien. Die Gebäude seien barrierefrei zugänglich, ein taktiles Leitsystem binde sie in den öffentlichen Raum ein. Den Beiräten der Stadt seien die hier vorgestellten Pläne bekannt.

Alter Botanischer Garten:
Zum Schutz des Gartendenkmals werde es keinen direkten Weg vom Seminargebäude in den Alten Botanischen Garten geben, betonte Uni-Präsidentin Krause. Lediglich ein entlang des Botanischen Gartens verlaufender Weg werde das Parkhaus am Pilgrimstein mit dem Erwin-Piscator-Haus verbinden. Ob künftig Parkflächen auf dem Parkplatz der alten UB eingerichtet werden sollen, werde eine Untersuchung der Stadtwerke ergeben.

Nachfragen zum aktuellen Stand des Parkpflegewerks beantwortete Kristin Kilias, technische Leiterin des Botanischen Gartens. Das beauftragte Landschaftsarchitekturbüro habe die historische Analyse und die Dokumentation zum Alten Botanischen Garten inzwischen abgeschlossen, berichtete sie. Auch die Bestandsanalyse stehe kurz vor dem Abschluss;  als nächstes werde die Denkmalbewertung erarbeitet. Voraussichtlich im Sommer 2018 sollen die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Lahnberge:
Den zweiten Teil der Veranstaltung gestaltete Dr. Gunther K. Weiß, Kaufmännischer Geschäftsführer des Universitätsklinikums Gießen und Marburg am Standort Marburg. Aufgrund der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen werde sich die Patientenzahl des Uni-Klinikums in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Schon heute gebe es in Marburg viermal so viele ambulante wie stationäre Patienten. Daraus habe man das Modell eines „Gesundheitscamps Lahnberge“ entwickelt, bestehend aus fünf Bausteinen: einem Ambulanz- und Diagnostikzentrum, einem Zentrum für Psychiatrie (Standort Ortenberg) und einer Klinik für Psychosomatik, der Modernisierung des 1. Bauabschnitts im am Standort Marburg des UKGM und einem Antrag auf Erweiterung des Bebauungsplans. Hinzu komme die Erweiterung des Parkraums auf dem Campus Lahnberge. Die ursprüngliche Idee eines Neubaus für ein Ambulanz- und Diagnostikzentrum direkt am Klinikum verfolge man allerdings derzeit nicht weiter. Anstelle des Zentrums in Form eines Ärztehauses plane man, eigene ambulante Dienste im Marburger Uniklinikum auszubauen.

Um langfristig planen zu können, habe das Uniklinikum gemeinsam mit Architekten, Landschaftsplanern und der Stadt einen Masterplan mit baulichen Entwicklungsfeldern und einer verbesserten Verkehrsführung entwickelt, der nun auch dem Stadtparlament vorgelegt werden solle. Eine wichtige Neuerung kündigte Weiß für die Infrastruktur rund um das Klinikum an: Die weiter steigenden Besucher- und Patientenzahlen machten eine Neustrukturierung der Verkehrswege und eine Erweiterung des Parkraums dringend erforderlich, erklärte er. Um dem Problem der fehlenden Parkplätze rund um das Klinikum zu begegnen, plane das UKGM in einem ersten Schritt die Einrichtung von rund 130 neuen Parkflächen auf einem Interimsparkplatz. Mittelfristig werde ein fünfgeschossiges Parkhaus in Form einer „Grünen Pyramide“ rund 2500 Parkplätze bieten, stellte Weiß in Aussicht. Die Planungen sehen eine zweispurige Umfahrung des Parkhauses vor. Derzeit seien Staus am Kreisel zum Klinikum an der Tagesordnung, betonte der Geschäftsführer. Eine optimierte Verkehrsführung werde dort Entlastung bringen.

Uni-Präsidentin Katharina Krause und Oberbürgermeister Thomas Spies sprachen sich beide dafür aus, die Infrastruktur für Radfahrer und den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern. „Wir führen intensive Gespräche mit HessenForst und HessenMobil, über die Möglichkeit, Fahrradwege und Busspuren auszubauen“, sagte der OB. Auch die Möglichkeit, auf dem Campus Lahnberge einen Nahversorger zu etablieren, werde derzeit geprüft.

Ortenberg:
Den Campus Ortenberg wolle man als Standort für die Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) sowie die Erwachsenenpsychiatrie und Psychotherapie beibehalten, erklärte Weiß. Das UKGM plane die Modernisierung der Klinik für Erwachsenenpsychiatrie sowie die Errichtung eines Neubaus mit 77 Betten für die Kinder- und Jugendpsychiatrie am Campus Ortenberg. Derzeit sei die KJP in sechs Altbauten untergebracht. Die Planungen sehen zwei T-förmige Neubauten für die KJP vor. Das Haus Bethanien werde dann an die Universität zurückgegeben. Eine Vereinbarung mit dem Land Hessen sehe vor, dass die Bauarbeiten bis 2024 abgeschlossen sein müssen. „Die Planungen stehen noch unter dem Vorbehalt einer Plausibilitätsprüfung und der Verabschiedung des hessischen Landeshaushalts 2018/2019“, betonte er. Auch er danke den Partnern bei Universität und Stadt für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit während der letzten Jahre, sagte der Geschäftsführer des Marburger Uniklinikums abschließend.

Mittel für die Modernisierung der Zahnklinik habe die Universität in HEUREKA II, also in den Jahren ab 2021, reserviert, erläuterte Uni-Präsidentin Professorin Katharina Krause. Mit dem UKGM sei man sich einig, dass zunächst die Frage von Standort und Abläufen geklärt werden müsse, denn das Studium der Zahnmedizin dürfe nicht zum Erliegen kommen. Daher müsse eine Studie zunächst zeigen, ob eine Modernisierung, beziehungsweise ein Neubau im laufenden Betrieb möglich sei.

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