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Ultraschallvokalisationen

Verschiedene Nager verfügen über die Fähigkeit Rufe im Ultraschallbereich auszusenden. Im Bereich der biopsychologischen beziehungsweise verhaltensneurowissenschaftlichen Forschung kommt diesen so genannten Ultraschallvokalisationen (kurz: USV) eine immer bedeutendere Rolle zu, da ihre Erhebung eine einzigartige Möglichkeit darstellt, den affektiven Zustand von Tieren zu erfassen. Weil diese Rufe jedoch alle eine Frequenz von mehr als 20 kHz aufweisen, so dass sie von Menschen nicht wahrgenommen werden, erfordert ihre Erfassung den Einsatz modernster Technik.

Bei der Ratte unterscheidet man im Allgemeinen drei Typen der Ultraschallvokalisation:

  • 40-kHz | Babyvokalisation

    Jungtiere senden während der ersten Lebenstage in Folge der Trennung von Mutter und Nest 40-kHz-Rufe aus (siehe Abb. 1 bzw. Video 1), die es der Mutter ermöglichen, das Jungtier zu lokalisieren, sodass sie es zurück in das Nest tragen kann. Diese Rufe werden als Ausdruck von Trennungsangst gewertet, da das Rufverhalten durch angstlösende Substanzen, wie Benzodiazepine, reduziert werden kann.

  • 22-kHz | negativer affektiver Zustand

    Jugendliche und erwachsene Tiere können 22-kHz- und 50-kHz-Vokalisationen erzeugen. Auftreten und Merkmale dieser Vokalisationen sind unter anderem abhängig von situativen Faktoren. So ist bekannt, dass Tiere in aversiven Situationen 22-kHz-Vokalisationen (siehe Abb.) aussenden, wie beispielsweise in Folge der Applikation von Schmerzreizen. Daher wird angenommen, dass diese Vokalisationen einen negativen affektiven Zustand wie Angst reflektieren. Darüber hinaus liegen Befunde vor, die darauf hindeuten, dass diese Rufe eine Alarmfunktion besitzen. Es konnte etwa gezeigt werden, dass Ratten bei Anwesenheit eines Fressfeindes, wie etwa einer Katze, vor allem dann 22-kHz-Rufe aussenden, wenn Artgenossen anwesend sind. In Playback-Studien wurde ferner beobachtet, dass Tiere, welche 22-kHz-Vokalisationen hören, Verhaltensstarre zeigen, Schutz suchen oder fliehen.

  • 50-kHz | positiver affektiver Zustand

    Aus: Schwarting, Jegan, Wöhr (2007)

    In Situationen, welche einen appetitiven Charakter aufweisen, treten hingegen 50-kHz-Vokalisationen auf (siehe Abb.). So konnte dieser Ruftyp beispielsweise in Antizipation einer Belohnung, wie Futter und Sex beobachtet werden. Auch während dem Spiel („rough-and-tumble play“) vokalisieren jugendliche Ratten in diesem Frequenzbereich. Bemerkenswerterweise ist es möglich diese 50-kHz-Rufe auch durch „Kitzeln“ auszulösen. Es wurde daher postuliert, dass es sich bei den 50-kHz Vokalisationen um einen Vorläufer menschlichen Lachens handelt.

Literatur:

Rippberger, H., van Gaalen, M.M., Schwarting, R.K.W. and Wöhr, M. (2015). Environmental and Pharmacological Modulation of Amphetamine- Induced 50-kHz Ultrasonic Vocalizations in Rats. Current Neuropharmacology 13: 220. https://doi.org/10.2174/1570159X1302150525124408

Seffer, D., Schwarting, R. K., & Woehr, M. (2014). Pro-social ultrasonic communication in rats: insights from playback studies. Journal of neuroscience methods, 234, 73-81.

Wöhr, M., & Schwarting, R. K. (2013). Affective communication in rodents: ultrasonic vocalizations as a tool for research on emotion and motivation. Cell and tissue research, 354(1), 81-97.