18.06.2018 Nachruf Prof. Dr. Dr. theol. h.c. Dieter Schnebel

Prof. Dr. Dr. theol. h.c. Dieter Schnebel, Theologe, Musikwissenschaftler und Komponist, unser Ehrendoktor seit 2011, ist am 20. Mai 2018 in Berlin verstorben.

Dieter Schnebel, Jahrgang 1930, studierte Musikwissenschaft, Philosophie (beim späten Heidegger) und Theologie (u.a. bei Karl Barth). Musikalisch stand Schnebel den Protagonisten der Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik nahe (Theodor W. Adorno, Edgar Varèse, Olivier Messiaen, Luigi Nono, Karl-Heinz Stockhausen) und trat später in Auseinandersetzung mit John Cage. Das musikwissenschaftliche Studium führte zur Promotion über die Dynamik bei Arnold Schönberg. Nach langjähriger Tätigkeit als Pfarrer und Religionslehrer in Kaiserslautern, Frankfurt a. M. und München übernahm er 1976 eine eigens für ihn errichtete Professur für experimentelle Musik und Musikwissenschaft an der Hochschule der Künste in Berlin, die er bis 1995 innehatte. Seine theologische Arbeit setzte er als Prediger an der Johann-Sebastian-Bach-Kirche und an der St.-Annen-Kirche in Berlin fort. Seine musikwissenschaftlichen Publikationen behandeln Themen, die von Bach über Beethoven, Schubert, Schumann, Wagner, Mahler und Debussy bis zu Cage und Kagel reichen.

Im umfangreichen musikalischen Werk Schnebels versammeln sich maßgebliche ästhetische, politische und religiöse Tendenzen des 20. Jahrhunderts. Dabei kommt es immer wieder zur Überschneidung und spannungsvollen Integration dieser Momente. Paradigmatisch dafür steht Schnebels großes Werk „Missa“ (1988), das dem Andenken der Bekennenden Kirche, insbesondere Martin Niemöllers, Dietrich Bonhoeffers und Karl Barths gewidmet ist und in der Dahlemer Jesus-Christus-Kirche, der Kirche Niemöllers, uraufgeführt wurde. Dabei machte Schnebel von einer ökumenischen Perspektive ganz eigenen Zuschnitts Gebrauch, sofern er Elemente unterschiedlicher christlicher Kirchenmusik auch mit synagogaler Musik verband.

Dieter Schnebel hat die Musik der Avantgarde maßgeblich mitbestimmt. Er war seit 1991 Mitglied der Akademie der Künste Berlin sowie der Freien Akademie der Künste Leipzig und der seit 1996 Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

Der Fachbereich Evangelische Theologie gedenkt seiner in Ehrerbietung und Dankbarkeit. Möge Gott alle trösten, die um ihn trauern.