Hauptinhalt

Vorstellung des Arbeitskreises

Von ihren Ursprüngen im christlichen Kultus bis zur Suche nach zeitgemäßen Formen in der Gegenwart: Die Predigt hat im Christentum seit jeher eine besondere Bedeutung. Auch in der Form der Lesepredigt stellt sie eine weit rezipierte Gattung dar, die bis zur Gegenwart durch Predigtbände vielfältig aufgegriffen und publiziert wird.

Während die Analyse von Predigten in der Praktischen Theologie ihren festen Ort im Rahmen der Homiletik besitzt und auch die Erforschung der Predigt
als historische Quelle in der Kirchengeschichte seit einigen Jahren intensiviert wird, ist die Predigt von der Systematischen Theologie bisher noch kaum in den Blick genommen worden.

Predigten aus systematisch-theologischer Perspektive zu erschließen, erscheint indes nicht allein aufgrund ihrer breiten Rezeption und des hohen Stellenwertes, den die Verfasser*innen ihnen beigemessen haben, gewinnbringend zu sein. Systematisch-theologisch bedeutsam ist die Predigt, weil sie als fluide Gattung ein facettenreiches Experimentierfeld darstellt, das anderen Bedingungen unterliegt als etwa die Gattung der Dogmatik. Aus ihrer an der Lebenswirklichkeit orientierten, erbaulichen Ausrichtung heraus verfolgen Predigten zudem gegenüber dezidiert theoretischen Abhandlungen, die sich an das theologische Fachpublikum richten, abweichende und aufschlussreiche Plausibilisierungsstrategien.

Die Untersuchung von Predigten steht vor einigen methodischen Herausforderungen.
Schon gattungstheoretisch nimmt die Predigt einen eigenen Rang ein:
Sie bewegt sich zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Sie trägt narrative Züge, ist aber auch durch rhetorische Elemente gekennzeichnet. Aufgrund der Redesituation, die sich aus der liturgischen bzw. kasualen Einbettung ergibt, unterscheiden sich außerdem die Rezeptionsbedingungen von tatsächlich gehaltenen Predigten und Lesepredigten erheblich.

Aus der Perspektive der Systematischen Theologie sind weitere Aspekte zu problematisieren. So stellt sich etwa die Frage nach dem Verhältnis von Predigt und Dogmatik resp. Ethik oder nach der Relation von ästhetischer Gestalt und theologischem Gehalt einer Predigt. Weder gängige literatur- und kulturwissenschaftliche Instrumentarien noch homiletisch-orientierte Analyseverfahren sind hier ohne Weiteres anwendbar.

Um den skizzierten Herausforderungen zu begegnen, entwickeln die Mitwirkenden des Arbeitskreises in ihren Forschungsprojekten jeweils eigene Analyseansätze.
Die in den einzelnen Forschungsvorhaben behandelten Predigten reichen von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert (siehe Angaben zu den
Mitwirkenden). In regelmäßigen Treffen, die für alle Interessierten offen sind, werden die Ansätze gemeinsam diskutiert und an konkreten Predigten erprobt. Prägend für das systematisch-theologische Erkenntnisinteresse ist dabei auch die Interdisziplinarität der Zugriffe. Diese erweitern den systematisch-theologischen Ansatz, indem sie eine Einordnung in historische Kontexte erlauben und den inneren Reichtum von Predigten aufzeigen.