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12.08.2009

Praxisbezogenes Studium

Marburger Friedensforscher kooperieren mit ugandischen Friedensforschern

Einblicke in internationale Konflikte direkt vor Ort – das ist einer der Pluspunkte im Marburger Studium der Friedens- und Konfliktforschung: Durch die Kooperation mit der Makerere Universität Kampala in Uganda konnten sich nun 14 Marburger Studierende der Friedens- und Konfliktforschung, vornehmlich aus dem Masterstudiengang, ein eigenes Bild machen vom Problembereich „Entwicklungszusammenarbeit und Konflikte: Deutsche und ugandische Wahrnehmungen“. In einer zwölftägigen Studienreise, gefördert durch den Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) sowie dem Zentrum für Konfliktforschung, studierten die Marburger gemeinsam mit ugandischen Kommilitonen die Konfliktkonstellationen im Norden Ugandas und die derzeitigen Herausforderungen der Friedensentwicklung, unter anderem indem sie Partnerorganisationen des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) im nördlichen Uganda und ein Projekt der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) besuchten.

So erhielten die Studierenden einerseits umfangreiche Einblicke in die Strategien und Herausforderungen der Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung auf unterschiedlichen Ebenen, und andererseits erfuhren sie durch Interviews mit Studierenden, Projektmitarbeitern und Schülern über gesellschaftliche und individuelle Probleme, die mit den gewaltsamen Konflikten in direktem oder indirektem Zusammenhang stehen.

Gedske Messell, Friedensfachkraft in der DED Partnerorganisation Life Concern (LiCo) in Paidha, im Gespräch mit einer Gruppe ugandischer und deutscher Studierender.
„Als besonders fruchtbar und erfolgreich für das Projekt war hierbei die Zusammensetzung der Interviewteams aus deutschen und ugandischen Studierenden“, sagt Sina Schüssler, die zusammen mit Carla Schraml (Institut für Soziologie und Zentrum für Konfliktforschung) die Projektstudie wissenschaftlich betreute. Die ugandischen Studierenden seien auf Grund ihrer Kenntnisse der lokalen Situation und häufig auch der lokalen Sprache in der Lage detaillierte Nachfragen zu stellen und die Aussagen der Interviewten in einen größeren Kontext einzuordnen. Die deutschen Studierenden hätten dagegen in den Interviews sehr gelungen ihre Außenperspektive einbringen können, so Schraml.

Schon drei Wochen später erfolgte der Gegenbesuch der ugandischen Studierenden (15. bis 27. Juli 2009), um die Ergebnisse des Ugandaaufenthaltes mit Vertretern staatlicher Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit (Deutscher Entwicklungsdienst, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gruppe Friedensentwicklung sowie Auswärtiges Amt) zu diskutieren. „Dadurch wurden die Ergebnisse der in Uganda geführten Interviews in einen größeren Kontext von Konzepten zur Friedensförderung und Krisenprävention eingeordnet sowie Handlungsempfehlungen erarbeitet“, erklärt Schüssler.

Darüber hinaus wurde die Reise nach Marburg, Berlin und Bonn für die interkulturelle Kommunikation genutzt: So hatte jeder Studierende aus Kampala ein Austauschpartner aus Marburg, der ihm unter anderem einen Übernachtungsplatz in Marburg zur Verfügung stellte. „Diese Zuordnung war ein großer Gewinn für beide Seiten und hat die Integration in der Gruppe maßgeblich gefördert“, sagt Schraml. Die deutschen Studierenden nahmen gemeinsam mit den ugandischen Studierenden an allen Programmpunkten teil, erarbeiteten zusammen die Ergebnisse und diskutieren diese mit den Vertretern der verschiedenen Organisationen. Auch die private Einladung am Wochenende in das Elternhaus von Sina Schüssler förderte das Verständnis der ugandischen Studierenden, indem sie ein typisch deutsches Haus und Leben kennenlernen konnten.

Während ihres Deutschlandaufenthaltes lernte die ugandischen Studierenden auch die problematische deutsche Vergangenheit (Nationalsozialismus, DDR) kennen und den „deutschen“ Umgang damit. Abschließend wurden von beiden (der deutschen wie der ugandischen) Seite Interesse bekundet, die Kooperation auf verschiedenen Ebenen fortzuführen. „Die Studierenden werden eine yahoo-Gruppe einrichten, um einen inhaltlichen Austausch zu verschiedenen Themen, aber vor allem zu Friedenssicherung und Umgang mit Vergangenheit in Uganda, zu befördern“, freuen sich die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Schüssler und Schraml. Das Zentrum für Konfliktforschung in Marburg wie auch der Masterstudiengang der Makerere Universität bekundeten Interesse an einer offiziellen Kooperation, die den Austausch von Studierenden und Angestellten genauso vorsieht wie gemeinsame inhaltliche Projekte.

Weitere Informationen

Sina Schüssler M.A.
Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg
Tel. +49 64 21 / 28-24377
sina.schuessler@staff.uni-marburg.de
http://www.uni-marburg.de/konfliktforschung