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Teilprojekt B03
Konfessionelle Minderheiten als Problem von Sicherheit in der Frühen Neuzeit

1. Förderphase (2014-2017)

Der Forschung des Teilprojekts liegt die Annahme zugrunde, dass konfessionelle Minderheiten und Konfessionskonflikte nicht von sich aus eine Sicherheitsbedrohung waren, sondern erst im Zuge diskursiver Prozesse unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Sicherheitsthema wurden. Demnach gab es konkrete Akteure, die ein Interesse daran hatten, die Auseinandersetzungen unter dem Aspekt „Sicherheit“ zu thematisieren, sie also im Sinne des Sonderforschungsbereichs zu versicherheitlichen.

Das Konzept der Versicherheitlichung wird als historische Analysekategorie im Rahmen des Teilprojektes an zwei historische Fallbeispiele angelegt. Arbeitsvorhaben I (Wenzel) beschäftigt sich mit den Religionskriegen im Frankreich des 16. Jahrhunderts, Arbeitsvorhaben II (Fink) mit Polen-Litauen im 16. und 17. Jahrhundert. Anhand dieser Fallbeispiele wird jeweils untersucht, welche Akteure unter welchen Bedingungen und mit welchen Zielvorstellungen Versicherheitlichungsprozesse auf den Weg brachten oder durchsetzten und welche Folgen dies für den Konfliktverlauf bzw. die Konfliktbeilegung hatte. Dabei spielt auch die Frage nach Sicherheitsdilemmata eine Rolle, Situationen also, in denen durch die Versicherheitlichung der Konflikte bzw. Versuche der SIcherheitsproduktion nicht etwa ein mehr an Sicherheit, sondern im Gegenteil neue Sicherheitsrisiken geschaffen wurden. Daraus ergeben sich Fragen insbesondere zum Verhältnis von Religion bzw. Theologie und primär politisch gedachten Handlungsoptionen, etwa in Form eines Wandels von einer endzeitlichen Heilserwartung hin zu politisch (und ggf. auch militärisch) durchzusetzenden Zukunftsentwürfen, und zwar gleichermaßen auf Seiten der Minderheiten selbst als auch auf Seiten staatlicher Akteure.

Das Teilprojekt beschäftigt sich zudem mit dem wechselseitigen Zusammenspiel von innergesellschaftlicher und äußerer Sicherheit, da Minderheiten vielfach als Auslöser für Interventionen ausgemacht oder aber als Argument für eine Intervention benutzt wurden. Anhand einer Analyse von Versicherheitlichungsprozessen in Frankreich und Polen-Litauen im 16. und 17. Jahrhundert nimmt das Teilprojekt die Sicherheitsgeschichte konfessioneller Minderheiten folglich von zwei Seiten her in den Blick: Zum einen ermöglicht der Ansatz es, die Thematisierung von Minderheiten als Sicherheitsrisiko innovativ zu analysieren, zum anderen kann der Frage nachgespürt werden, welche spezifischen Sicherheitsbedürfnisse konfessionelle Minderheiten selbst hatten bzw. äußerten, wobei auch die Frage nach den situativen Semantiken von „Sicherheit“ (bzw. „sûreté“, „obwarowanie“) gestellt wird. Dabei löst sich das Teilprojekt zwangsläufig von der etatistischen Perspektive des Versicherheitlichungsansatzes insbesondere der sog. Copenhagen-School, da Versicherheitlichungsprozesse auf Seiten konfessioneller Minderheiten eben nicht nur vom Staat ausgingen, sondern auch, und in weit höherem Maße, von der konfessionellen Minderheit selbst, und somit also von nicht-staatlichen Akteuren.

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