31.10.2019 Aufeinander abgestimmt: Lerninhalte und Prüfungen

nexus-Tagung an der Philipps-Universität widmete sich Prüfungsformaten

Foto vom Streitgespräch in der Alten Universität Marburg
Foto: HRK – Projekt nexus
Ein Streitgespräch zum Thema „Kompetenzorientiertes Prüfen zwischen Berufsfeldbezug und Wissenschaftsorientierung“ bildete den Auftakt der nexus-Tagung

Gute Lehre geht Hand in Hand mit sinnvoll auf die Lerneinheiten abgestimmten Prüfungsformaten. Über die Gestaltung dieser Formate haben sich über 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der nexus-Tagung „Prüfungen gestalten – Kompetenzen abbilden“ vom 29. bis 30. Oktober 2019 ausgetauscht. Die Tagung wurde vom Projekt nexus der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Zusammenarbeit mit der Philipps-Universität Marburg veranstaltet und gab unter anderem theoriegeleitete Inputs sowie Anregungen für innovative Prüfungsformate.

„Bei Studierenden ist das Thema Prüfungen in der Regel negativ besetzt, häufig sogar mit Ängsten verbunden. Aber auch Hochschulleitungen, Lehrende oder Studiengangskoordinatorinnen und -koordinatoren stehen oft vor Herausforderungen“, sagt Astrid Bendix von der Stabsstelle Qualitätspakt Lehre der Philipps-Universität, die die Tagung auf Marburger Seite koordiniert hat. Mit der Ausgestaltung von Prüfungen sind viele Fragestellungen verbunden. Prüfungen beeinflussen maßgeblich, was und wie die Studierenden lernen. Was genau soll geprüft werden? Wie soll geprüft werden? Welche Bewertungskriterien werden angesetzt? Wie bewege ich mich rechtlich auf sicherem Terrain? „Nicht zuletzt hat die Kompetenzorientierung in der Lehre mit der Umsetzung der Bologna-Reform ein immer größeres Gewicht bekommen. Hochschulen müssen Prüfungen so gestalten, dass sie diesen Anspruch erfüllen“, sagt Bendix. Anstatt die gelehrten Inhalte abzuprüfen, müssen Hochschulen seit der Umstellung auf das Bachelor-/Master-System also prüfen und beurteilen, welche Kompetenzen die Studierenden nach Abschluss einzelner Module erworben haben. „Lehre bedeutet nicht mehr die bloße Abbildung der Inhalte eines Fachgebiets sondern den Erwerb fachbezogener und überfachlicher Kompetenzen – ein zentraler Aspekt, dem sich die Tagung widmete“, sagt Bendix.

Nach der offiziellen Eröffnung durch Prof. Dr. Katharina Krause, Präsidentin der Philipps-Universität, leiteten Prof. Dr. Wolfgang Meseth, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Schulpädagogik, sowie Prof. Dr. Malte Schwinger und Dr. Jost Stellmacher vom Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität die Tagung mit einem Streitgespräch zum Thema „Kompetenzorientiertes Prüfen zwischen Berufsfeldbezug und Wissenschaftsorientierung“ ein. Einig waren sich die Diskutanten, dass das Definieren und Messen von Kompetenzen an einem Lernziel festgemacht und in der Lehre widergespiegelt werden soll. Dabei unterliegen die Kompetenzen jedoch auch einer dynamischen Entwicklung – welche Kompetenzen werden in einer zukünftigen Welt erwartet, welche Änderungen entstehen durch den Wandel von Hochschullandschaft und Berufswelt? Insbesondere die Universitäten befinden sich mit dem Auftrag, sowohl für den wissenschaftlichen als auch für einen außeruniversitären Arbeitsmarkt zu bilden, in einem großen Spannungsfeld. Die Fragen wurden intensiv auf dem Podium sowie mit dem Publikum diskutiert. Im Anschluss wurden in zahlreichen Workshops verschiedene Fragestellungen erörtert und Erfahrungen ausgetauscht.

Prof. Dr. Evelyn Korn, Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Universität Marburg, diskutierte in ihrem Workshop das innovative Prüfungsformat des Peer-Review-Verfahrens. Korn engagiert sich beständig für die Weiterentwicklung der kompetenzorientieren Lehre an der Philipps-Universität und hat ein medial gestütztes Peer-Review-Verfahren am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften implementiert – ein Format, für das sie 2018 mit dem Ars legendi-Preis für exzellente Lehre ausgezeichnet wurde. Im Peer-Review-Verfahren lernen die Studierenden, Texte von anderen Studierenden und Ihre eigenen Texte anhand zuvor festgelegter Kriterien zu bewerten. Ein kompetenzorientiertes Prüfungsformat, das die Studierenden direkt in die Anwendungssituation bringt, kritische Denkfähigkeit sowie den Umgang mit Kritik fördert und sich damit deutlich von den klassischen Methoden wie Klausur, Vortrag oder Hausarbeit abhebt.

Auch die Möglichkeiten und Chancen des Einsatzes digitaler Medien bei Prüfungen waren Thema der Tagung. Projektkoordinatorin Sophia Hercher gab einen Einblick in die Themenfelder der „Zukunftswerkstatt für digital gestützte Hochschullehre“ an der Universität Marburg. Hercher und ihr Team unterstützen Lehrende dabei, die Vorteile digitaler Werkzeuge in ihren Lehralltag mit einzubeziehen – durch persönliche Beratung, Workshops, individuelle Bedarfsanalysen und praktische Hilfe bei der Umsetzung.

Als Vorbild für Modulprüfungen stellte Dr. Eva Christina Stibane den medizinischen Prüfungsparcours des Marburger Interdisziplinäre Skills Lab (MARIS) am Dr. Reinfried Pohl-Zentrum für medizinische Lehre der Philipps-Universität vor. Im MARIS kommen sowohl computergesteuerte Simulatoren als auch Schauspielerinnen und Schauspieler als Simulationspatientinnen und -patienten zum Einsatz. Im „Klinikzimmer“, „OP-Saal“, „Praxis- und Behandlungszimmer“, „Intensivzimmer“ und im „Hausbesuch“ können die zukünftigen Ärztinnen und Ärzte ihre zukünftigen Tätigkeiten realitätsnah üben. Insgesamt gab es zwölf Workshops, die von verschiedenen Aktionen umrahmt wurden.

Beim Disqspace konnten zahlreiche Ideen für neue Prüfungsformate mit einem rotierenden Publikum diskutiert werden. Ein „stummer Dialog“ mit anschließendem Austausch am 30. Oktober fasste die Eindrücke der Tagung szenisch zusammen. „Die Tagung hat gezeigt, wie vielfältig Prüfungen als unterstützendes Element guter Lehre eingesetzt werden können. Ich bin beeindruckt, mit welchem Einsatz Lehrende an der Weiterentwicklung dieser gemeinsamen Aufgabe arbeiten,“ resümiert Korn die Ergebnisse der beiden Tage.

Hintergrund Projekt nexus

Die HRK unterstützt die deutschen Hochschulen seit vielen Jahren bei der Gestaltung der Europäischen Studienreform. Das Projekt "nexus - Übergänge gestalten, Studienerfolg verbessern“ unterstützt seit 2014 bei der Weiterentwicklung der Studienprogramme und dem Ausbau der Studienqualität. https://www.hrk-nexus.de/

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