13.03.2019 Stoffwechsel mal anders: Ein Pilz auf Abwegen

Team aus der Marburger Pharmazie klärte Naturstoffsynthese bei Tiefsee-Schimmelpilz auf

AG Li
Foto: Sabine Burgers
Der Marburger Pharmazieprofessor Dr. Shu-Ming Li (Mitte) und sein Team klärten wichtige Stoffwechselreaktionen eines Schimmelpilzes aus der Tiefsee auf.

Manchmal geht es ganz spontan: Der Schimmelpilz Penicillium crustosum kombiniert enzymfreie Reaktionsschritte mit Enzymreaktionen, um Schlüsselbausteine seines Stoffwechsels herzustellen. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Marburg und Peking in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of the American Chemical Society“.

Naturstoffe aus Mikroorganismen wie Bakterien und Pilzen dienen als Arzneimittel, außerdem eignen sie sich für die Lebensmittelproduktion sowie für die Anwendung in der chemischen Industrie. Der Marburger Pharmazeut Professor Shu-Ming Li und seine Arbeitsgruppe untersuchten Penilaktone, das sind seltene Stoffwechselprodukte des Schimmelpilzes Penicillium crustosum, der in der Tiefsee lebt. „Welche Enzyme daran beteiligt sind, die Naturstoffe schrittweise herzustellen, war bislang nicht bekannt“, erklärt Shu-Ming Li.

Die untersuchten Substanzen bestehen aus zwei Bausteinen. Das Forschungsteam stieß auf überraschende Ergebnisse, als es die Herstellung dieser Bausteine untersuchte: Denn anders als bei den meisten anderen Naturstoffen liegen die erforderlichen Erbinformationen auf zwei Abschnitten des Pilzgenoms.

Das Team klärte auf, wie der Pilz einen der beiden Bausteine erzeugt, indem er eine Vorstufe abbaut. Die Forschungsgruppe ermittelte auch, welche Enzyme dies bewerkstelligen.

Aber die Zelle benötigt nicht für alle Reaktionsschritte Enzyme, etwa bei der Verknüpfung der beiden Bausteine: Hierbei treten auch nicht-enzymatische Reaktionen auf, die zur Entstehung der Endprodukte entscheidend beitragen. „Dieses Beispiel zeigt, dass nicht-enzymatische und spontane Reaktionen auch bei der Entstehung von komplexen Naturstoffen eine wichtige Rolle spielen“, hebt Li hervor.

Professor Dr. Shu-Ming Li lehrt Pharmazeutische Biologie an der Philipps-Universität Marburg. Neben seiner Arbeitsgruppe beteiligte sich an der Studie auch Professor Dr. Wen-Bing Yin von der chinesischen Akademie der Wissenschaften, ein ehemaliger Marburger Doktorand. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie die chinesische Förderorganisation NSFC unterstützten die zugrunde liegende Forschungsarbeit finanziell.

Originalveröffentlichung: Jie Fan, Ge Liao & al.: Peniphenone and Penilactone Formation in Penicillium crustosum via 1,4-Michael Additions of ortho-Quinone Methide from Hydroxyclavatol to γ-Butyrolactones from Crustosic Acid, Journal of the American Chemical Society 10/141 (2019), S. 4225-4229, DOI: 10.1021/jacs.9b00110,
URL: https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/jacs.9b00110