24.01.2022 Enzym erweitert bei Naturstoffsynthese seine Funktion

Team aus der Marburger Pharmazie und Chemie klärte komplizierten Stoffwechselweg auf

Lauritz Harken führte in der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Shu-Ming Li Experimente durch, um die Bildung neuentdeckter Naturstoffe aufzuklären.
(Foto: Lauritz Harken)
Foto: Lauritz Harken
Lauritz Harken führte in der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Shu-Ming Li Experimente durch, um die Bildung neuentdeckter Naturstoffe aufzuklären.

Man wächst mit seinen Aufgaben: Um einen bislang unerforschten Naturstoff herzustellen, erfüllt ein altbekanntes Enzym eine vormals unbekannte Funktion. Das hat ein Team aus der Marburger Pharmazie und Chemie herausgefunden, als es untersuchte, wie Bakterien bestimmte Kohlenstoffverbindungen bilden. Die Forschungsgruppe um den Pharmazeuten Professor Dr. Shu-Ming Li berichtet im Fachblatt „ACS Catalysis“ über die Ergebnisse.

„Pilze und Bakterien erzeugen Naturstoffe mit interessanten Eigenschaften“, sagt Shu-Ming Li, der die Forschungsarbeit leitete; „darunter befinden sich Cyclodipeptide, die zum Beispiel gegen Pilze und Bakterien oder sogar gegen Tumore wirken.“ Cyclodipeptide besitzen ein stabiles Rückgrat, das aus zwei Aminosäuren besteht. Durch spezielle Enzyme lässt sich dieser Grundbauplan abwandeln. Wie das im Detail abläuft, war bislang unbekannt.

Das Team nahm eine Gruppe dieser Moleküle unter die Lupe, nämlich die Guanitrypmethine. Welche Enzyme sind an der Biosynthese dieser Verbindungen beteiligt? Um dies herauszufinden, ließ die Forschungsgruppe die Enzyme durch einen Modellorganismus herstellen, nämlich das Bakterium Streptomyces albus. Das Team fand heraus: Die Schlüsselreaktion wird von zwei Enzymen durchgeführt, die zu ganz unterschiedlichen Proteinfamilien gehören.

„Durch unsere Untersuchungen entdeckten wir, dass ein altbekanntes Enzym hier eine bislang unbekannte Funktion erfüllt“, berichtet Lis Doktorand Lauritz Harken, der Leitautor des Fachaufsatzes. Das Team charakterisierte das Enzym daraufhin biochemisch bis in seine Details; außerdem berechnete die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Robert Berger aus der Theoretischen Chemie der Philipps-Universität, in welchen Energiezuständen die Zwischenprodukte vorliegen, die bei der Bildung der Naturstoffe in der Zelle entstehen.

Professor Dr. Shu-Ming Li lehrt Pharmazeutische Biologie an der Philipps-Universität Marburg. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie das Stipendienprogramm „China Scholarship Council“ des chinesischen Bildungsministeriums unterstützten die Forschungsarbeit finanziell.

Originalveröffentlichung: Lauritz Harken & al.: Biosynthesis of Guatrypmethine C Implies Two Different Oxidases for exo Double Bond Installation at the Diketopiperazine Ring, ACS Catalysis 2022 12 (1), 648-654, DOI: 10.1021/acscatal.1c04609