27.05.2022 „Jüdisches Leben ist gegenwärtig, selbstverständlich und ein Teil von Marburg“

Ausstellung im Rathaus und virtuelle Synagoge sind eröffnet

Foto der Ausstellung
Foto: Patricia Grähling
Persönliche Gegenstände, persönliche Geschichten und digitale Inhalte: Die Ausstellung zum jüdischen Leben in Marburg beleuchtet verschiedene Aspekte.

Was ist Teil der jüdischen Kultur? Und was verbinden Marburger Jüd*innen ganz persönlich mit ihrer Religion? Zum Stadtjubiläum „Marburg800“ hat die Universitätsstadt Marburg gemeinsam mit der Religionskundlichen Sammlung der Philipps-Universität nun die Ausstellung „Jüdisches Leben in Marburg: Erinnern schafft Identität“ im Rathaus eröffnet. Geöffnet ist ab sofort auch die virtuelle alte Synagoge aus dem 14. Jahrhundert. Diese kann mit VR-Brillen am Markt 23 besucht werden. 

Foto von Thomas Spies
Foto: Patricia Grähling
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies eröffnet die Ausstellung „Jüdisches Leben in Marburg: Erinnern schafft Identität“ im Rathaus und die virtuelle Synagoge.

„Jüdisches Leben in unserer Stadt ist bunt und vielschichtig. Das zeigt die neue Ausstellung mit Gegenständen, die für Marburger Jüd*innen Alltag in der Gegenwart bedeuten“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zur Eröffnung der Ausstellung im Rathaus. „Aber warum machen wir jüdisches Leben in der Gegenwart so sichtbar? Weil wir keine Sekunde darüber hinwegsehen wollen, wie verwundbar jüdisches Leben auch heute noch ist. Deswegen machen wir deutlich, wie gegenwärtig, selbstverständlich und wie sehr ein Teil von uns das jüdische Leben in Marburg ist.“

Foto von Angela Dorn
Foto: Heike Luu

„Es ist unsere Verantwortung, die Voraussetzungen zu schaffen, dass jüdisches Leben sich hier voll entfalten kann“, sagte auch die Hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn. Zwei Dinge seien dazu nötig: Die Bekämpfung von Antisemitismus und die Förderung jüdischen Lebens.

Foto von Thomas Nauss
Foto: Heike Luu
Uni-Präsident Prof. Dr. Thomas Nauss bei der Eröffnung der Ausstellung.

„Dieses Projekt zeigt einmal mehr, wie sehr Uni, Stadt und Stadtgesellschaft kulturell miteinander verbunden sind“, so Uni-Präsident Prof. Dr. Thomas Nauss. Die Ausstellung zeige Menschen in ihrer Lebenswelt und ihrer religiösen Praxis. „Erinnerungsstücke sind vielleicht der persönlichste Zugang zu der Geschichte der Menschen.“ Das bestätigten auch die Kuratorinnen Dr. Susanne Rodemeier und Alisha Meininghaus, die die Interviews mit neun ganz unterschiedlichen Mitgliedern der jüdischen Gemeinde für die Ausstellung geführt haben. „Das Objekt als Gesprächseinstieg war optimal. Wir haben dann Gespräche führen dürfen, die von Vertrauen getragen waren.“ Viele Stunden seien über diese Interviews ins Land gegangen. „Sie haben uns die Möglichkeit gegeben zu verstehen, was es im Alltag bedeutet, jüdisch zu sein“, bedankte Rodemeier sich. Die Ausstellung mache nun die Geschichte hinter einem Schachbrett oder einer Wanduhr erfahrbar, ergänzte Meininghaus.

Die Ausstellung eröffneten Stadt und Uni gemeinsam mit den Familien und Freund*innen der neun Befragten sowie mit Eva Claudia Scholtz, Geschäftsführerin der Hessischen Kulturstiftung, mit Polina Solovej, der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Marburg und mit Prof. Dr. Edith Franke, Professorin für allgemeine und vergleichende Religionswissenschaft und Leiterin der Religionskundlichen Sammlung.

Eröffnet wurde mit der Ausstellung auch ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk: Die Firma Inosoft hat zum Stadtgeburtstag „Marburg800“ die alte Synagoge am Obermarkt aus dem 14. Jahrhundert virtuell nachgebildet – und lädt nun dazu ein, sie mit VR-Brillen zu besuchen. Auf der Grundlage von alten Zeichnungen, Fotos der Ausgrabungsstätte und Hinweisen von Historiker*innen wurde das Gebäude maßstabsgetreu so nachempfunden, dass es mit einer Datenbrille nahezu real erlebbar ist. Die Brillen gibt es ab Ende Mai am Markt 23 in der Ausstellung „Stadtgeschichte*n“ während der Öffnungszeiten Donnerstag bis Montag von 15 bis 19 Uhr bereit. Die Nutzung ist kostenlos. Weitere Orte, an denen die VR-Brillen ausprobiert werden können, werden hinzukommen. Auch beim Tischlein-deck-dich auf der gesperrten Stadtautobahn am 5. Juni sind die VR-Brillen zum Testen dabei.

Die Ausstellung „Jüdisches Leben in Marburg: Erinnern schafft Identität“ ist während der Öffnungszeiten des Rathauses, montags bis mittwochs von 7 bis 16 Uhr, donnerstags von 7 bis 18 Uhr und freitags von 7 bis 12.30 Uhr zu sehen. Führungen finden dienstags um 12 Uhr statt. Der Eintritt ist frei.

„Jüdisches Leben in Marburg: Erinnern schafft Identität“ im Rathaus ist eine der zentralen Ausstellungen zum Stadtjubiläum. Sie ist vom 24. Mai bis 24. August zu sehen. Die Ausstellung gibt anhand von Objekten, Fotos, Interviewausschnitten und Audiomaterialien Einblick in Lebensgeschichten und die gelebte Vielfalt des Judentums in Marburg. Entstanden ist die Ausstellung unter inhaltlicher Federführung der Religionskundlichen Sammlung der Universität.

Weitere Informationen zur Ausstellung unter uni-marburg.de/NoSAv und zur Besichtigung der „Virtuellen Synagoge“ auf der Jubiläumshomepage www.marburg800.de.