05.12.2023 Hohe Auszeichnung für Marburger Nachwuchsforscher

EMBO Young Scientist Award 2023 geht an Jan Schuller und Georg Hochberg

Dr. Jan Michael Schuller von der Philipps-Universität Marburg ist zusammen mit Dr. Georg Hochberg Träger des EMBO Young Scientist Award 2023. Foto: Sandra Schuller
Dr. Jan Michael Schuller von der Philipps-Universität Marburg ist zusammen mit Dr. Georg Hochberg Träger des EMBO Young Scientist Award 2023.

Herausragende naturwissenschaftliche Talente in der Aufbauphase ihrer wissenschaftlichen Karriere fördert die European Molecular Biology Organization (EMBO) mit dem Young-Investigator-Programm (YIP). In diesem Jahr geht die hochkarätige Auszeichnung an zwei Forscher des Max-Planck-Instituts und der Philipps-Universität Marburg: Dr. Georg Hochberg und Dr. Jan Michael Schuller. Beide arbeiten stark interdisziplinär, an den Grenzbereichen von Molekularbiologie, synthetischer Biologie und Biochemie. 

„Unsere Nachwuchsforscher zeigen exemplarisch die Stärke eines interdisziplinären wissenschaftlichen Umfelds auf, wie wir es am Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) der Universität Marburg mit unseren Partnern aufgebaut haben. Hier entstehen Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit und Lösungen für die Herausforderungen von morgen im Bereich der Mikroorganismen. Ich gratuliere den beiden sehr herzlich“, sagt Prof. Dr. Gert Bange, Vizepräsident für Forschung der Philipps-Universität Marburg.

EMBO-Preisträger Dr. Georg Hochberg arbeitet in Marburg. Foto Georg Hochberg: MPI Marburg/Chris Kettner
Foto: MPI Marburg/Chris Kettner
EMBO-Preisträger Dr. Georg Hochberg arbeitet als Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut in Marburg.

Dr. Georg Hochberg ist Max-Planck-Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Er erforscht die Evolution von Proteinkomplexen an der Schnittstelle zwischen experimenteller Biochemie und Evolutionsbiologie. Proteine sind als die Grundbausteine des Lebens an praktisch jedem Prozess in der Zelle beteiligt. Gleichzeitig sind sie die komplexesten Makromoleküle und besitzen eine überwältigende Vielfalt. Aber wie hat die Natur diese Vielfalt geschaffen? Georg Hochberg und sein Team verwenden statistische Methoden, um die Sequenzen von Proteinen zu berechnen, die zuletzt vor Millionen oder sogar Milliarden von Jahren existierten. Anschließend synthetisieren sie diese Protein-Vorfahren im Labor und untersuchen experimentell, welche Arten von Komplexen sie bilden. „Wir wollen verstehen, wie die Evolution gelernt hat, die schwierigsten biochemischen Probleme zu lösen, um mit diesem Verständnis neue Lösungen für die Gegenwart zu schaffen, zum Beispiel effizientere CO2 Fixierung. Die Unterstützung durch EMBO ermöglicht es, uns besser zu vernetzen und noch tiefer in die molekulare Geschichte der Zelle einzutauchen – auch zusammen mit der ebenso ausgezeichneten Gruppe von Jan Schuller,“ sagt Dr. Georg Hochberg.

Der Emmy-Noether Gruppenleiter Dr. Jan Michael Schuller untersucht am Fachbereich Chemie der Philipps-Universität Bakterien und ihre Enzymausstattung. Er klärte auf, wie enzymatische „Nano-Drähte“ eine überraschend effiziente Umsetzung von CO2 ermöglichen. Damit legt er den Grundstein für eine künftige biotechnologische Produktion von Kohlenstoffverbindungen aus atmosphärischem CO2. Eine vielversprechende biologische Lösung, um den hohen CO2-Gehalt in der Atmosphäre zu verringern, ist das Recycling von Kohlenstoff mit Hilfe acetogener Bakterien. Diese Mikroorganismen können CO2 in großen Industrieanlagen fixieren – und daraus Bio-Kraftstoffe und recycelte Kohlenstoffverbindungen produzieren. Ihr Stoffwechsel ist jedoch noch ein großes Rätsel, an dessen Erforschung Schuller arbeitet. Die verschiedenen – nicht unbedingt miteinander verwandten, aber immer ohne Sauerstoff lebenden – acetogenen Bakterien nutzen einen speziellen Stoffwechselweg. Sie stellen Acetat (Essigsäure-Salz) her, das sie zur Atmung verwenden, wie andere Lebewesen Sauerstoff. Vermutlich ist dies der älteste biochemische Stoffwechselweg auf der Erde: Aus CO2 und Wasserstoff, die bereits auf der frühen Erde vorhanden waren, bilden die Bakterien organische Verbindungen, also „lebende Materie“. Schullers Gruppe hat begonnen, die einzelnen enzymatischen Schritte, die dafür notwendig sind, aufzuklären. 

„Ich bin begeistert darüber, dass das EMBO Young Investigator Programm uns die Gelegenheit bietet, unsere Erkenntnisse darüber, wie diese evolutionär alten Organismen am thermodynamischen Limit des Lebens überleben können, einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Ich glaube fest daran, dass die uralten Organismen auf unserem Planeten einige der Werkzeuge und Strategien besitzen, die wir benötigen, um die Herausforderungen unserer Zukunft zu bewältigen, insbesondere den durch menschliche Aktivitäten verursachten Klimawandel,“ sagt Dr. Jan Schuller.

Mit der Aufnahme in das Programm ist ein Preisgeld von je 15.000 Euro verbunden. Zudem können die Forscher in den nächsten vier Jahren auf Antrag jährlich 10.000 Euro Unterstützung für ihre Vorhaben erhalten. Vor allem fördert die EMBO YIP Networking-Aktivitäten, wie Besuch von Kooperationspartner im Ausland oder Reisekosten zu Konferenzen. Ziel ist insbesondere die Förderung der internationalen Vernetzung der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler miteinander. (Pressetext: Dr. Virginia Geisel, MPI)