10.11.2023 Marburger iGEM-Team erneut erfolgreich im internationalen Wettbewerb

Studierende der Philipps-Universität gewinnen Preis für das beste Pflanzenprojekt

Gruppenbild Studierendenteam iGEM 2023
Foto: iGEM2023
Das interdisziplinäre Studierenden-Team aus Marburg war erfolgreich beim iGEM-Wettbewerb 2023.

Mit ihrem Projekt „Rhizogene“ haben 13 Studierende unterschiedlicher Fachdisziplinen der Philipps-Universität Marburg eine Schlüsseltechnologie für die moderne Pflanzenzüchtung maßgeblich weiterentwickelt und erhielten dafür den Preis für das beste Pflanzenprojekt beim iGEm-Wettbewerb. In diesem Jahr haben über 400 Teams von Universitäten aus der ganzen Welt an dem Wettbewerb der Synthetischen Biologie teilgenommen und sind Anfang November 2023 zum Finale in Paris zusammengekommen.

Die „international Genetically Engineered Machine (iGEM) competition“ ist ein internationaler Wettbewerb für Studierende auf dem Gebiet der synthetischen Biologie. Er wird von der gleichnamigen Stiftung ausgerichtet und verfolgt das Ziel, Studierende zum eigenständigen und innovativen Forschen bereits während ihres Studiums anzuregen. In der synthetischen Biologie bauen Forscherinnen und Forscher vorhandene biologische Bausteine um oder kombinieren Bausteine aus unterschiedlichen Lebewesen neu, um damit besondere biologische Eigenschaften zu entwickeln.

Bodenbakterien der Gattung Agrobakterium übertragen natürlicherweise einen Teil ihrer Erbinformationen auf ihre Wirtspflanzen. In der Natur entstehen dadurch meistens Wucherungen an den Stämmen von Bäumen, wie sie von aufmerksamen Waldspaziergängern oft beobachtet werden können. Vertreter der Agrobakterien werden bereits seit Jahrzehnten für die Pflanzenbiotechnologie genutzt.

Dem Team der Philipps-Universität Marburg ist es nun gelungen, das Einschleusen gezielter genetischer Veränderungen mit Hilfe des Bodenbakteriums Agrobacterium rhizogenes so weiterzuentwickeln, dass diese Technik für eine größere Anzahl von Pflanzenarten nutzbar wird, die z.T. bislang dafür als schwer zugänglich galten. Dem Team gelang z.B. die gezielte Übertragung von Genen auf die Bambaranuss, einer wichtigen Nahrungsquelle im ländlichen Afrika. „Es ist beeindruckend wie unsere Studierenden die Methodik technisch soweit vereinfacht haben, dass Arbeiten unter sterilen Bedingungen und in spezialisierten Laboren nicht mehr nötig sind. Dieser Ansatz hat ein enormes Potential für die Anwendung der Methode in Schwellen- und Entwicklungsländern.“, freut sich Prof. Dr. Gert Bange, Vizepräsident für Forschung der Philipps-Universität. Prof. Dr. Lars Voll fügt hinzu: „Moderne Züchtungsmethoden, die auf der gezielten Veränderung des Erbgutes beruhen, sind essentiell für die dringend benötigte Entwicklung klima-angepasster, ertragsstabiler Nutzpflanzen. Die in unserem Projekt verfeinerte und vereinfachte Methodik zur gezielten Übertragung von Erbeigenschaften stellt einen ganz wichtigen Schritt für die Anpassung tropischer Nutzpflanzen an den Klimawandel dar.“ Der Molekulare Pflanzenphysiologe hat das Team gemeinsam mit der Mikrobiologin Prof. Dr. Anke Becker betreut. Sie betont: „Zudem hat das Marburger Team das Rüstzeug entwickelt, mit dem zukünftig Eichenpflanzen zielgerichtet zu Forschungszwecken verändert werden können. In europäischen Wäldern ist die Eiche eine Schlüsselbaumart. Diese steht im Fokus der durch das hessische LOEWE-Programm und die Deutsche Forschungsgemeinschaft unter Marburger Leitung geförderten Forschungsverbünde Tree-M und PhytOakmeter. Die Pionierarbeit des Marburger iGEM-Teams schafft ganz neue Möglichkeiten in solchen Forschungsprogrammen an heimischen Bäumen die Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen, um die daraus gewonnenen Erkenntnisse für das nachhaltige Management von Wäldern einzusetzen.“

Weiterhin hatte sich das Marburger iGEM-Team auch der Verbesserung des zentralen genetischen Schaltkreises gewidmet, der die Übertragung von Erbinformationen durch das Bodenbakterium steuert.

Das Votum der Fachjury, die den Marburger Wettbewerbsbeitrag als bestes Pflanzenprojekt auszeichnete, fiel letztlich eindeutig aus. Bei der Bewertung im Wettbewerb spielen nicht nur die Forschungsergebnisse eine Rolle. Die Studierenden sind auch angehalten, ihr Projekt und die Synthetische Biologie in der Öffentlichkeit darzustellen und zu diskutieren. Wegweisend waren hier die Erkenntnisse aus der Diskussion mit einer Studentin aus Namibia, die dem Team die Bedürfnisse und Probleme bei der Bewirtschaftung mit lokal angebauten Nutzpflanzen verdeutlichte und den Forschungsansatz maßgeblich inspirierte.

Das Marburger iGEM-Team hat außerdem gemeinsam mit der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) neue Konzepte entwickelt, um Experimente im Bereich der Synthetischen Biologie für sehbehinderte Menschen erleb- und durchführbar zu gestalten, etwa das Arbeiten mit Bakterien, die in Abhängigkeit von den Kulturbedingungen unterschiedliche Duftstoffe produzieren.

Das Team wurde durch das Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO), die Fachbereiche Chemie und Biologie der Philipps-Universität, das Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, von Siemens Healthineers, Geneious Inc., der Von Behring-Röntgen-Stiftung und zahlreichen weiteren Firmen unterstützt.

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