22.06.2018 Parkinson mittels Augenbewegung diagnostizieren

BMBF fördert Forschung zur Diagnoseunterstützung neuropsychiatrischer Erkrankungen im Frühstadium

Foto von Proband mit einem Tablet
Foto: Stefan Dowiasch
Ein Proband führt im Wartezimmer eine Messung der Augenbewegungen mittels Tablet-Computer durch.

Ein im Juni 2018 gestarteter mittelhessischer Forschungsverbund, bestehend aus der Thomas RECORDING GmbH und der Philipps-Universität Marburg, arbeitet darauf hin, die Diagnose neuropsychiatrischer Erkrankungen, wie beispielsweise der Parkinson-Krankheit, mittels eines handelsüblichen Tablets zu ermöglichen. Helfen soll dabei ein Algorithmus, der die Augenbewegungen der Patientinnen und Patienten analysiert. Das Forschungsprojekt wird für die nächsten drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit mehr als einer Million Euro gefördert.

Prof. Dr. Frank Bremmer, Leiter der Arbeitsgruppe Neurophysik am Fachbereich Physik der Universität Marburg, und Prof. Dr. Lars Timmermann, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Marburg, wollen gemeinsam mit Uwe Thomas, Verbundkoordinator und CEO der Thomas RECORDING GmbH, Augenbewegungen als objektive Parameter für die Diagnosestellung zugänglich machen. Dabei wird der Umstand ausgenutzt, dass eine Vielzahl neuropsychiatrischer Erkrankungen subtile aber charakteristische Veränderungen in der Art, wie wir unsere Augen bewegen, aufweisen. Diese können durch spezielle intelligente Algorithmen erkannt werden.

Derzeit beruht die Diagnose von neuropsychiatrischen Erkrankungen im Wesentlichen auf einer Auswertung der Symptomatik oder aufwendigen bildgebenden Verfahren. Nur wenige Kliniken verfügen über die Geräte, um dies flächendeckend leisten zu können. Darüber hinaus erfordern beide Ansätze eine Interpretation der erhobenen Daten durch erfahrene Spezialisten. Objektiv messbare Parameter, wie sie beispielsweise bei anderen Krankheiten mittels eines Bluttests gewonnen werden können, fehlen hingegen oft. Das führt dazu, dass bei Betroffenen die korrekte Diagnose erst mit dem Eintritt der typischen Symptome (z.B. motorische Störungen wie verlangsamte Bewegung oder Tremor, das typische „Zittern“ der Extremitäten) gestellt werden kann. Oft suchen die Patientinnen und Patienten bis dahin mehrere Jahre lang mit unspezifischen Symptomen, wie beispielsweise einer depressiven Verstimmung, verschiedene Ärzte auf.

Das Forscherteam arbeitet nun darauf hin, die Diagnose mittels eines handelsüblichen Tablets und einer speziellen Software zu erleichtern und zu verbessern. Das System soll dann wesentlich früher eine korrekte und individuelle Therapie sowie eine schnelle Auswahl des geeigneten Medikaments und der Dosierung ermöglichen. Damit würden die Nebenwirkungen einer unnötigen Therapie sowie die Kosten einer Fehlbehandlung verringert oder sogar gänzlich vermieden werden.