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Heinrich Schütz am Kasseler Hof

Foto: Wikipedia
Christian Romstet – Portrait Heinrich Schütz

Landgraf Moritz entdeckte das Talent von Schütz, als er auf einer Reise im Gasthof von Schütz’ Vater in Weißenfels übernachtete. Es heißt, er habe den Knaben so lieblich singen hören, dass er den Eltern anbot, dessen weitere Ausbildung in Kassel zu übernehmen, was diese erst nach einem Jahr Zögern annahmen. Zwischen 1599 und 1608 besuchte Schütz die Kasseler Hofschule, in der er eine gründliche und vielseitige Ausbildung erhielt. Nach dem Stimmwechsel arbeitete er als Instrumentalist und Hilfslehrer. Moritz sandte ihn 1608 zum Jurastudium nach Marburg und 1609 zu einem zweijährigen, von Moritz finanzierten Studium nach Venedig zu Giovanni Gabrieli. Schütz war es, der Moritz von Venedig aus regelmäßig mit Kompositionen Gabrielis, Monteverdis und anderen italienischen Musikern versorgte. Auf diesem Wege gelangte auch die venezianische Mehrchörigkeit nach Kassel. Auch nach Schütz’ Rückkehr aus Italien bestand diese Verbindung weiter, so dass es in den Jahren 1617/18 zu einem regelrechten „Gabrieli-Boom“ kam.

Zwei Jahre nach dem Beginn von Schütz’ Studienaufenthalt erschien sein erstes Opus, der dem Landgrafen Moritz gewidmete Band ‚Il primo libro de Madrigali’ (ein Sammelband mit 19 italienischen Madrigalen), verlegt in einer der berühmtesten Notendruckereien Venedigs. Moritz hatte Schütz gerade noch rechtzeitig zu dem hochberühmten, allerdings schon recht betagten Musiker in den Unterricht geschickt. Bald darauf wurde nämlich das bereits verlängerte Studium Schütz’ durch den Tod Gabrielis abgebrochen. Schütz kehrte daraufhin zurück nach Kassel in den Dienst eines Zweiten Hoforganisten. Hier blieb er allerdings nicht lange, denn ab 1617 musste er aus politischen Gründen für den Sächsischen Hofkapellmeisterposten freigegeben werden. Die Bemühungen des Kursächsischen Hofes, Schütz für Dresden zu gewinnen, begannen bereits einige Jahre zuvor: Im April 1613, als Landgraf Moritz Dresden besuchte, war die Sprache auf den jungen, viel versprechenden Kasseler Organisten gekommen. Kurfürst Johann Georg I. bat den Landgrafen, ihm für die Taufe seines Sohnes Schütz’ Dienste zur Verfügung zu stellen. Ein halbes Jahr nach Schütz’ Rückkehr nach Kassel wünschte der Kurfürst erneut seine Dienste – diesmal für zwei Jahre.

Im Dezember 1616 schließlich ersuchte der Kurfürst den Landgrafen, ihm Schütz gänzlich zu überlassen. Moritz blieb nichts anderes übrig, als sich dem Wunsch des mächtigeren Mannes zu beugen. Der größere Dresdner Hof bot Schütz andererseits mehr Möglichkeiten. Trotzdem scheint Schütz der Weggang aus Kassel nicht leicht gefallen zu sein: Noch nachdem er zehn Jahre am Dresdner Hofe angestellt war, zeigen ihn fast alle Porträts mit dem goldenen Gnadenpfennig des Hessischen Landgrafen an der Ehrenkette.
Alle Versuche von Landgraf Moritz, Schütz zurück zu gewinnen, scheiterten. Spätestens durch Schütz’ Hochzeit im Jahre 1619 wurde offensichtlich, dass jedes Bemühen um seine Rückkehr und eine Abkehr vom Dresdener Hof umsonst war. Der Landgraf schickte aber weiterhin Hofbeamte nach Italien zum Notenkauf, damit die Kasseler Kapelle auf der Höhe der Zeit blieb, was ein eindrucksvoller Notenfundus in den Inventaren von 1613 bis 1638 bezeugt.