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Wissenschaftliche Ausrichtung der Arbeitsgruppe Sundermeyer:
Facetten der „Green Chemistry“

Traditionell befasst sich die AG Sundermeyer mit allen Aspekten der Bindungswechselwirkung organischer Moleküle und Baugruppen (Liganden) mit Metalloberflächen und Metallkationen in Komplexen. Aufgrund der recht vielfältigen Kooperationen und Drittmitteleinwerbungen von und mit staatlichen Einrichtungen wie auch der Chemischen Industrie werden recht breit gefächerte Facetten dieses Arbeitsgebietes von jeweils einem oder zwei Promovierenden pro Facette abgedeckt. Im Schwerpunkt befasst sich die Arbeitsgruppe mit Grundlagenforschung in Anwendungsnähe zu speziellen Themen nachhaltiger Chemie, sogenannter “Green Chemistry”. Funktionsmoleküle der Metalle bilden den metallorganischen Fokus. Klassiker unter den „Green Chemistry“ Themen ist die Katalyse. Hierbei richtet sich der Blick auf der Aktivierung von Triplett-Sauerstoff durch Kupfer- oder Kobalt-Katalysatoren für Oxidationsreaktionen, die (Oxy)carbonylierung von Nitro- und Aminoaromaten sowie Methanol zu Carbamaten und Dimethylcarbonat, eines ungiftigen Methylierungsmittels, Ersatzstoff für hochgiftiges Dimethylsulfat und Phosgen in der technischen Gewinnung wichtiger Polymere wie Polycarbonate und Polyurethane. Biologisch abbaubare Polymere werden über katalytische Copolymerisation des Treibhausgases CO2 mit Alkylenoxiden gewonnen. Auch andere Reaktionen von CO2 rücken in den Fokus. Klassische Hard Core Metallorganik-Themen bieten metallierte Phosphorylide als Constrained-Geometry-Liganden. Sie kommen zum Einsatz in Phospha-verbrückten ansa-Metallocen-Katalysatoren oder [Cp-PN] bzw. [Cp-PC] Halbsandwich-Chelatkomplexen der Seltenerdmetalle für die Gewinnung von Naturkautschuk; sie kommen zum Einsatz in Carbodiphosphoran-Pinzettenligand-Komplexen für die Ringöffnungspolymerisation von Dilactid zu biologisch abbaubaren Polyestern etc..

Ein zweites Standbein betrifft Materialien effizienter Energiekonversion und -speicherung, etwa das Design von stereorigiden Cu(I)-Komplexen als Singulett(TADF)-Emitter für OLED Displays von morgen. Bescheidene Erfolge im Design von Farbstoff-sensibilisierten Solarzellen führten dazu, dass wir uns stärker mit dem zentralen Problem redoxaktiver Ionischer Flüssigkeiten als Redoxmediatoren in diesen Solarzellen befassen: Flüssige Ferrocenyl-phosphonium- und -sulfonium-Elektrolyte oder auch Ionische Flüssigkeiten mit redoxaktiven Polysulfidanionen werden hierbei näher untersucht. Neue Elektrolyte und Solid-Electrolyte-Interphase(SEI)-Bildner für Lithiumionenakkus werden im Hinblick auf einen geplanten Interregio-SFB erforscht. „Green Chemistry“ betrifft aber auch die Entwicklung neuer Verfahren zur Synthese wichtiger Schlüsselverbindungen für die Herstellung von III-V-Halbleitern, etwa eine patentierte autokatalytische Direktsynthese von Trimethylgallium aus Gallium, Methylchlorid und Aluminium in einer anorganischen ionischen Flüssigkeit. Letzteres Verfahren hat es in die großindustrielle Produktion geschafft und liefert zukünftig die technologische Basis für eine energieeffizientere, ressourcenschonende, drastisch abfallreduzierte Erzeugung und Nutzung regenerativer Energien durch GaAs-Photovoltaik und GaInN-LEDs. Auch andere flüchtige und thermisch zersetzliche MOCVD-Präkursor-Moleküle der Metalle Ga, In, Sc, Y, La, Nb, Ta, Mo, W, Ru und Co für Anwendungen in Mikro- und Nanoelektronik werden neu entworfen, synthetisiert und patentiert. Nicht über die Gasphase, sondern über eine „Printed Electronics“ Strategie aus Lösung gelingt es, Metallchalcogenid-Halbleitermaterialien der Metalle Ga, In, Sn, Bi, Cu und Mo (CIGS, CZTS, Bi2Te3, MoS2) via Spin-Coating in dünnen Filmen auf Wafern abzuscheiden.

Last but not least befasst sich die AG Sundermeyer mit dem Design der stärksten bekannten ungeladenen metallfreien N-, P- oder C-Superbasen, die je beschrieben wurden sowie der stärksten bislang beschriebenen ungeladenen Lewis-Supersäuren - mit wesentlich höherer Fluoridaffinität als die Referenz SbF5. Superbasen und Supersäuren: Chemistry at its Limits!

Neue Methoden der organischen Synthesechemie werden in der letzten hier besprochenen Facette entwickelt: Im Rahmen einer derzeit geförderten Exzellenzinitiative werden polyheteroaromatische Verbindungen als Präkursoren für die (Oberflächen-)Synthese azafunktionalisierter polyaromatischer Kohlenwasserstoffe (N-PAH) erforscht. Molekulare Drähte organischer Polymere, molekulare Ausschnitte aus der Graphen-Struktur, potentielle Azagraphene und die selektive Funktionalisierung der wohl bedeutendsten organischen Halbleiter und Farbstoffe der technischen Chemie stehen im Fokus der laufenden Arbeiten. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind in bislang 55 publizierten Patentfamilien und ca. 240 Buch- und Journalveröffentlichungen veröffentlicht. Unser AK-Motto lautet aus den genannten Gründen: Diversity Rocks Chemistry!