12.08.2021 Unordnung lässt Monoschichten anders leuchten

Physiker klären auf, wie Legierungen die optisch-elektrischen Eigenschaften von 2D-Halbleitern verändern

Der Physiker Dr. Hilary Masenda führte im Labor von Professor Dr. Martin Koch Laserexperimente an TMD-Monolagen durch. Foto: Florian Conrads
Foto: Florian Conrads
Der Physiker Dr. Hilary Masenda führte im Labor von Professor Dr. Martin Koch Laserexperimente an TMD-Monolagen durch.

Unterwegs in der Hügellandschaft: Mischungen mehrerer Elemente erhöhen die Unordnung in hauchdünnen Halbleitern, wobei sich deren optisch-elektrische Eigenschaften verändern. Das hat eine Forschungsgruppe aus der Physik herausgefunden, indem sie Halbleiter mittels Photolumineszenz untersuchten. Das Team um Professor Dr. Martin Koch von der Philipps-Universität Marburg berichtet über seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Advanced Electronic Materials“.

Das Legieren von Halbleitern wird häufig verwendet, um die gewünschten Materialeigenschaften für Geräteanwendungen zu erhalten. „Dies ermöglicht eine breite Palette von möglichen Anwendungen in der Nanoelektronik und Optoelektronik“, erklärt Kochs Mitarbeiter Dr. Hilary Masenda, der Leitautor des wissenschaftlichen Aufsatzes. „Der Preis dafür ist die zusätzliche Unordnung, die durch das Legieren verursacht wird.“

Das Team untersuchte hauchdünne Mischkristalle, sogenannte TMD-Monolagen. Diese bestehen aus Übergangsmetallen wie Wolfram oder Molybdän sowie dem Element Selen, einem Chalkogen (Erzbildner). Dabei ist eine Schicht aus Übergangsmetall-Atomen zwischen zwei Schichten aus Selen eingebettet.

„Solche zweidimensionalen Materialien besitzen ein großes Anwendungspotenzial für extrem dünne elektronische Bauteile“, legt Martin Koch dar, der die Forschungsarbeiten leitete. Um zu optimierten Prozessen zu gelangen, müsse man aber die Unordnung berücksichtigen.

Was passiert, wenn das Material nicht nur eines der Übergangsmetalle enthält, also entweder Molybdän oder Wolfram, sondern beide Elemente? Um das herauszufinden, maß die Forschungsgruppe erstmals die Photolumineszenz in einer solchen TMD-Legierung; die Ergebnisse wurden mit Daten verglichen, die von Monolagen mit nur einem Übergangsmetall-Element stammen. „Wieviel Unordnung in einem Material herrscht, sieht man an der Lumineszenz“, erläutert Koch.

Dabei zeigt sich, dass der Halbleiter andere optisch-elektronischen Eigenschaften aufweist, wenn er aus drei anstelle von zwei Elementen besteht. Computersimulationen legen nahe, dass dies auf zufälligen Unterschieden in der Verteilung der chemischen Bestandteile beruht. „Die Ladungsträger, die einen elektrischen Strom in dem Material erzeugen, haben eine andere Beweglichkeit, wenn mehr Unordnung herrscht“, führt Koch aus. „In einer sanften Hügellandschaft fährt man ja auch anders als in einer Salzwüste!“

Professor Dr. Martin Koch lehrt Physik an der Philipps-Universität Marburg und leitet die Arbeitsgruppe Halbleiterphotonik. Erstautor Dr. Hilary Masenda verstärkt Kochs Arbeitsgruppe derzeit als Georg-Forster-Forschungsstipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Neben ihm und seinen Mitarbeitern beteiligten sich auch der Marburger Physiker Professor Dr. Florian Gebhard mit seinem Team sowie der Kölner Chemiker Professor Dr. Klaus Meerholz an der Fachveröffentlichung. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und weitere Fördereinrichtungen unterstützten die wissenschaftliche Arbeit finanziell.

Originalveröffentlichung: Hilary Masenda & al.: Energy scaling of compositional disorder in ternary TMD monolayers, „Advanced Electronic Materials“ 7, 2100196 (2021), DOI: https://doi.org/10.1002/aelm.202100196