01.02.2021 Zwischen Stabilität und Veränderung: Adaptives Verhalten

Spitzenforschung mit starken Partnern: HMWK bewilligt gemeinsames Clusterprojekt „The Adaptive Mind“ (TAM) der Universitäten Gießen, Marburg und Darmstadt

Foto aus der AG Neurophysik
Foto: Rolf K. Wegst
Ein interdisziplinäres Forschungsteam aus Hessen erforscht grundlegende Mechanismen adaptiven Verhaltens bei Wahrnehmung und Handlung.

Der Mensch muss sein Verhalten an sich ständig ändernde Bedingungen anpassen, um erfolgreich mit der Umwelt zu interagieren. Das erfordert eine hohe Flexibilität. Gleichzeitig muss aber auch Stabilität im Verhalten gegenüber kurzzeitigen, zufälligen Änderungen erhalten bleiben. Nur so können unzählige Entscheidungen getroffen werden. Um dieses komplexe Spanungsverhältnis geht es in dem Clusterprojekt „The Adaptive Mind“ (TAM) von Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU, federführende Institution), Philipps-Universität Marburg (UMR) und Technischer Universität Darmstadt (TU Darmstadt), an dem auch die Goethe-Universität Frankfurt (GU) und das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) beteiligt sind. Die Freude ist bei allen Beteiligten groß, dass das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) jetzt den gemeinsamen Antrag der drei antragstellenden Partner bewilligt hat und das Kooperationsprojekt ab April 2021 in den nächsten vier Jahren mit insgesamt 7,4 Millionen Euro fördern wird.

Die jetzt erfolgten Bewilligungen im Rahmen der HWWK-Ausschreibung „Förderung von Konsortien zur Vorbereitung für die nächste Runde der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder“ auf Basis einer wissenschaftlichen internationalen Begutachtung im November 2020 ermöglichen nun die Anbahnung von weiteren Spitzenforschungsverbünden in Hessen. So wird ein interdisziplinäres Forschungsteam aus Psychologie, Psychiatrie, Neurowissenschaften, Sportwissenschaft, Physik und Informatik im Cluster „The Adaptive Mind“ das Spannungsfeld von Stabilität und Veränderung als einen grundlegenden Mechanismus umfassend erforschen, auf verschiedenen Zeitskalen und an unterschiedlichen Populationen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können dazu auf jahrzehntelange erfolgreiche Forschungsarbeiten aufbauen und werden bestehende Kooperationen ausweiten. Eine enge Zusammenarbeit besteht bereits insbesondere im Rahmen von Gießen-Marburger Forschungsverbünden wie dem Sonderforschungsbereich SFB/TRR 135: Kardinale Mechanismen der Wahrnehmung (Sprecher: Prof. Dr. Karl Gegenfurtner, JLU),  dem Sonderforschungsbereich SFB/Transregio 289: Der Einfluss von Erwartung auf die Wirksamkeit medizinischer Behandlungen (Mitantragsteller UMR, Beteiligung JLU) oder der International Research Training Group 1901: The Brain in Action (Sprecher: Prof. Dr. Frank Bremmer, UMR). Über die TU Darmstadt wird die Rolle der Kognitionswissenschaft und der Künstlichen Intelligenz im wissenschaftlichen Konsortium gestärkt. Die zusätzliche Einbindung von GU und des FIAS ermöglicht es, die Synergien in dem Forschungsfeld in Hessen hervorragend zu bündeln.

Bereits seit rund zwei Jahrzehnten werden an der JLU als federführende antragstellende Universität grundlegende Mechanismen adaptiven Verhaltens in der Anpassung von Sinnessystemen untersucht. Das interdisziplinäre Forschungsteam unter der Federführung des Gießener Wahrnehmungspsychologen Prof. Dr. Karl Gegenfurtner genießt national wie international einen hervorragenden Ruf durch zahlreiche exzellente Publikationen in der Wahrnehmungspsychologie und die Einbindung in drittmittelgeförderte Forschungsverbünde.

JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee gratuliert allen beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herzlich und hebt die Bedeutung des neuen Kooperationsprojekts hervor: „Das jetzt erfreulicherweise vom Land Hessen bewilligte Clusterprojekt ,The Adaptive Mind‘ ist ein herausragendes Beispiel für eine erfolgreiche langfristige Netzwerkbildung in der Spitzenforschung. Wir gehen davon aus, dass von dort wesentliche neue Impulse ausgehen werden: Es handelt sich um gesellschaftlich relevante, hochinnovative Grundlagenforschung, die die experimentelle Psychologie mit der Psychiatrie und Klinischen Psychologie, weiteren Disziplinen sowie der Forschung zur Künstlichen Intelligenz in Hessen bestmöglich zusammenbringt.“

„Mich begeistert dieses Projekt, weil es Brücken schlägt von elementaren Wahrnehmungsprozessen über die künstliche Intelligenz bis hin zu psychischen und psychiatrischen Erkrankungen“, erläutert Prof. Gegenfurtner, Sprecher von „The Adaptive Mind“. „Wir wollen untersuchen, wie sich das menschliche Verhalten in Bezug auf Stabilität und Veränderung beschreiben, erklären und vorhersagen lässt.“ 

Portrait von Prof. Bremmer
Foto: Rolf K. Wegst
Prof. Dr. Frank Bremmer koordiniert das Marburger Teilprojekt.

Prof. Dr. Frank Bremmer, Koordinator (UMR), bestätigt: „Die wesentlichen Stärken unseres Projekts sind die Interdisziplinarität und die Offenheit aller Beteiligten, sich in neue Themenfelder einzudenken und damit unsere Forschung, von den Grundlagen bis zur Anwendung, auch international auf ein neues Level zu heben. Besonders freut mich auch, dass damit ein grandioser Team-Spirit belohnt wird, der uns über die Monate der jetzt von Erfolg gekrönten Antragstellung getragen hat.“ 

Prof. Constantin A. Rothkopf, Ph., TU Darmstadt, ergänzt: „Wir freuen uns, mit unserer Expertise in Kognitionswissenschaft und Künstlicher Intelligenz in diesem starken Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu Forschungsthemen beizutragen, die versprechen, die Art und Weise zu revolutionieren, wie wir menschliches Wahrnehmen, Denken, Entscheiden, Handeln und Lernen verstehen und computational modellieren.“
 
Auch am Clusterprojekt „Erforschung des Universums von mikroskopischen zu makroskopischen Skalen“ (ELEMENTS) ist die JLU beteiligt. „ELEMENTS“ unter der Federführung der Goethe-Universität Frankfurt (GU), an dem die TU Darmstadt, die JLU und die GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung beteiligt sind, will die Herkunft der chemischen Elemente im Universum untersuchen und vereint Teilprojekte aus der Atom-, Kern-, Astro- und Gravitationsphysik.
 

Weitere Informationen

https://www.uni-giessen.de/fbz/fb06/psychologie; https://www.cmbb-fcmh.de

https://www.uni-giessen.de/fbz/zentren/lama/; https://www.uni-giessen.de/amp