09.05.2023 Bizarre Meerestiere wechseln ihren Standort

Übergabe der wissenschaftlich einmaligen Marburger Tiefsee-Sammlung an das Hessische Landesmuseum Darmstadt

Eine Seeanemone, Krebse, Schnecken und weitere Tiefseeorganismen der OLGA II-Expedition (Foto: Malte Michelsen)
(Foto: Malte Michelsen)
Eine Seeanemone, Krebse, Schnecken und weitere Tiefseeorganismen der OLGA II-Expedition

Rund 300 Tiefseeschnecken und andere skurrile Tiefseetiere – größtenteils während der deutschen Forschungsfahrt OLGA II mit dem Forschungsschiff »Sonne« im Jahr 1990 gesammelt – hat die Philipps-Universität Marburg am 9. Mai 2023 an das Hessische Landesmuseum Darmstadt übergeben.

Der Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg beherbergt eine einzigartige und wertvolle Sammlung an hydrothermalen Tiefseetieren, darunter bizarre Schnecken, Krebstiere und Bartwürmer. Mit dem Tod des Weichtierforschers und Tiefseebiologen Prof Dr. Lothar Beck im Jahr 2020 entstand die Notwendigkeit der Sicherung und Archivierung dieser Forschungssammlung.

Der Schwerpunkt der Kollektion liegt auf dem Manus-Back-Arc-Becken in Melanesien (Bismarck-See, Papua-Neuguinea). »Um eine angemessene Nutzung für Forschung, Vermittlungsarbeit und Ausstellungen zu ermöglichen, musste die Sammlung an eine geeignete Landeseinrichtung übergeben werden. Das Hessische Landesmuseum Darmstadt mit seinen großen meeresbiologischen Kollektionen erfüllt hier alle Voraussetzung«, so Dr. Sven Mecke, Konservator der Universitätssammlungen an der Philipps-Universität. Dr. Daniela Matenaar, Kuratorin für Wirbellose am Hessischen Landesmuseum Darmstadt: »Ich freue mich, dass die Sammlung in einer Landeseinrichtung verbleibt und in ihrer neuen Heimat sehr gut aufgehoben ist.«

Für eigene Forschungszwecke betreut wurde die Sammlung von Prof. Dr. Lothar Beck. Sein Forschungsschwerpunkt lag bei marinen Schnecken. Infolge der Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Tufar vom ehemaligen Fachbereich Geologie der Philipps-Universität, wertete Beck das Tiermaterial von geowissenschaftlichen Tiefsee-Expeditionen aus, wurde schnell zum international bekannten Spezialisten für Schnecken heißer Tiefseequellen (»hot vents«) und beschrieb zahlreiche bisher unbekannte Arten. An der Sammlung besonders hervorzuheben ist die große Zahl der selten in Kollektionen vertretenen Ifremeria nautilei Bouchet & Waren, 1991, einer großen schwarzen in Symbiose mit Bakterien lebenden Tiefseeschnecke, die ihre Eier in einer Bruttasche umherträgt, bis die Larven schlüpfen. Einige der in der Sammlung enthaltenen Tiefseetiere sind vielleicht bis heute nie wissenschaftlich beschrieben worden. Somit beherbergt die Sammlung sicherlich noch einige unbekannte Tierarten.

Der Bestand des Hessischen Landesmuseums Darmstadt umfasst zahlreiche Exponate und Kollektionen, die die Geschichte der Meeresforschung erzählen, u. a. die Aufsammlungen der Xarifa- Expeditionen aus den Jahren 1953 - 1954 sowie 1957- 1958. Die sehr aufwändige und komplexe Aufbewahrung und Konservierung der in Flüssigkeiten gelagerten Präparate gehört zur Kernkompetenz des Museums. Diese ermöglicht auch die ideale konservatorische Lagerung der einzigartigen Objekte aus Marburg. In Darmstadt werden die Tiefseeorganismen nun fotografiert, inventarisiert und sorgfältig konserviert und sind für Forschende aus der ganzen Welt zugänglich. Gleichzeitig können einzelne Objekte in Ausstellungen gezeigt werden. Somit ergibt sich ein Gewinn für alle Beteiligten und ganz besonders für den Erhalt der wertvollen Sammlungsobjekte. (Pressetext: Yvonne Mielatz-Pohl, Hessisches Landesmuseum Darmstadt)