15.06.2023 Kunstmuseum der Universität forscht nach NS-Raubgut in seinem Bildbestand

Deutsches Zentrum Kulturgutverluste fördert Provenienzforschung zu 150 Bildern aus der Sammlung des Museums

Blick auf die Fassade des Kunstmuseums
Foto: Thomas Scheidt
Das Kunstmuseum der Philipps-Universität Marburg.

Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Philipps-Universität Marburg hat erfolgreich eine Förderung für ein zweijähriges Projekt eingeworben. Die Gesamtfördersumme beträgt rund 160.000 Euro und wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in der Förderlinie Provinienzforschung im Bereich NS-Raubgut finanziert. Das Museum hat Werke von unklarer Herkunft im Bestand, darunter Gemälde von Alexej von Jawlensky, Paul Klee, Lovis Corinth, Gustave Courbet und Carl Spitzweg. Zunächst sollen 150 Bilder aus der Sammlung erforscht werden. In den Bestand kamen Kunstwerke auch während der NS-Zeit, teilweise über Akteure des Kunsthandels, die unter Provenienzforscher*innen als „Red Flag Names“ gelten – also als besonders verdächtig, mit NS-Raubkunst gehandelt zu haben. Zwei Bilder stammen aus jüdischem Besitz. Die Sammlungen des Marburger Kunstmuseums umfassen insgesamt etwa 8.200 Objekte, darunter 1.356 Gemälde.

Museumsdirektor Dr. Christoph Otterbeck erläutert: „Mit der Untersuchung soll ein Anfang gemacht werden, die Kunstsammlung des Museums auf Werke hin zu untersuchen, die in der NS-Zeit unrechtmäßig entzogen wurden, und damit die Grundlage für faire und gerechte Lösungen zu schaffen. Das Projekt beabsichtigt auch, die wesentlichen Akteure zu erforschen, die die Entwicklung des Museums damals steuerten sowie die Interessen der beteiligten Institutionen kritisch zu reflektieren.“

„Die Universität stellt sich mit diesem Projekt ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und erzeugt Transparenz im Hinblick auf die Sammlung des Museums“, hebt Universitätspräsident Prof. Dr. Thomas Nauss hervor. „Die Würdigung durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat in der ersten Förderrunde 2023 insgesamt 1,76 Millionen Euro für Provenienzforschung im Bereich NS-Raubgut vergeben. Damit erhalten 17 Forschungsprojekte an Museen, Bibliotheken und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie eine private Antragstellerin finanzielle Unterstützung, um zum Beispiel ihre Sammlung auf NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut hin zu untersuchen. Die Entscheidung über die Förderung trifft der Vorstand des Zentrums auf Empfehlung seines Förderbeirats.

Zu weiteren geförderten Institutionen der aktuellen Förderrunde zählt die Stiftung Topographie des Terrors in Berlin, wo die Bibliothek des Dokumentationszentrums auf NS-Raubgut hin untersucht werden soll. Ebenso wird die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften Görlitz gefördert, in der Buchbestände einer Gelehrtenvereinigung und einer pietistischen Vereinigung untersucht werden sollen.

Deutsches Zentrum Kulturgutverluste

Das von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden 2015 gegründete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg ist in Deutschland zentraler Ansprechpartner zu Fragen unrechtmäßig entzogenen Kulturguts. Das Zentrum wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien institutionell gefördert und erhält von dort auch die Mittel für seine Projektförderung.

Pressemitteilung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste

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