15.08.2025 Augenbewegungen sind nicht umsonst: Marburger Psycholog*innen zeigen versteckte „Blickkosten“
Auch kleinste Bewegungen der Augen verlangen dem Gehirn Abwägungen zwischen Nutzen und Aufwand ab
Wir bewegen unsere Augen unzählige Male am Tag – um zu lesen, unsere Umgebung zu erfassen oder Gesichter zu erkennen. Diese schnellen Blicksprünge, sogenannte Sakkaden, gelten oft als „kostenlos“, weil sie kaum Energie verbrauchen. Doch die Psycholog*innen Prof. Dr. Alexander Schütz (Philipps-Universität Marburg) und Dr. Emma Stewart (Queen Mary University of London) zeigen nun in einem aktuellen Übersichtsartikel: Selbst diese winzigen Bewegungen sind mit versteckten „Kosten“ verbunden – zum Beispiel Verzögerungen oder Verlust von visuellen Informationen oder kognitiven Planungsaufwand.
Unterschätze „Blickkosten“
„Das Gehirn wägt bei jeder Augenbewegung für uns unbewusst zwischen möglichen Vorteilen und möglichen Kosten ab“, erklärt Alexander Schütz. „Wir wollten zeigen, dass diese Kosten bislang unterschätzt werden – und dass sie genauso wichtig für die Steuerung des Blicks sind wie die Aussicht auf neue Informationen oder Belohnung.“ Die Analyse fasst aktuelle Erkenntnisse aus zahlreichen Studien zusammen, in denen Forschende untersucht haben, wann und wohin Augenbewegungen ausgeführt werden und wie diese Bewegungen verlaufen.
Erschließen der Kosten
Das Forschungsduo Alexander Schütz und Emma Stewart macht deutlich: Viele dieser Blickkosten lassen sich nicht direkt messen, sondern nur indirekt erschließen – etwa durch mathematische Modelle oder neurophysiologische Experimente. Künftige Forschung müsse genauer untersuchen, wie das Gehirn verschiedene Arten von Nutzen und Kosten kombiniert, um den „bestmöglichen“ Blick zu wählen. Die Ergebnisse erscheinen in der Fachzeitschrift Nature Reviews Psychology (https://rdcu.be/eAm69) und könnten langfristig helfen, besser zu verstehen, wie visuelle Wahrnehmung, Augenbewegungen und Entscheidungsprozesse zusammenwirken. Dieses Zusammenspiel und dessen Anpassung an Veränderungen im Organismus oder der Umwelt steht im Excellenzcluster „The Adaptive Mind“ (https://www.theadaptivemind.de/) im Fokus.
Originalpublikation: Alexander Schütz, Emma Stewart, A review of the costs of eye movements, Nature Reviews Psychology (2025), https://doi.org/10.1038/s44159-025-00481-7
Kontakt
Prof. Dr. Alexander Schütz
Tel.: 06421 28-23683
Mail: a.schuetz@uni-marburg.de
AG Sensomotorisches Lernen
Fachbereich Psychologie
Philipps-Universität Marburg