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Über das Studium

Als „Frühe Neuzeit“ bezeichnen Historiker die Epoche zwischen 1500 und 1815, eine Zeit, die in vielerlei Hinsicht Kontinuitäten vom Spätmittelalter her aufweist, zugleich aber durch entscheidende Umbrüche und langfristige Wandlungsprozesse gekennzeichnet ist. Gerade die massenhafte Nutzung des Buchdrucks, die Entdeckungsfahrten der Europäer und die Entstehung europäischer Überseereiche, die Reformation und die daraus hervorgehende Spaltung der abendländischen Christenheit weisen schlaglichtartig auf den Aufbruchscharakter der Frühen Neuzeit hin. Überdies zeichnet sich die Epoche durch eine Phase der Kriegsverdichtung aus, die in der Folge wesentlich zur Herausbildung des modernen Staatensystems beitrug. Nach Innen entwickelte sich ein spezifisch frühneuzeitliches Staatsverständnis, und es bildeten sich komplexer werdende Staatsapparate und Behörden aus. Renaissance, Humanismus und Aufklärung forcierten ein neues Weltbild, ein auf Empirie basierendes Wissenschaftsverständnis und eine neue Sicht auf das Individuum und die Gesellschaft. Als Folge dieser und anderer Entwicklungen können die großen Revolutionen in Amerika (1776) und Frankreich (1789) gesehen werden.

Lehrveranstaltungen im Bereich der Frühen Neuzeit sind in die Lehramts-, B.A.- und M.A.-Studiengänge voll integriert. In den Basismodulen gelten alle Lehrveranstaltungen zur frühneuzeitlichen Geschichte als Lehrveranstaltungen zur Neueren Geschichte. Von den Vertiefungsmodulen an werden Frühneuzeitmodule als eigenständiger Schwerpunkt angeboten.

Das Spektrum der in Marburg angebotenen Lehrveranstaltungen zur Frühen Neuzeit deckt den gesamten Zeitraum von der Reichsreform (1495) und frühen Reformationszeit bis zur Napoleonischen Ära und dem Wiener Kongress (1815) ab. Geographische Schwerpunkte sind Hessen, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, Westeuropa (v.a. Großbritannien und Frankreich) und die nordamerikanischen Kolonien sowie Nordeuropa (v.a. Schweden). Thematisch gilt eine besondere Aufmerksamkeit der Geschichte der zwischenstaatlichen Beziehungen und der Herausbildung des europäischen Staatensystems, der Reformationsgeschichte, der Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, den Revolutionen im England des 17. Jahrhunderts, der Migrations- und Minderheitengeschichte sowie der Geschichte der politischen Ideen. Eine Besonderheit Marburgs stellt die regelmäßige Lehrtätigkeit von Mitarbeitern des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde und des Hessischen Staatsarchivs dar, die im Bereich der Frühen Neuzeit das Lehrangebot durch Seminare und Übungen zur hessischen Geschichte sowie zur Archivkunde bereichern. Kurse zur fachspezifischen EDV-Anwendung runden das Lehrangebot ab. Marburg ist darüber hinaus Sitz des Instituts für Archivwissenschaft/Fachhochschule für Archivwesen (Archivschule Marburg).