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3D-Mesomeriemodell

Die Darstellung von mesomeren Systemen über mehrere Grenzformeln kann für Lernende eine größere Herausforderung darstellen. Diese können einerseits bei der Erstellung der Grenzformeln durch das „Klappen“ von π-Elektronenpaaren auftreten. Andererseits können vor allem bei der Interpretation des durch den Grenzformelformalismus dargestellten mesomeren Systems oft größere Verständnisschwierigkeiten entstehen. Hier findet sich unter anderem häufig die Denkweise, die gezeichneten Grenzformeln stellten unterschiedliche reale Moleküle dar. Für blinde und sehbeeinträchtigte Lernende entstehen durch die teils hohe Anzahl an mitunter komplexen Grenzformeln eines mesomeren Systems weitere Zugangshürden, da die einzelnen Grenzformeln zuerst haptisch erfasst und dann zu einem gedanklichen Gesamtbild zusammengefügt werden müssen.

Das 2016 von uns entwickelte 3D-Mesomeriemodell (vgl. Abb. 1, oben) setzt an dieser Stelle an. Es ermöglicht es, durch das manuelle Umklappen beweglicher π-Elektronenpaar-Repräsentationen (in schwarz, vgl. Abb. 1) verschiedene 3D-Grenzformeln eines mesomeren Systems an einem einzigen Modell zu realisieren (Abb. 1). Damit bietet es eine Lerngelegenheit, an der der Formalismus des „Klappens“ von π-Bindungen in mesomeren Systemen eingeübt, nachvollzogen und auf die Strukturformelschreibweise übertragen werden kann. Ebenso lassen sich am Modell Eigenschaften mesomerer Systeme entwickeln und thematisieren.

Abb. 1: Darstellung des mesomeren Systems des Benzyl-Kations über das Mesomeriemodell.

Für blinde und sehbeeinträchtigte Lernende besitzt das Modell damit den Vorteil, dass sie nicht mehrere komplexe (Grenz-)Formeln vollständig erschließen und vergleichen müssen, sondern die Delokalisation der π-Elektronenpaare an einem einzigen, bereits erschlossenen Grundkörper untersuchen können. Dadurch kann der Fokus auf die Veränderung der π-Elektronenstruktur bei mesomeren Systemen gelenkt werden. Dies ist auch für sehende Lernende von Vorteil.

Das Modell eignet sich zur Darstellung von Carbeniumionen mit unterschiedlicher Zahl von Phenyl-Substituenten an einem sp2-Zentrum. In der Bauanleitung finden sich die Auflistungen benötigter Bauteile für die Herstellung verschiedener mesomerer Systeme.

Vgl. Wiss. HA Lindenstruth, Philipp (2016): Entwicklung neuer 3-D-Modelle zur Einführung des Mesomerie-Konzepts für den inklusiven Oberstufenunterricht mit blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern. Staatsexamensarbeit. Philipps-Universität Marburg, Marburg. FB Chemie. pdf
Lindenstruth, Philipp; Schween, Michael (2021): Aktivierungsbarrieren ertasten, Prozesse und Strukturen begreifen. In: Nachr. Chem. 69 (6), S. 13–16. DOI: 10.1002/nadc.20214109206.

Herstellung des 3D-Mesomeriemodells

Das 3D-Mesomeriemodell besteht aus mehreren Kugeln, die C-Atome symbolisieren und über Metallstäbe miteinander verbunden sind. Zentral für die Funktion des Modells sind die magnetischen π-Bindungen, die sich über den Grundkörper bewegen („klappen“) lassen. Das Modell wurde noch ohne 3D-Drucktechnik aus Holzkugeln und Metallstäben, entwickelt. Da vor allem die Holzkugeln aufgrund der notwendigen Bohrungen komplex anzufertigen sind, bietet sich zumindest hierfür der Einsatz des 3D-Drucks an. Gedruckte Verbindungsstäbe zwischen den Kugeln wären sehr fragil, daher werden stattdessen weiter Messingstäbe verwendet. Passende Messing-Stäbe des Durchmessers von 3 mm und Stahlstäbe des Durchmessers von 4 mm sind ohne Probleme z. B. über Baumärkte oder im Bastelbedarf zu beziehen und müssen nur noch auf die korrekte Länge gebracht werden.  

Die Druckdateien können im direkt druckbaren stl-Format heruntergeladen werden. Die Bauanleitung samt der Liste der benötigten Bauteile steht ebenfalls als pdf-Dokument zum Download bereit. 

Für den Druck des Modells kann jeder herkömmliche 3D-Drucker verwendet werden. Wir verwenden zum Druck des Modells z. B. einen Ultimaker 3. Als Druckfilament setzen wir PLA-Filament ein. Für den Druck schlagen wir eine Auflösung von 0.1 mm Schichthöhe und 0.4 mm Schichtbreite vor, andere Auflösungen sind hier jedoch ebenfalls einsetzbar. Für die Füllung des Druckes ist ein Wert von 5% ausreichend. Das Stützfilament wird nach dem Druck entfernt. Wenn notwendig, wird der Druck mit einem scharfen Messer entgratet und die gedruckten Löcher mit einem Bohrer auf 3 mm bzw. auf 4 mm erweitert. Dies kann notwendig werden, da das gedruckte Loch durch den Verzug des Druckmaterials meist etwas kleiner ausfällt. Die zu druckenden Bestandteile sowie weitere benötigte Bauteile für die Herstellung eines Mesomeriemodells sind in der pdf-Anleitung aufgelistet. Für den Aufbau des Mesomeriemodells drucken Sie bitte alle Bauteile wie in der Anleitung angegeben aus und folgen den dort erläuterten Schritten.

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