06.05.2025 80 Jahre Kriegsende: Gedenken und Verantwortung an der Universität Marburg
Veranstaltungen zur Auseinandersetzung mit der Geschichte der Universität


Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Als Marburg am 28. März 1945 von den Amerikanern besetzt wurde, schrieb der Theologe Rudolf Bultmann ... und bald war Marburg nun von dem verbrecherischen Regiment der Nazis befreit.
Fragen von Aufarbeitung, Wiedergutmachung und Restitution sind jedoch nach wie vor untrennbar mit der nationalsozialistischen Herrschaft verbunden und beschäftigen die Universität bis heute. Verschiedene Veranstaltungen im Mai 2025 fördern die Auseinandersetzung der Universität mit ihrer Geschichte.
Auch für die Philipps-Universität war das Jahr 1945 keine „Stunde Null“. Durch die Entnazifizierung verloren nur 26 Angehörige der Universität dauerhaft ihre Stellung. Darunter waren der Universitätskurator (Kanzler) Ernst von Hülsen und der Mediziner (Hygieniker) Wilhelm Pfannenstiel. Andere konnten trotz zum Teil schwerer NS-Belastung ihre Karriere fortsetzen. Dazu gehörte der Rechtswissenschaftler Erich Schwinge, in den 1950er Jahren sogar Rektor der Universität, der in der Bundesrepublik maßgeblich zur Rechtfertigung der Wehrmachtjustiz und zur Apologie von NS-Verbrechen beitrug. Es dauerte Jahre, bis die Philipps-Universität erste Schritte zur Wiedergutmachung unternahm. Im Juli 1965 beschloss der Senat, dass die Aberkennung der Doktorgrade von Juden unwirksam sei. Erst 37 Jahre später, im Jahr 2002, griff die Universität das Thema wieder auf und setzte eine umfassende Rehabilitierung um. Mit dem Schwinden der personellen Kontinuitäten und der durch den zeitlichen Abstand nun möglichen Akteneinsicht intensivierte sich die Erforschung der Universitätsgeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus. Dies hat auch konkrete Folgen, wie etwa die Rückgabe von NS-Raubgut aus den Beständen der Universitätsbibliothek zeigt.
Einladung zur Auseinandersetzung
„Der 8. Mai erinnert uns daran, wie wichtig ein lebendiger Diskurs innerhalb der Universität ist und dass die Frage, was eine Universität ausmacht, immer wieder gestellt werden muss. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit der Geschichte“, betont Universitätspräsident Thomas Nauss. Dieses Anliegen fördert die Universität mit einem Portal zur „Geschichte der Universität Marburg im Nationalsozialismus“ und durch verschiedene Veranstaltungen. Die Universität Marburg lädt alle Interessierten dazu ein, sich mit der Geschichte der Universität Marburg auseinanderzusetzen.
Veranstaltungen und weitere Informationen
- Symposium am 8. Mai 2025, 14 bis 18 Uhr im Erwin-Piscator-Haus zum Thema „8. Mai – Tag der Befreiung?“
- Die Ausstellung „1945 in und um Marburg" wird ebenfalls am 8. Mai 2025 im Erwin-Piscator-Haus eröffnet und nimmt das Kriegsende mit der vorausgehenden Besatzung ab März 1945 in den Blick. Die Ausstellung wird vom ICWC kuratiert und ist bis Ende Juni öffentlich zugänglich.
- Portal zur Geschichte der Universität im Nationalsozialismus:
- Eine weitere Ausstellung präsentiert „Marburger Frauen im Nationalsozialismus“. Sie wird am 15. Mail 2025 in der Universitätsbibliothek eröffnet und zeigt Ergebnisse von Marburger Studierenden, die die Geschichten von 22 Marburger Frauen im Nationalsozialismus erforscht haben.
- Das Studium Generale widmet sich im Sommersemester 2025 dem Thema “Universität – wozu? Marburg 1527 – 2027“. Die öffentlichen Vorträge finden immer mittwochs um 18:15 Uhr statt im Vortragsraum der Universitätsbibliothek Marburg, Deutschhausstraße 9