11.12.2017 Ancient Information on Persia Re-Assessed: The Impact of Xenophon’s Kyroupaideia

Vom 01.-02.12.2017 fand am Seminar für Alte Geschichte der Philipps-Universität Marburg der Melammu Workshop “Ancient Information on Persia Re-Assessed: The Impact of Xenophon’s Kyroupaideia”, gewidmet Christopher Tuplin, mit internationaler Besetzung aus Europa, Canada und den USA statt. In vier thematischen Sektionen wurden unterschiedliche Perspektiven auf Xenophons genreübergreifendes Werk diskutiert: seine Quellen, der Quellenwert der Kyroupaideia, insbesondere für Geschichte, Kultur und Strukturen des Perserreichs, Einflüsse auf nachfolgende antike Literaten sowie die Wirkungsweise in Früher Neuzeit und aktueller Forschungsdebatte.

Foto: Sabine Müller

Die erste Sektion, The Question of genre and meaning, wurde von Christopher Tuplin (Liverpool) eröffnet. Er erörterte die Position der Kyroupaideia in Xenophons Oeuvre und zeigte die vielfachen Wechselwirkungen zu anderen Schriften Xenophons und sprachliche, motivische, strukturelle sowie ideologische Parallelen auf. Irene Madreiter (Innsbruck) setzte sich mit der Streitfrage auseinander, inwieweit die Kyroupaideia mit dem griechischen Roman assoziiert werden kann. Dabei kritisierte sie solche strikten Kategorisierungen ebenso wie die Typisierung des griechischen Romans als Genre an sich. Frances Pownall (Alberta) zeigte instruktiv auf, wie kreativ Xenophon mit Traditionen und Motiven aus der griechischen Historiographie zu Kyros wie von Herodot oder Ktesias umging und eigene Wege der Rezeption ging, seinen Darstellungsintentionen und Rezipienten, enttäuscht sowohl von Demokratie und Oligarchie, entsprechend.

In der thematisch unabhängigen Postersektion wurden zwei am Marburger Seminar für Alte Geschichte laufende Dissertationsprojekte vorgestellt: Sarina Pal führte in ihre Forschungsarbeit zu den komplexen politischen Beziehungen der thessalischen Städte zum Perserreich, argeadischen Makedonien und Hellas ein. Matti Borchert erläuterte sein Vorhaben, von griechisch-römischen Literaten überlieferte Inschriften östlicher Herrschender kritisch vor dem jeweiligen sozio-politischen Hintergrund zu analysieren.

Die zweite thematische Sektion, The Author’s View, wurde von Kai Ruffing (Kassel) eröffnet, der sich Xenophons Images des Perserreichs und seiner Bewohner in zeitgenössischer Wechselwirkung, insbesondere mit den vielbeachteten Bezügen zu Sparta, widmete. Reinhold Bichler (Innsbruck) zeigte in seiner Untersuchung des historischen Raums in der Kyroupaideia geographische Unstimmigkeiten, Grau- und Dunkelzonen auf und verwies auf topographische Leerstellen, wie sie insbesondere die fehlende Verortung der Residenzen darstellen. Josef Wiesehöfer (Kiel) diskutierte die (Ideal-)Vorstellungen von Monarchie in der Kyroupaideia, wobei er herausstellte, dass es weniger um die Darstellung des vorbildlichen Monarchen als um Muster von leadership per se gegangen sei. Zudem grenzte er Xenophon als Historiograph deutlich von Herodot und Thukydides ab.

In der Sektion The Question of Historical Sources analysierte Julian Degen (Innsbruck), inwieweit es in der Kyroupaideia Adaptionen altöstlicher Motive geben könnte, etwa die komplexe Vorstellung von Melammu, ausgedeutet als Erscheinungsform des von Lichterglanz göttlich auserwählten Königs. Bruno Jacobs (Basel) dekonstruierte instruktiv die These, dass es eine Bezugnahme Xenophons in der Kyroupaideia auf die „Gaben“ der Tributträger auf den Reliefs der sogenannten Apadana in Persepolis gäbe. Er legte dar, dass es sich um bildsprachliche Codierungen handelte, die nicht an Ort und Ereignis gebunden seien.

In der letzten Sektion, Wirkungsgeschichte, stellte Sabine Müller (Marburg) bezüglich motivischer Adaptionen aus der Kyroupaideia bei den Alexanderhistoriographen solche Übernahmen in kreativer Umgestaltung insbesondere bei Onesikritos und in der Folge Plutarch fest. Sie sah in diesen literarischen Formungen von Alexanders Porträt jedoch keine genuinen Hinweise auf dessen Realpolitik im Perserreich. Eleni-Melina Tamiolaki (Kreta) beschäftigte sich mit der Rezeption von Leo Strauss’ Zugang zur Kyroupaideia in der Forschungsdebatte und zeigte den diesbezüglichen Mehrwert für die Beschäftigung mit Xenophon auf. Sulochana Asirvatham (New York) erörterte den Stellenwert der Kyroupaideia bei den Autoren der Zweiten Sophistik mit ihrer betonten Wertschätzung für Xenophon. Sie hob hervor, dass diese Intellektuellen angesichts ihrer eigenen Profilierungsmechanismen Xenophons self-promotion besonders zu schätzen wussten. Richard Stoneman (Exeter) rundete den Überblick über Facetten der Wirkungsgeschichte mit einer umfassenden Darlegung der Rezeption der Kyroupaideia als „Fürstenspiegel“ im frühneuzeitlichen Europa mit einem Fokus auf England ab und zeigte insbesondere die Rolle der höfischen Patronage auf.

In der abschließenden Diskussion brachte Robert Rollinger (Innsbruck) die herausgearbeiteten Hauptpunkte auf den Punkt: In allgemeiner Hinsicht war dies die Notwendigkeit einer noch kritischeren Sicht auf moderne Typisierungen von Genres und eines noch bewussteren Einrechnens der Flexibilität von Rezeption, wie sie sich in der Wandelbarkeit von adaptierten literarischen Motiven manifestiert, und der unterschiedlichen Perzeption von verschiedenen Rezipientengruppen. In spezieller Hinsicht betraf dies die Dimension der Vielfältigkeit des Nachhalls und Einflusses von Xenophons Kyroupaideia von Antike bis Moderne.

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