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Arteriosklerose und kardiovaskuläre Erkrankungen

(Projektleiter Prof. Dr. R. Kinscherf, Dr. Gabriel A. Bonaterra; Dr. Lilli Mey, Dr. Anja Schwarz)

Arteriosklerose

Arteriosklerose ist eine chronische, inflammatorische Erkrankung der arteriellen Gefäßwand und häufig die Ursache für kardiovaskuläre Ereignisse mit klinischer Symptomatik. Vor allem in den Industrienationen sind immer mehr Menschen davon betroffen. Verschiedene Risikofaktoren, wie z.B. Alter, arterieller Hypertonus, Bewegungsmangel, hohe Blutcholesterin-Spiegel, „ungesunde“ Ernährung begünstigen die Entstehung und Progression arteriosklerotischer Gefäßveränderungen (sog. „Plaques“ bzw. „Läsionen“) und erhöhen damit das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Makrophagen sind bereits in Vorstadien arteriosklerotischer Läsionen in der Gefäßintima nachweisbar und bilden neben Endothel- und glatten Muskelzellen den hier vorherrschenden Zelltyp. Durch ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Zytokine und Wachstumsfaktoren, die u.a. durch Makrophagen exprimiert werden, kommt es zu Veränderungen in den Läsionen, die entscheidend für das Fortschreiten der pathologischen Veränderungen und die daraus letztlich erwachsenden hämodynamisch relevanten Gefäßveränderungen sind. Trotz intensiver Forschung sind bis heute die genauen Mechanismen für die Bildung und das Fortschreiten arteriosklerotischer Läsionen nicht geklärt.

Abb. 1: Arteriosklerotische Plaques/Läsionen in Gefäßen einer ApoE-/- Maus nach 20 Wochen cholesterinreicher Nahrung. AA, Arcus aortae; AT, Aorta thoracica; TB, Truncus brachiocephalicus.

Forschungsprojekt 1

Die Rolle von PACAP (Pituitary adenylate cyclase activating polypeptide) und den PACAP-spezifischen Rezeptoren bei Arteriosklerose

PACAP (pituitary adenylate cyclase-activating polypeptide) ist ein im zentralen und peripheren Nervensystem weit verbreitetes Neuropeptid, das mit unterschiedlicher Affinität über die spezifischen Rezeptorproteine (PAC1, VPAC1 und VPAC2) wirkt und mit zytoprotektiven, proliferationshemmenden und immunregulatorischen Eigenschaften in verschiedenen Zelltypen vorkommt. Wir interessieren uns für die Rolle von PACAP, sowie seiner Rezeptoren bei der Entwicklung und Progression arteriosklerotischer Plaques in vivo und in vitro, die in unterschiedlichen Teilprojekten untersucht wird.

In vitro Experimente:

Teilprojekt 1 (Projektleiterin: Dr. Anja Schwarz): Analyse der Effekte von PACAP38 und seinen spezifischen PACAP-Rezeptoren bei der Arteriosklerose

Modifiziertes LDL, wie zum Beispiel oxidiertes (ox)LDL, reguliert die Expression von Chemokinen, Adhäsionsmolekülen und Zytokinen in verschiedensten Zelltypen (Endothel-, glatte Muskelzellen, Monozyten/Makrophagen). Dies beeinflusst unter anderem die Aktivierung und den Phänotyp von Makrophagen, sodass innerhalb arteriosklerotischer Läsionen unterschiedliche Makrophagen Subtypen existieren, wie M1- (pro-inflammatorisch) und M2- (anti-inflammatorisch) Makrophagen. Kürzlich publizierte Daten unserer Arbeitsgruppe zeigen, dass PACAP38 die oxLDL-induzierte TNF-Sekretion, als auch die Lipidakkumulation in humanen, PMA-differenzierten THP-1 Makrophagen reduziert [Rasbach et al. 2019]. Derzeitige Studien unserer Arbeitsgruppe untersuchen die Ursache der Wirkung von PACAP38 und dessen spezifischen Rezeptoren an verschiedenen Zelllinien nach oxLDL Stimulation.

In vivo Experimente:

Teilprojekt 2 (Projektleiter: Dr. Gabriel A. Bonaterra): Untersuchungen der Rolle von PACAP und seinen Rezeptoren bei der Entwicklung und Progression arteriosklerotischer Plaques in Blutgefäßen unter Verwendung von ApoE-Knockout-Mäusen (~„Arteriosklerose-Mausmodell“).

Teilprojekt 3 (Projektleiterin: Dr. Lilli Mey): Einfluss von PACAP bzw. der PACAP spezifischen-Rezeptoren auf Morphologie und Expression Arteriosklerose-relevanter Marker und Zytokine im Myokard unter Verwendung von ApoE-Knockout-Mäusen.

In diesen Projekten wollen wir klären, ob PACAP und seine Rezeptoren Einfluss auf die Entstehung und das Fortschreiten von Arteriosklerose hat. Tierexperimentell werden Arteriosklerose-induzierende Entzündungsreaktionen und arteriosklerotische Plaque-Entwicklung untersucht. Dabei werden unterschiedliche Nahrungen verwendet, verschiedenste Gewebeproben/Organe entnommen und morphologische/biochemische/molekularbiologische Veränderungen analysiert. Des Weiteren vergleichen wir die Herzleistung unterschiedlicher Maus-Genotypen unter dem Einfluss der entsprechenden Fütterung und des Alters.

Literatur zum Thema:

  • Schlittenhardt D, Schmiedt W, Bonaterra GA, Metz J, Kinscherf R. Colocalization of oxidized low-density lipoprotein, caspase-3, cyclooxygenase-2, and macrophage migration inhibitory factor in arteriosclerotic human carotid arteries. Cell and tissue research. 2005; 322:425-435
  • Riedmüller K, Metz S, Bonaterra GA, Kelber O, Weiser D, Metz J, Kinscherf R. Cholesterol diet and effect of long-term withdrawal on plaque development and composition in the thoracic aorta of New Zealand White rabbits. Atherosclerosis. 2010 Jun;210(2):407-13. doi: 10.1016/j.atherosclerosis. 2010.01.009
  • Rasbach E, Splitthoff P, Bonaterra GA, Schwarz A, Mey L, Schwarzbach H, Eiden LE, Weihe E, Kinscherf R. (2019). PACAP deficiency aggravates atherosclerosis in ApoE deficient mice. Immunobiology 224:124–132. https://doi.org/10.1016/j.imbio.2018.09.008

Forschungsprojekt 2

Rolle des Wachstumdifferenzierungsfaktors-15 („Growth differentiation factor-15; GDF-15“) bei Arteriosklerose

Der Wachstums-Differenzierungsfaktor-15 (GDF-15), gehört zur TGF-β-Superfamilie. GDF-15 spielt häufig eine Rolle bei kardiovaskulären Erkrankungen und Entzündungsprozessen, und ist an der Entwicklung und Progression von arteriosklerotischen Läsionen beteiligt. Neuerdings gibt es zahlreiche Hinweise, dass GDF-15 ebenfalls eine Rolle bei Krebserkrankungen, pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) und Nierenfunktionsstörungen spielt, aber auch mit Muskelschwund (Kachexie) assoziiert ist.

In vitro Experimente:

Teilprojekt 1 (Projektleiterin Dr. Anja Schwarz): Die Rolle von GDF-15 bei Autophagie und Progression arteriosklerotischer Plaques.

Autophagie ist ein evolutionär stark konservierter Mechanismus und ist wichtig in vielen pathologischen und physiologischen Prozessen. Klinische Studien zeigen in arteriosklerotischen Plaques eine Kolokalisation von Makrophagen und Autophagie-relevanten Proteinen [Virgin et al. 2012; Zhou et al. 2016]. Bisherige Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe zeigen, dass GDF-15 zusammen mit oxLDL Autophagie-Prozesse beeinträchtigt und somit die zelluläre Lipidhomöostase beeinflusst [Ackermann et al. 2019a; Ackermann et al. 2019b]. Ziel unserer weiteren Untersuchungen ist es, die Rolle von GDF-15 bei der Autophagie im Zusammenhang mit arteriosklerotischen Prozessen bei Makrophagen zu dechiffrieren.

In vivo Experimente:

Teilprojekt 2 (Projektleiter Dr. Gabriel A. Bonaterra): Einfluss von GDF-15 auf die Entstehung und Progression arteriosklerotischen Läsionen in Gefäßen, sowie auf die Morphologie Herz- und Skelettmuskulatur bei ApoE-Knockout-Mäusen.

Abb. 2: Arteriosklerotische Plaques/Läsionen in Gefäßen einer ApoE-/- Maus nach 20 Wochen cholesterinreicher Nahrung

A) Kleintier Positronen-Emissions-Tomographie (PET). B) 18F-FDG PET (frontal / sagittal) einer ApoE-/- Maus. C) Repräsentative Bilder (in situ) arteriosklerotischer Gefäße einer ApoE-/- Maus; AA, Arcus aortae; AT, Aorta thoracica; TB, Truncus brachiocephalicus.

GDF-15 ist an der Entstehung und Progression arteriosklerotischer Plaques beteiligt. Zudem werden erhöhte Plasma-GDF-15-Spiegel bei Patienten mit kardiovaskulären Ereignissen wie z.B. Herzinsuffizienz, aber auch bei Kachexie gefunden. Deshalb wird bei diesem Teilprojekt untersucht, welchen Einfluss GDF-15 bei der Entstehung und Progression von arteriosklerotischen Läsionen (mit Fokus auf Autophagie-Regulation) hat und welche Effekte GDF-15 auf die Morphologie, Funktion und Regulation des Zelltodes bei der Herzmuskulatur in ApoE knockout Mäusen induziert.

Teilprojekt 3 (Projektleiterin Dr. Lilli Mey): Auswirkungen von GDF-15-Defizienz auf die Morphologie von Leber und Niere bei hypercholesterinämischen ApoE Knockout-Mäusen.

GDF-15 kommt in nahezu allen menschlichen Geweben vor, wurde aber auch als Biomarker für Herz-, Nieren- und Krebserkrankungen vorgeschlagen und soll als Prognosemarker für die Entwicklung oder Besserung von Nieren-, Leber- und KV-Erkrankungen dienen. Bisher ist die Funktion von GDF-15 bei Patienten mit dieser klinischen Symptomatik aber völlig unklar.

In diesem Teilprojekt soll eruiert werden, ob hypercholesterinämischen GDF-15 Knockout-Mäuse morphologische und biochemische Veränderungen aufweisen, die auf eine Funktionseinschränkung von Leber und Niere hindeuten könnten.

Literatur zum Thema:

  • Ackermann K, Bonaterra GA, Kinscherf R, Schwarz A. Data on autophagy markers in human macrophages exposed to oxLDL and growth differentiation factor-15. Data Brief. 2019 Mar 6;23:103728. doi: 10.1016/j.dib.2019.103728.
  • Ackermann K, Bonaterra GA, Kinscherf R, Schwarz A. Growth differentiation factor-15 regulates oxLDL-induced lipid homeostasis and autophagy in human macrophages. Atherosclerosis. 2019 Feb;281:128-136. doi: 10.1016/j.atherosclerosis.2018.12.009.
  • Bonaterra GA, Zügel S, Thogersen J, Walter SA, Haberkorn U, Strelau J, Kinscherf R. Growth differentiation factor-15 deficiency inhibits atherosclerosis progression by regulating interleukin-6-dependent inflammatory response to vascular injury. J Am Heart Assoc. 2012 Dec;1(6):e002550. doi: 10.1161/JAHA.112.002550.
  • Bonaterra GA, Zügel S, Kinscherf R. Novel systemic cardiovascular disease biomarkers. Curr Mol Med. 2010 Mar;10(2):180-205. Review.