26.11.2025 Experimentalsysteme und epistemische Dinge – ein Lektüreseminar

Hans-Jörg Rheinberger war von 1997 bis 2014 Direktor des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Er untersuchte zuvor von 1982 bis 1990 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik die Translation in der Proteinbiosynthese. In diesem Seminar soll seine bahnbrechende Studie „Experimentalsysteme und epistemische Dinge - Eine Geschichte der Proteinbiosynthese im Reagenzglas“ von 1997/2001 gemeinsam gelesen und diskutiert werden. 
In der Studie zeichnet Rheinberger den Weg der „Entdeckung“ der Grundlagen der Proteinbiosynthese in den Laboratorien der entscheidenden Wissenschaftler (z.B. Alfred Hershey und Martha Chase) anhand der Laborunterlagen und anderen Quellen minutiös nach. Aus dieser Betrachtungsweise, die von ihm auch als historische Epistemologie bezeichnet wird, entwickelt er eine Theorie, die sich in der Erklärung, wie wissenschaftlicher Fortschritt möglich ist, deutlich von einem Verifikationismus oder Falsifikationismus in der Folge des Wiener Kreises (Carnap, Popper) abhebt. Für Forscher in der funktionellen Bildgebung ist auch besonders interessant, dass er im gleichen Kontext das gängige Modell des Repräsentationalismus neu deutet. Zu dem Seminar sind alle Wissenschaftler und Studenten aus der Psychiatrie, Philosophie, der Humanbiologie und der Medizin herzlich eingeladen, die an wissenschaftstheoretischen Fragen und einer philosophisch-theoretischen und historischen Analyse des Experiments interessiert sind. Wir wollen uns kapitelweise durch das Buch arbeiten und müssen damit auch nicht unbedingt in diesem Semester fertig werden. Eine Fortsetzung im nächsten Semester ist geplant. Da Rheinberger jeweils einem eher historisch ausgerichteten naturwissenschaftlichen Kapitel des Experimentalprozesses ein analytisch-philosophisches Kapitel folgen lässt, wäre es schön, wenn jeder Seminarteilnehmer nach Neigung jeweils entweder ein naturwissenschaftliches oder ein philosophisches Kapitel vor der gemeinsamen Diskussion kurz vorstellt. Allerdings ist das Seminar für jeden offen. Eine Kapitelvorstellung ist nicht Pflicht. Diskussionsfreude schon.

Die Studie ist bei Wallstein oder Suhrkamp verlegt worden. Ich würde für das Seminar die Ausgabe von Wallstein vorschlagen, die neu für 29 Euro und gebraucht (z.B. bei abebooks) für um die 12 Euro erhältlich ist.

29.01.2026 17.30-20.30
30.01.2026 17.30-20.30
31.01.2026 10.00-13.00

Das Seminar findet in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Rudolf-Bultmann-Str. 8, statt. Für den genauen Raum wird es einen Aushang geben, sie können aber auch an der Pforte fragen.

Ich bitte um Anmeldung unter meiner Emailadresse dirk.leube@staff.uni-marburg.de, damit ich den Platzbedarf abschätzen kann, „last-minute“ Teilnahmen sind aber möglich.

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