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Studie: „Rassismus und seine Wirkungsebenen -Verinnerlichungsprozesse von Anti-Schwarzem Rassismus bei Kindern und Jugendlichen“

Rassismus ist eine Alltagserfahrung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationsgeschichte. Belegte Erfahrungen der repräsentativen IZI -Studie (2021) umfassten Beschimpfungen, Verortung als nicht-deutsch, Abwertung, rassistisch-konnotierte Komplimente, schlechtere Benotung bis hin zu körperlichen Angriffen. Dabei gilt: Je dunkler die Hautfarbe, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit betroffen zu sein. Dies bestätigen auch die überdurchschnittliche hohe Zahl von 70% Rassismuserfahrungen, bei afro-diasporischen Menschen - ermittelt über den Afrozensus (2020). Die Sozialisation und Selbstidentifikation von Schwarzen Kindern findet in Deutschland verwoben in die Macht- und Dominanzkategorie „Rassismus“ und daran gebundene Zugehörigkeitspraxen statt. Sie „lernen“, während sie die Welt erkunden, die negativen Bewertungen ihrer Hautfarbe mit. Internationale Studien belegen, dass schwarze und weiße Kindergartenkinder rassifizierte Botschaften für sich und andere übernehmen ebenso darin enthaltene Prioritäten verinnerlichen (Selbstrassifizierung in der „Racial Identiy“). Was macht es mit schwarzen Kindern im Vorschulalter und als Schülerinnen und Schülern aufgrund von Merkmalen (wie Herkunft, Hautfarbe) und zugeschriebener nicht-deutscher Herkunft in der Identitätsentwicklung rassistisch diskriminiert zu werden? Für den deutschen Kontext ist dies noch eine Lücke in der Rassismusforschung. Generell werden inneren Prozessen in der deutschen Rassismusforschung wenig Beachtung geschenkt. In Fachkreisen der rassismuskritischen Traumapsychologie, psychologischen Opferberatungsstellen und unter Empowerment Trainerinnen und Trainern, wird Rassismus als nachhaltige Gewalterfahrung ernst genommen und entsprechende Gegenerfahrungen auf den Weg gebracht.

Das Forschungsprojekt „Rassismus und seine Wirkungsebenen -Verinnerlichungsprozesse von anti-schwarzem Rassismus bei Kindern und Jugendlichen“ untersucht vor dem Hintergrund des internationalen Forschungsstandes zu rassistischen Verinnerlichungsprozessen wie sich die Erfahrung von Rassismus auf Psyche, Körper und Wohlbefinden von schwarzen Kindern und Jugendlichen auswirken.
Das fachliche Wissen soll über Experten-Interviews (psychologische, therapeutische, psychiatrische Fachleute) mit rassismuskritischer Expertise erhoben mit qualitativen Methoden geclustert und ausgewertet werden. Die Ergebnisse werden zusätzlich mit exemplarisch dargestellten Beratungsfällen des Demokratiezentrums aus den Jahren 2020-2022 ergänzt.

Die Pilotstudie ist ein Vorhaben der Forschungsstelle Rassismus des Demokratiezentrums Hessen, angesiedelt an der Universität Marburg. Das Landesdemokratiezentrum Hessen ist zuständig für die Beratung, Demokratieförderung und Vernetzung im Kontext der Arbeit gegen Rechtsextremismus. Der wissenschaftliche Zweig Rassismus untersucht schulische und außerschulische Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit Fokus auf die Betroffenenperspektive mit der Förderung des hessischen Wissenschaftsministeriums.

Die empirischen Befunde des Pilotprojekts werden aufbereitet und publiziert. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu dienen Grundlagenwissen zu Wirkungen von Rassismus im Kindes- und Jugendalter zu ermitteln, um negative Folgeerscheinungen mit mehr fachlichen Erkenntnissen entgegenzuwirken. Die Ergebnisse sollen in Bezug auf Kindeswohl nach §8 Jugendhilfegesetz geprüft werden. Desweitern wird diskutiert in wieweit der Relevanz des Themas genüge getan wird und gängige Praxen, in Bezug auf rassistischen Zuschreibungen in Bildungseinrichten (unter Kin-dern, über Lehrpersonal, Erzieherinnen und Erzieher) hinterfragt und verändert werden sollten. Empowerment und Strategien gegen Rassismus zu entwickeln, erhielten als Gegenerfahrung und als Ansatz des Selbstschutzes neue Bedeutung.

Kontakt:
Dr. Nkechi Madubuko,