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Studentischer Karzer

Foto: Markus Farnung

Studentische Karzer als Arrestlokale waren seit dem 17. Jahrhunderts fester Bestandteil der universitären Rechtsprechung und geben als alltagshistorisches Relikt der unabhängigen akademischen Gerichtsbarkeit einen besonderen Einblick in das Leben vergangener Generationen Marburger Studenten. Die in Karzern sichtbare Disziplinargewalt hat ihre Wurzeln in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Vergangenheit der Institution Universität als privilegierte Körperschaft mit eigenen Rechten und Freiheiten. Für ihre Mitarbeiter wie Studenten war die Universität neben einer Bildungseinrichtung der zuständige Gerichtsstand. Nach einer Änderung der preußischen Gerichtsverfassung im Jahre 1879 blieb von der weitgehenden richterlichen Gewalt des Rektors lediglich die Disziplinaraufsicht über die Studenten.

Die Räumlichkeiten des heutigen Karzers an der Philipps-Universität Marburg wurden im Jahr 1879 im Dachgeschoss des Südflügels der Alten Universität eingerichtet. Es handelt sich um den einzigen in Hessen erhaltenen Karzer. Vorherige Standorte dieser juristischen Institution in Marburg sind seit dem 17. Jahrhundert nachweisbar. Die Wände des Karzers wurden von den Insassen mit Graffiti verziert. Nach reger Belegung des Karzers bis 1907 und wieder ab 1924 wandelte er sich 1931 endgültig vom Arrestlokal zur Sehenswürdigkeit. Der Karzer kann auch heute noch am Tag des offenen Denkmals besichtigt werden. Für Besucher steht zudem ein Schaukasten neben dem Eingang zur Alten Aula mit Bild und Erklärungen zu Verfügung.