09.07.2020 Zwischenbilanz des Lehrbetriebs im Sommersemester 2020 am Fachbereich Pharmazie

der Philipps-Universität Marburg

Regina Gerlach-Riehl
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Lehrbetrieb Sommersemester 2020

Die Corona-Pandemie stellt den Lehr- und Prüfungsbetrieb im Sommersemester 2020 vor große Herausforderungen, wie dieser im Einklang mit der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) aufrechterhalten werden kann.

Der Fachbereich Pharmazie der Philipps-Universität Marburg hat schnellstmöglich auf die neuen Gegebenheiten reagiert. “Unser Ziel ist es, mit geeigneten Lehr- und Prüfungsformaten den Studienablauf nicht zu verzögern”, erklärt die Studiendekanin des Fachbereichs, Frau Prof. Dr. W. Diederich. Demzufolge wurde bei allen Planungen sehr darauf geachtet, dass die aktuellen Anmeldefristen zu den einzelnen Abschnitten der Pharmazeutischen Prüfung eingehalten werden können.

In diesem Bericht möchte der Fachbereich eine Zwischenbilanz für das Sommersemester 2020 ziehen.

Prüfungsbetrieb inkl. Examensprüfungen

Die Philipps-Universität Marburg war zu keiner Zeit der Pandemie völlig geschlossen; der Präsenz-Betrieb war jedoch in direkter Abhängigkeit vom bundesdeutschen Infektionsgeschehen mehr oder weniger stark eingeschränkt.

Zu Beginn der Pandemie war es von höchster Priorität, dass die bereits angelaufenen mündlichen Prüfungen für den zweiten Abschnitt der pharmazeutischen Prüfung weiterhin durchgeführt werden konnten. In Absprache mit dem Hessischen Landesprüfungsamt für Heilberufe wurde vom Fachbereich Pharmazie ein Konzept erarbeitet, dass die Prüfungsphase unter den geltenden Abstands- und Hygieneregeln durchführbar war. Ziel war es, möglichst vielen Studierenden der Pharmazie den Abschluss des universitären Studiums zu ermöglichen, damit das Praktische Jahr rechtzeitig begonnen werden konnte. Somit konnte allen Studierenden, die zur Prüfung angemeldet waren, auch Prüfungstermine angeboten werden. Die Resonanz war durchweg positiv und nur wenige Prüfungskandidatinnen und -kandidaten haben pandemiebedingt freiwillig auf die Prüfung verzichtet.  

Um weitere Verzögerungen im Studienablauf zu verhindern, wurden für das Sommersemester an der Philipps-Universität Marburg die Zulassungsvoraussetzungen für weiterführende Kurse ausgesetzt. Die Durchführung der Klausurphase des vorherigen Wintersemesters 2019/20 erfolgte dann, unter Beachtung der Vorgaben des Präsidiums, im Mai. So wurde die Anzahl der Plätze gemäß Abstands- und Hygieneregeln in den Hörsälen reduziert und separate Ein- und Ausgänge eingerichtet.

Lehrbetrieb vor Ort und virtuell

Parallel dazu wurde die Lehrformate für die einzelnen Laborpraktika angepasst. Dabei wurde darauf geachtet, dass die theoretische Vorbereitung und die Nachbereitung, wie z. B. die Auswertung von Messdaten und das Erstellen von Protokollen, in das “Home-Office” verlagert wurden. So wurden z. B. so genannte “Vorprotokolle” eingeführt, die im Vorfeld über die Online-Plattform der Philipps-Universität eingereicht werden mussten. Damit konnte die Präsenzzeit in den Praktika auf das unbedingt erforderliche Maß reduziert werden, ohne dass die Lehrinhalte in nennenswerter Wiese gekürzt wurden.

Fernerhin stellt die Philipps-Universität Marburg für jeden Studierenden kostenlos zwei wiederverwendbare Mund- und Nasenbedeckungen (MNBs) zur Verfügung; innerhalb der Labortrakte besteht neben den üblichen Abstands- und Hygieneregeln eine Tragepflicht für diese MNBs.

Die Maßnahmen wurden von den Studierenden überwiegend positiv aufgenommen. Durch die Abstandregeln konnten die Laborflächen nur zu etwa 30% genutzt werden, wodurch jedes Praktikum in Kleingruppen mehrfach angeboten werden musste. Als positiver Nebeneffekt wurde durch die Kleingruppenarbeit die “Betreuungsdichte” durch die Assistentinnen und Assistenten sehr deutlich erhöht, denn der Personaleinsatz seitens der Pharmazie wurde pro Kleingruppe nur geringfügig reduziert. Dieses bedeutet natürlich einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand für die Lehrenden, aber auch ein deutlich intensiveres Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden. So blieb oftmals ausreichend Zeit, sich innerhalb des Praktikums detailliert mit Arbeitstechniken wie genaues Pipettieren, nasschemischen Trennungsgängen oder auch selbst entwickelten Versuchsvarianten zu beschäftigen, wozu sonst nur wenig Zeit blieb. Bei allen pandemiebedingten Ungewissheiten erlebten die Studierenden eine ganz neue Betreuungsqualität.

Manche Praktika konnten komplett nach dem Motto der Philipps-Universität “Physische Distanz, digitale Nähe” am Anfang des Sommersemesters durchgeführt werden. So wurde die Praktika Pharmazeutische Biologie I (Untersuchungen arzneistoffproduzierender Organismen)  und “Pharmazeutische Biologie II (Pflanzliche Drogen)” mit Kursmaterial von zu Hause erledigt. In einer Kombination von praktischen Aufgaben und digitalen Formularen konnten so die Kursinhalte im April und Mai gemäß AAppO auf Distanz vermittelt werden.

Ebenso konnten Dank Lizenzen (http://www.virtual-physiology.com/) für die Heim-PCs Versuche im Virtuellen Labor neben weiteren praktischen Aufgaben im Kursus der Physiologie komplett als Lehre auf Distanz angeboten werden. Für die virtuellen Vorlesungen wurde zunächst kein festes Format vorgeben, wobei sich Online-Vorlesungen mit begleitendem Chat, Podcasts mit Chatroom oder Videoaufzeichnungen einer virtuellen Vorlesung großer Akzeptanz erfreuen. Derzeit ist es aber auch wieder möglich, Seminare in Kleingruppen abzuhalten. 

Die Planung der Lehrveranstaltungen in diesem besonderem Semester konnten in einer Form gestaltet werden dass alle vorgesehenen Lehrveranstaltungen gemäß AAppO durchgeführt werden konnten. Insbesondere für die Fachsemester, die sich direkt vor den Pharmazeutischen Prüfungen befinden, erfolgte die Terminierung rechtzeitig bis zum Ende der Nachreichfrist beim Hessischen Landesprüfungsamt für Heilberufe.

 

Ausblick Wintersemester 2020/21

In den vergangenen beiden Monaten konnten ausreichend Erfahrungen mit den unterschiedlichen digitalen Lehrformaten sowie den alternativen Praktikumsformaten, insbesondere den Kleingruppenpraktika, gesammelt werden. Jedoch zeichnet sich auch ein ganz erheblicher zeitlicher Mehraufwand sowie ein Personalmehrbedarf ab. Beide Probleme sind nicht unerheblich und der Personalmehrbedarf derzeit nur durch viel Enthusiasmus und Überstunden zu kompensieren. Als kritischer Zeitfaktor wurde hauptsächlich das mehrfache Anbieten der Praktika in Kleingruppen identifiziert. Dadurch wird die meiste Zeit des Wintersemesters auch für die Praktika reserviert werden müssen. Innerhalb einer jeden Woche soll zumindest ein Tag für die Diskussion der Vorlesungsinhalte mit den Studierenden freigehalten werden. Es erscheint jedoch unausweichlich, auch die Samstage mit in den Semesterbetrieb mit einzubeziehen, vorzugsweise für Klausuren. Die bevorzugten digitalen Vorlesungsformate werden werden solche sein, die von den Studierenden zu frei wählbaren Zeiten von der universitären Internetplattform abgerufen werden können. Da die Präsenz-Praktika in Kleingruppen bisher sehr gut angenommen wurden, werden diese auch weiterhin beibehalten.

Wir hoffen natürlich alle, dass die Corona-Pandemie in 2021 oder 2022 langsam dem Ende entgegen geht. Trotzdem arbeitet die Marburger Pharmazie an Notfallplänen für alle Eventualitäten, wie z.B. einem CoVid-19-Fall während des Praktikums oder auch wie Staatsexamina auch bei einer Teilschließung der Universität abgehalten werden können. Bisher konnte für alle tatsächlich eingetretenen oder auch möglichen Fälle eine Lösung gefunden werden, so dass alle Lehrenden sehr zuversichtlich sind, auch das anstehende Wintersemester ohne größere Ausfälle an Lehrveranstaltungen bewältigen zu können.

Insbesondere für die Erstsemester ist es natürlich schmerzhaft, dass das so geliebte “Studenten-Feeling” auch bei geöffneten Gaststätten und Cafés nicht so richtig aufkommen will. Immerhin ist ein physisches Zusammenkommen des gesamten Semesters in Marburg möglich, auch wenn die sonst üblichen Studentenpartys eher klein ausfallen werden.

Aber am Wichtigsten ist nach wie vor, dass der Studienablauf im Fach Pharmazie an der Philipps-Universität Marburg nicht verzögert wird. Auf die Dauer muss der derzeitige Personalmehraufwand sicherlich in irgendeiner Weise berücksichtigt werden. Es bleibt zu wünschen, dass diese besondere Situation auch von der Landesregierung angemessen gewürdigt wird.

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