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Podiumsdiskussion "Frauen in Führungsrollen in der Wissenschaft"

Die Podiumsdiskussion „Frauen in Führungsrollen in der Wissenschaft“, organisiert vom Fachbereich Pharmazie der Philipps-Universität Marburg im Juni 2022, hatte vier starke weibliche Vertreterinnen aus den naturwissenschaftlichen Bereichen Klinik, Behörde, Akademie und Industrie zu Gast.

V.l.n.r: Prof. Peter Kolb, Selina Hesse, Prof. Marylyn Addo, Prof. Tanja Schirmeister, Dr. Silke Huster, Prof. Isabell Bekeredjian-Ding, Antonia Leber, Daria Gräbe
Foto: Regina Gerlach-Riehl
V.l.n.r: Prof. Peter Kolb, Selina Hesse, Prof. Marylyn Addo, Prof. Tanja Schirmeister, Dr. Silke Huster, Prof. Isabell Bekeredjian-Ding, Antonia Leber, Daria Gräbe

Frau Prof. Marylyn Addo, Direktorin des Instituts für Infektionsforschung und Leiterin der Sektion Infektiologie im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Frau Prof. Bekeredjian-Ding, Leiterin der Abteilung Mikrobiologie und kommissarische Leiterin des ZEPAI des Paul-Ehrlich-Instituts, Frau Prof. Schirmeister, Professorin und Lehrstuhlinhaberin für Pharmazeutische und Medizinische Chemie am IPBW der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Frau Dr. Huster, Geschäftsführung für den Bereich Commercial Operations der Rottendorf Pharma GmbH, nahmen an der Diskussion teil.

Die Schwerpunkte der verschiedenen Bereiche wurden von der jeweiligen Vertreterin wie folgt kurz dargestellt:
In der Industrie sei die Herangehensweise an Probleme und deren Lösung enorm wichtig. Ausschlaggebende Parameter seien jedoch auch Profitabilität, Marktversorgung und Zeitdruck. In der Akademie gebe es diese zeitlichen Vorgaben oft nicht, es werde mehr Wert auf Forschung und die Lehre gelegt.
Die Akademie sei eigentlich eine Einbahnstraße, biete aber unglaubliche Freiheiten, jedoch auch hohen Druck. Dadurch sei die eigene Passion sehr wichtig. Als Professorin führen jedoch administrative Aufgaben zusätzlich zur Mehrbelastung.
In der Behörde, beziehungsweise einem wissenschaftlichen Institut wie dem PEI, sitze man die meiste Zeit am Schreibtisch, um Projekte zu bearbeiten. Die Arbeit sei aber flexibel, am Puls der Zeit und oft im Team zu erledigen.
In der Klinik gehe es hierarchischer zu als in den anderen Bereichen. Die Balance zwischen Forschung und Patient*innenversorgung liege auf letzterem Bereich. Dennoch sei die Arbeit sehr abwechslungsreich, aber auch sehr intensiv.

Und trotz der fachspezifischen Differenzen bestand bei allen Diskutantinnen ein bedeutender Konsens: Man muss durch offene Türen, die sich einem bieten, gehen und Chancen nutzen. Die Umsetzung dieses Leitspruchs findet man in allen Lebensläufen wieder. Nicht immer muss der erste Wunsch oder auch der erste Plan der Karriere in die Tat umgesetzt werden können. Der Weg bestehe nämlich nicht aus Sackgassen, sondern ein bereits begonnener Weg öffne auch andere Türen - man müsse eben nur den Mut aufbringen, hindurchzugehen.

Ob in der Industrie, einem wissenschaftlichen Institut, der Akademie oder der Klinik: trotz der unterschiedlichen Arbeit und den verschiedenen Voraussetzungen sind der Arbeitsaufwand und die Notwendigkeit des Willens, einen Karriereweg hin zu einer Führungsposition zu beschreiten, immer hoch. Vor allem einer Frau können zusätzliche Steine in den Weg gelegt werden - durch konservative Vorgesetzte, Mehrbelastung aufgrund der Frauenquote in vielen Gremien oder gesellschaftliche Vorurteile.

Foto: Regina Gerlach-Riehl
Diskussionen auf dem Podium

Obwohl sich im Berufsleben und vor allem in der Akademie die Frauenförderung in den letzten Jahren schon deutlich verbessert hat, haben viele vollzeitarbeitende Frauen gerade mit der gesellschaftlichen Außen-Perzeption zu kämpfen. Viele Mütter trauen sich nach der Elternzeit daher auch den Schritt zurück auf den Karriereweg nicht zu.Frau Prof. Addo und auch Frau Prof. Bekeredjian-Ding, welche zum Teil jahrelang im Ausland gelebt und gearbeitet haben, lernten vor allem in den USA und Italien von anderen Frauen, dass es möglich ist, Kinder und Karriere zu vereinen. Dort habe es großartige Möglichkeiten der Kinderbetreuung, bei
jedoch vergleichsweise kurzer Elternzeit, Vertrauen in schwangere Arbeitende und auch „working moms clubs“ gegeben, wohingegen in Deutschland eine Mutter fast automatisiert auch als Hausfrau angesehen würde.

„Es ging nicht um das „Karriere machen“ an sich, sondern darum, glücklich zu sein mit dem was man tut“, sagte Frau Prof. Bekeredjian-Ding und macht damit nochmal deutlich, dass auch nicht jede Frau den Karriereweg zu einer Führungsrolle hin wählen muss, sondern man sich den Weg der größten Zufriedenheit aussuchen sollte.

Da jedoch viele Frauen auch den Karriereweg beschreiten möchten, muss, laut der Diskutantinnen, viel Absprache und Rücksicht innerhalb der Familie und ein gutes Management und offene Aussprache in Partnerschaft und Beruf gegeben sein. Man solle die Hilfen, die geboten werden, in Anspruch nehmen, sich mit anderen Frauen vernetzen, Mentoring-Programmen beitreten und sich einfach trauen, wieder einzusteigen und klar zu kommunizieren, wie Beruf und Familie in jedem Einzelfall vereinbart werden können.

Text: Daria Gräbe. Moderation & Organisation: Antonia Leber, Selina Hesse, Peter Kolb